Der US-Präsident blieb seiner „deutschen Heimat“fern
(dpa) Um seinen Ruf als „deutsche Heimat“von Donald Trump hat sich der Winzerort Kallstadt wahrlich nicht gerissen. „Ach, es gibt immer Zeiten, da wird es lästiger, da kommen die Fragen nach Donald Trump dann häufiger“, sagt Bürgermeister Thomas Jaworek (CDU). „Aber es ist nicht so, dass diese Fragen jeden Tag gestellt werden.“Kallstadt in Rheinland-Pfalz ist der Heimatort von Trumps Vorfahren väterlicherseits. Die bevorstehende US-Präsidentenwahl rückt die Kommune mit rund 1200 Einwohnern erneut ins Rampenlicht.
Seit Trumps Wahlsieg vor vier Jahren sieht sich Kallstadt der stets gleichen Frage ausgesetzt: Besucht der
US-Präsident den Ort seiner Vorfahren? Wenige Wochen vor der Wahl scheint klar, dass Trump es nicht mehr bis zur Abstimmung am 3. November schafft. Ist Jaworek enttäuscht? Der Bürgermeister gibt sich gelassen. „Ich habe von Anfang an gesagt: Wenn er kommt, kommt er, wenn er nicht kommt, kommt er nicht. Insofern haben wir uns keine Hoffnungen gemacht und keine Erwartungen geweckt. Deshalb können wir auch nicht enttäuscht sein.“
In Gesprächen in Kallstadt klingt recht deutlich an, dass wohl wenige wirklich begeistert wären von einem Besuch des 74-Jährigen. Der Name des US-Präsidenten – den man hier oft demonstrativ deutsch „Drump“ausspricht – ist im Ort zu einem Reizwort geworden. „Der Medienrummel
rund um die letzte Wahl hat schon vielen gestunken, da wäre bei einem Besuch ja der Teufel los“, sagt ein Mann aus dem Ort. „Und wir schauen ja auch Nachrichten und sehen, welche Politik der Mann macht. Ich kenne niemanden hier, der ihn herzlich willkommen heißen würde“, meint er.
Dabei könnte Donald Trump viel sehen. Kallstadt ist einer jener malerischen Orte an der Deutschen Weinstraße, die Touristen jeder Sorte etwas bieten: das „Pfälzer Nationalgericht“Saumagen für den, der es deftig mag, aber auch leichtes Essen für Radfahrer und Wanderer. Es gibt Gartenlokale, Hotels mit Fachwerk – und es gibt die beiden Häuser an der Freinsheimer Straße, in denen Trumps Vorfahren wohnten.
Trumps Großvater Friedrich wuchs in einem unscheinbaren weißen Haus auf, bevor er 1885 in die USA ging. Aus Kallstadt stammt übrigens auch der Vater des Ketchup-Herstellers Henry John Heinz. In der Salvatorkirche steht ein Kelch, aus dem Trumps Großeltern bei ihrer Konfirmation getrunken haben sollen. Die Trump-Organization, das Unternehmen des US-Präsidenten, unterstützte vor Jahren die Außenrestaurierung des protestantischen Gotteshauses mit 5000 US-Dollar. Die Nachfahren des Ketchup-Unternehmers Heinz waren etwas großzügiger: Sie spendeten 50 000 Euro für die Orgel.
„Wir sind ein gastfreundlicher Ort“, sagt Jaworek. „Ich glaube, dass die Bevölkerung Donald Trumps
Wunsch, das Dorf seiner Großeltern kennenzulernen, letztendlich respektieren würde – als Besuch eines Nachfahren von Auswanderern aus der Pfalz.“Doch was wäre gewesen, wenn Trumps Großvater Friedrich aus den USA zurückgekehrt und Donald Trump in Deutschland aufgewachsen wäre? Mit diesem Gedanken spielt Regisseur, Schauspieler und Autor Alexis Bug in seinem Theaterstück mit dem wenig schmeichelhaften Namen „Kallstadter Saukerl“. Donald heißt darin Toni und ist Friseur.
„Wir haben das Stück letzte Weihnachten in Kallstadt gespielt“, sagt Bug. Die Hälfte der Zuschauer habe mit ernster Miene dagesessen. „Die armen Leute wussten nicht, was es da zu lachen gibt. Sie hatten wohl eine Witzfigur erwartet, eine Trump-Parodie. Meinen Toni fanden sie eigentlich ganz normal.“Am Ende des Stücks provoziere Toni als Büttenredner der Dorffastnacht eine Saalschlacht. „Das ist eine ziemlich genaue Beschreibung von Trumps Präsidentschaft, wie ich finde“, meint der 47-Jährige. „Große Prunksitzung, dann Bürgerkrieg.“
Und wie blickt Kallstadt auf die US-Wahl? „Ich glaube so, wie ganz Deutschland darauf schaut“, sagt Jaworek. „Ob wir wieder mit einer Prognose ins Bett gehen, und morgens sieht es anders aus.“Letztlich entscheide das amerikanische Volk.