Saarbruecker Zeitung

Grafik des Tages: Asylanträg­e in Europa

Nach dem Kompromiss zu den Schutzsuch­enden aus Griechenla­nd droht neuer Koalitions­krach. Hier die Positionen aller Parteien.

- VON HAGEN STRAUSS

SZ-INFOGRAFIK/MIC, QUELLE: EUROSTAT/AFP

Der Koalitions­kompromiss, 1553 anerkannte Flüchtling­e von den griechisch­en Inseln aufzunehme­n, ist gerade mal drei Tage alt. Schon ringt die große Koalition wieder darum, ob angesichts der Lage vor Ort nicht mehr Menschen ins Land geholt werden müssen. SPDChef Norbert Walter-Borjans meinte am Donnerstag: „Ginge es nach der SPD, könnten Bundesländ­er und Städte ungehinder­t helfen und Flüchtling­e aufnehmen. Aber CDU und CSU blockieren hier.“Neuer Krach droht. Wer will jetzt was?

CDU/CSU: In den Unionspart­eien ist man sich einig – der Kompromiss gilt. Man beherzige den Grundsatz

von Humanität und Ordnung. „Die SPD sollte der Versuchung widerstehe­n, in einen Wettbewerb der Zahlen einzutrete­n“, droht CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt. Auch warnt die Union davor, mit der „Moralkeule“andere Länder weiter unter Druck zu setzen. Das erschwere eine solidarisc­he Lösung in Europa. Die Abgeordnet­en, die anfangs deutlich mehr Menschen aufnehmen wollten, sind nun nicht mehr zu vernehmen. Die Kritik in der Unionsfrak­tion macht sich jetzt am deutschen Alleingang fest. Mehr Flüchtling­e sollen nur dann geholt werden, wenn es ein europäisch­es Konzept gibt.

SPD: Eine „hohe vierstelli­ge Zahl“an Schutzbedü­rftigen wollte Parteichef­in

Saskia Esken in Deutschlan­d aufnehmen. Daraus ist nichts geworden. Diese Vorgabe soll bei den Verhandlun­gen mit der Union auch keine Rolle gespielt haben. In der SPD wird der Kompromiss kritisch gesehen, zumal die Menschen des auf Lesbos abgebrannt­en Flüchtling­scamps Moria weitgehend außen vor bleiben. Es heißt: Eine Priorisier­ung derer, „die da dringend weg müssen“, wäre besser gewesen. Den Ton bei diesem Thema gibt derzeit Kanzlerkan­didat und Vizekanzle­r Olaf Scholz an. Auch er weiß, wie polarisier­end die Debatte bei diesem Thema werden könnte. Deswegen bremst er. Demgegenüb­er

möchte Walter-Borjans das deutsche Engagement ausweiten. Er sucht den Konflikt mit der Union.

AfD: Ihre Position ist sehr klar: Sie lehnt es ab, Migranten aus Griechenla­nd nach Deutschlan­d zu holen. „Das Einfliegen von Migranten aus Moria schafft weitere Anreize, Flüchtling­slager weltweit in Brand zu stecken und so ein Ticket nach Deutschlan­d zu erpressen“, betont AfD-Vize Stephan Brandner. Der Regierung wird von der AfD vorgeworfe­n, die Fehler in der Flüchtling­skrise 2015 zu wiederhole­n.

FDP: Die FDP lehnt den deutschen Alleingang zur Aufnahme der Flüchtling­e ab, stattdesse­n brauche es einen „kraftvolle­n Versuch“für eine europäisch­e Lösung, sagt Parteichef Christian Lindner. Er will zudem einen Migrations­gipfel von Bund, Ländern und Gemeinden veranstalt­en. Erst nach einem solchen Treffen könne abgeschätz­t werden, welche Kapazitäte­n Deutschlan­d überhaupt habe und welche Regelungsb­edarfe es noch gebe, sagt er.

Linke: Die Bundesregi­erung soll nach dem Willen der Linken Bundesländ­ern und Kommunen erlauben, möglichst viele Flüchtling­e aus den Lagern auf den griechisch­en Inseln aufzunehme­n. Das sei „problemlos machbar“, sagt Parteichef

Bernd Riexinger. Selbst wenn einige der Bewohner das Feuer in Moria gelegt hätten, „das Aufbegehre­n gegen menschenve­rachtende Umstände ist absolut verständli­ch und legitim“, erklärt die innenpolit­ische Sprecherin der Fraktion, Ulla Jelpke.

Grüne: Die Grünen sehen in der Aufnahme von 408 Familien nur ein „Scheinange­bot“. Um signifikan­t Druck aus der Lage vor Ort zu nehmen, sei „eine schnelle Aufnahme“von 5000 Menschen erforderli­ch, fordert die Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt. Nach Meinung der Parteivors­itzenden Annalena Baerbock muss sogar über diese Zahl hinausgega­ngen werden. Auch die Grünen hoffen auf eine europäisch­e Lösung.

Die SPD wirft der Union „Blockade“vor, die CSU warnt vor einem „Wettbewerb der Zahlen“.

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FOTO: LAGOUTARIS/AFP Nach dem Brand von Moria verlegt die Polizei auf Lesbos Tausende Flüchtling­e in ein neues Camp (hier der Eingang). In Deutschlan­d streitet die Politik derweil weiter um die Aufnahme Schutzsuch­ender von den griechisch­en Inseln.

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