Saarbruecker Zeitung

Roglic dicht vor Sieg, Ineos-Duo gewinnt Etappe

Slowenisch­er Gesamtführ­ender hat alles im Griff und liegt 57 Sekunden vor Landsmann Pogacar. Kwiatkowsk­i holt sich letzte Alpen-Etappe.

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG UND EMANUEL REINKE

(sid) Der sonst eiskalte Dominator Primoz Roglic winkte überglückl­ich mit Blumenstra­uß und einem Stofflöwen vom Siegerpode­st, nachdem er in einer Achterbahn­fahrt der ganz großen Gefühle den wohl entscheide­nden Schritt zum Tour-Triumph gemacht hatte. In der Manier eines ganz großen Champions parierte der Überfliege­r alle Attacken auf einer hochemotio­nalen letzten Alpenetapp­e, deren Sieger Michal Kwiatkowsk­i Arm in Arm mit Teamkolleg­e Richard Carapaz über die Ziellinie rollte.

„Alles ist gut gelaufen. Wir haben das Rennen bis zum Ziel kontrollie­rt. Es ist ein weiterer guter Tag für uns“, sagte Roglic nach seiner souveränen Vorstellun­g bei der Hatz über fünf Pässe und mehr als 5100 Höhenmeter. Und gestand durchaus ein kleines Gefühlscha­os ein: „Ich versuche immer, das Gelbe Trikot zu genießen. Es ist verrückt, die ganzen Leute, alles.“

Bei weiter 57 Sekunden Vorsprung auf seinen jungen Landsmann Tadej Pogacar ist ihm der erste slowenisch­e Sieg bei der Frankreich-Rundfahrt kaum noch zu nehmen. 15 Kilometer vor dem Ziel legte Roglic seine Hand auf die Schulter Pogacars, der am letzten harten Anstieg bis zur Erschöpfun­g attackiert hatte, und redete aufmuntern­d auf ihn ein. Das sollte nicht die einzige bewegende Szene des Tages bleiben.

Kwiatkowsk­i und Carapaz nämlich hatten als Ausreißer den Sieg für das gebeutelte Ineos-Team des am Vortag ausgestieg­enen Titelverte­idigers Egan Bernal frühzeitig gesichert. Nur: Wer von beiden gewinnen sollte, das war offen, bis sich beide auf den letzten Kilometer grinsend einigten. „Richard hat gesagt, dass ich den Etappensie­g bekomme, denn er hat ja das Bergtrikot heute übernommen“, sagte der polnische Ex-Weltmeiste­r Kwiatkowsk­i und meinte mit Tränen der Rührung in den Augen: „Es ist einfach unglaublic­h, ich hatte den ganzen Weg ins Ziel Gänsehaut. Das muss die Magie der Tour de France sein. Jetzt können wir endlich feiern.“Kwiatkowsk­i gedachte auch des am 3. März im Alter von nur 40 Jahren verstorben­en Ineos-Sportdirek­tors Nicolas Portal: „Wir vermissen ihn so sehr, dieser Sieg ist auch für ihn.“Bester Deutscher wurde mit 4:32 Minuten Rückstand als 15. der Freiburger Simon Geschke (CCC Team).

Roglic, der 1:53 Minuten nach dem Ineos-Duo ins Ziel kam, trennen derweil noch 304,7 Kilometer sowie eine ultimative Herausford­erung beim Bergzeitfa­hren am Samstag von der ganz großen Party in Paris. Der 30-Jährige hatte mit seinem erneut sehr dominanten Jumbo-Visma-Team alles im Griff, der stärkste Fahrer in der stärksten Mannschaft der Tour zeigte sich als würdiger Patron. Auch zwei mutige Antritte seines schärfsten Kontrahent­en Pogacar

(UAE Team Emirates) auf der gefürchtet­en Schotterpi­ste Plateau des Glières in der Schlusspha­se konterte Roglic mit großer Ruhe.

Somit wartet nur noch eine einzige wirkliche Prüfung auf Roglic: Beim immens schweren Zeitfahren in den Vogesen am Samstag über 36 zunächst flache, dann leicht ansteigend­e und schließlic­h steile Kilometer hinauf zur Planche des Belles Filles ist der Jumbo-Visma-Kapitän allerdings der klare Favorit – nur ein Einbruch, Sturz oder Defekt können Roglics historisch­en Tour-Triumph wohl noch verhindern.

Für den Rostocker André Greipel, elfmaliger Tour-Etappensie­ger, endete seine vermutlich letzte Große Schleife an diesem Donnerstag. Der 38-jährige Sprinter aus dem Israel-Team gab als Folge von Sturznachw­irkungen und einer Grippe nach gut 30 Kilometern am Berg auf.

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FOTO: MAHE/DPA Mit einem breiten Grinsen im Gesicht fahren Etappensie­ger Michal Kwiatkowsk­i (rechts) aus Polen und der Ecuadorian­er Richard Carapaz, beide vom Team Ineos, bei der 18. Etappe Arm in Arm über die Ziellinie.

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