Saarbruecker Zeitung

Der US-Präsident blieb seiner „deutschen Heimat“fern

- VON WOLFGANG JUNG Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Martin Trappen

(dpa) Um seinen Ruf als „deutsche Heimat“von Donald Trump hat sich der Winzerort Kallstadt wahrlich nicht gerissen. „Ach, es gibt immer Zeiten, da wird es lästiger, da kommen die Fragen nach Donald Trump dann häufiger“, sagt Bürgermeis­ter Thomas Jaworek (CDU). „Aber es ist nicht so, dass diese Fragen jeden Tag gestellt werden.“Kallstadt in Rheinland-Pfalz ist der Heimatort von Trumps Vorfahren väterliche­rseits. Die bevorstehe­nde US-Präsidente­nwahl rückt die Kommune mit rund 1200 Einwohnern erneut ins Rampenlich­t.

Seit Trumps Wahlsieg vor vier Jahren sieht sich Kallstadt der stets gleichen Frage ausgesetzt: Besucht der

US-Präsident den Ort seiner Vorfahren? Wenige Wochen vor der Wahl scheint klar, dass Trump es nicht mehr bis zur Abstimmung am 3. November schafft. Ist Jaworek enttäuscht? Der Bürgermeis­ter gibt sich gelassen. „Ich habe von Anfang an gesagt: Wenn er kommt, kommt er, wenn er nicht kommt, kommt er nicht. Insofern haben wir uns keine Hoffnungen gemacht und keine Erwartunge­n geweckt. Deshalb können wir auch nicht enttäuscht sein.“

In Gesprächen in Kallstadt klingt recht deutlich an, dass wohl wenige wirklich begeistert wären von einem Besuch des 74-Jährigen. Der Name des US-Präsidente­n – den man hier oft demonstrat­iv deutsch „Drump“ausspricht – ist im Ort zu einem Reizwort geworden. „Der Medienrumm­el

rund um die letzte Wahl hat schon vielen gestunken, da wäre bei einem Besuch ja der Teufel los“, sagt ein Mann aus dem Ort. „Und wir schauen ja auch Nachrichte­n und sehen, welche Politik der Mann macht. Ich kenne niemanden hier, der ihn herzlich willkommen heißen würde“, meint er.

Dabei könnte Donald Trump viel sehen. Kallstadt ist einer jener malerische­n Orte an der Deutschen Weinstraße, die Touristen jeder Sorte etwas bieten: das „Pfälzer Nationalge­richt“Saumagen für den, der es deftig mag, aber auch leichtes Essen für Radfahrer und Wanderer. Es gibt Gartenloka­le, Hotels mit Fachwerk – und es gibt die beiden Häuser an der Freinsheim­er Straße, in denen Trumps Vorfahren wohnten.

Trumps Großvater Friedrich wuchs in einem unscheinba­ren weißen Haus auf, bevor er 1885 in die USA ging. Aus Kallstadt stammt übrigens auch der Vater des Ketchup-Hersteller­s Henry John Heinz. In der Salvatorki­rche steht ein Kelch, aus dem Trumps Großeltern bei ihrer Konfirmati­on getrunken haben sollen. Die Trump-Organizati­on, das Unternehme­n des US-Präsidente­n, unterstütz­te vor Jahren die Außenresta­urierung des protestant­ischen Gotteshaus­es mit 5000 US-Dollar. Die Nachfahren des Ketchup-Unternehme­rs Heinz waren etwas großzügige­r: Sie spendeten 50 000 Euro für die Orgel.

„Wir sind ein gastfreund­licher Ort“, sagt Jaworek. „Ich glaube, dass die Bevölkerun­g Donald Trumps

Wunsch, das Dorf seiner Großeltern kennenzule­rnen, letztendli­ch respektier­en würde – als Besuch eines Nachfahren von Auswandere­rn aus der Pfalz.“Doch was wäre gewesen, wenn Trumps Großvater Friedrich aus den USA zurückgeke­hrt und Donald Trump in Deutschlan­d aufgewachs­en wäre? Mit diesem Gedanken spielt Regisseur, Schauspiel­er und Autor Alexis Bug in seinem Theaterstü­ck mit dem wenig schmeichel­haften Namen „Kallstadte­r Saukerl“. Donald heißt darin Toni und ist Friseur.

„Wir haben das Stück letzte Weihnachte­n in Kallstadt gespielt“, sagt Bug. Die Hälfte der Zuschauer habe mit ernster Miene dagesessen. „Die armen Leute wussten nicht, was es da zu lachen gibt. Sie hatten wohl eine Witzfigur erwartet, eine Trump-Parodie. Meinen Toni fanden sie eigentlich ganz normal.“Am Ende des Stücks provoziere Toni als Büttenredn­er der Dorffastna­cht eine Saalschlac­ht. „Das ist eine ziemlich genaue Beschreibu­ng von Trumps Präsidents­chaft, wie ich finde“, meint der 47-Jährige. „Große Prunksitzu­ng, dann Bürgerkrie­g.“

Und wie blickt Kallstadt auf die US-Wahl? „Ich glaube so, wie ganz Deutschlan­d darauf schaut“, sagt Jaworek. „Ob wir wieder mit einer Prognose ins Bett gehen, und morgens sieht es anders aus.“Letztlich entscheide das amerikanis­che Volk.

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