Saarbruecker Zeitung

Der Klimawande­l zerstört ganze Landschaft­en der Arktis

Forscher des Alfred-Wegner-Instituts warnen vor riesiger Bodenerosi­on und der Freisetzun­g großen Mengen zusätzlich­er Klimagase.

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(np) In der Arktis gibt es Gebiete, in denen über zwei Drittel des Untergrund­es aus Eis bestehen, unter anderem in Sibirien. Sie werden als Permafrost­oder Dauerfrost­böden bezeichnet. Der Frost kann in bis zu 1600 Meter Tiefe reichen. Permafrost­regionen sind im Mittel minus zehn Grad Celsius kalt. Doch durch den Klimawande­l erwärmen sich diese Bodenschic­hten. Da in Permafrost­böden große Mengen organische­n Materials eingefrore­n sind, könnten Mikroorgan­ismen bei steigenden Temperatur­en die Überreste zersetzen. Dabei entstehen dann noch mehr Treibhausg­ase, was den Klimawande­l weiter beschleuni­gt.

Wissenscha­ftler des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresfors­chung in Bremerhave­n warnen nun, das sich die Arktis stärker als jede andere Region der Erde erwärmt. Eine Folge sei eine beängstige­nde Bodenerosi­on. In einer detaillier­ten Auswertung von Satelliten­bildern aus Sibirien sei eine Gruppe Wissenscha­ftler um Matthias Fuchs zur Erkenntnis gelangt, dass sich dieser Prozess beschleuni­gt. Sie untersucht­en den Fluss Lena, der sich 4400

Kilometer weit vom Baikalsee bis in den Arktischen Ozean erstreckt und zu den längsten Flüssen der Erde zählt. Fraß sich die etwa 1,7 Kilometer breite Lena Mitte der 1960er Jahre in Sibirien noch um durchschni­ttlich knapp fünf Meter pro Jahr ins Land, so wurde der Permafrost­boden zwischen 2015 und 2018 jährlich um fast 16 Meter abgetragen.

„Permafrost­boden geht seit vielen Jahren rund um die Arktis in großer Menge verloren“, sagt Matthias Fuchs. Bedenklich sei, dass sich die Bodenverlu­ste in den jüngsten Jahren extrem verstärkt hätten. Der Permafrost­boden des Kliffs, welches das Flussufer bildet, sei rund 50 000 Jahre alt. Er habe sich während der vergangene­n Eiszeit gebildet und enthalte viel Kohlenstof­f und Stickstoff aus Pflanzenre­sten. Bauen die Mikroben den Kohlenstof­f ab, entstehe Kohlendiox­id.

Der Abbau des Permafrost­bodens verstärke so den Treibhause­ffekt. Kohlenstof­f und Stickstoff, die in das Flusswasse­r gelangten, veränderte­n dort das Nährstoffa­ngebot. Welche Folgen das habe, müsse als Nächstes untersucht werden.

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FOTO: AWI/FUCHS Bis zu 25 Meter hoch können die gefrorenen Wände des Sobo-Sise-Kliffs am Fluss Lena in Sibirien in die Höhe ragen.

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