Weniger Saarländer arbeitslos als im Vormonat
Der Energiekonzern Steag will seine Kohlekraftwerke stilllegen. Rund 1000 Arbeitsplätze fallen weg. Doch vorläufig ist der Jobbabbau gar nicht möglich.
Im siebten Monat der Corona-Krise ist die Arbeitslosigkeit im Saarland etwas zurückgegangen. Nach Angaben Arbeitsagentur waren im September 39 900 Menschen im Saarland ohne Job – und damit 1900 weniger als im Vormonat.
Der Kohleausstieg nimmt im Saarland konkrete Formen an. Der Essener Energiekonzern Steag hat dazu am Mittwoch Beschlüsse gefasst. Demnach sollen rund 1000 der weltweit mehr als 6300 Arbeitsplätze gestrichen werden, wie es aus Unternehmenskreisen hieß. Betroffen sind alle Standorte mit Steinkohlekraftwerken – davon im Saarland die in Bexbach, Völklingen-Fenne und Quierschied (Weiher). Jeweils verlieren dort 136 Beschäftigte ihren Job, zusammen also 408. Dazu können noch weitere kommen, weil auch im Zuge des Konzernumbaus Stellen wegfallen sollen. Ob oder wie stark davon das Saarland betroffen ist, ist noch nicht klar. Das Unternehmen wollte die Zahlen auf Anfrage bisher nicht kommentieren. Insgesamt hat Steag im Saarland 880 Mitarbeiter.
Überraschend kommt diese Nachricht nicht. Bereits vor einigen Wochen hatte das Unternehmen mit der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie einen Tarifvertrag geschlossen. Er sieht vor, dass es im Zuge des Kohleausstiegs keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll. Damals war auch schon von voraussichtlich rund 1000 betroffenen Mitarbeitern die Rede.
Die aktuellen Beschlüsse haben allerdings vorerst keine Auswirkungen. Die Kraftwerke Weiher und Bexbach mit 656 Megawatt beziehungsweise 726 Megawatt Leistung sind von der Bundesnetzagentur als systemrelevant eingestuft. Sie stehen also als Netzreserve bereit, wenn aus anderen Quellen, etwa aus Wind oder Sonne, nicht genug Strom da ist. Deshalb wurden Anträge Steags auf Stilllegung abgewiesen. Seit Januar 2019 lieferten die beiden Kraftwerke zusammengerechnet an mehr als 50 Tagen Strom. Manchmal forderten die Betreiber der überregionalen Stromnetze sie nur für wenige Stunden an, manchmal aber auch fast für einen ganzen Tag, um Löcher in der Versorgung zu stopfen. Bisher gibt es anscheinend keine Signale, dass die beiden Kraftwerke aus der Notreserve herausfallen. Im Gegenteil: Im Januar hatte ein Experte der Bundesnetzagentur im Wirtschaftsausschuss des Landtages prognostiziert, dass die Kraftwerke mindestens bis 2026 als Reserve benötigt würden. Damit wird auch die Mannschaft weiterhin gebraucht.
Etwas anders sieht die Lage bei den Kohle-Blöcken in Völklingen-Fenne aus. Sie stehen grundsätzlich zur Stilllegung an. Als Notreserve werden sie wohl kaum eingestuft. Lange stand ein Aus nicht zur Debatte, weil das Heiz- und das Modellkraftwerk für die Fernwärme gebraucht wurden. Steag stellt aber die Erzeugung nach und nach um – weg von der Kohlenutzung. So soll künftig die Abfallverbrennungsanlage Felsen einen Teil der Wärme liefern. Ende Juli hatten Steag und der Entsorgungsverband Saar (EVS) eine Vereinbarung unterzeichnet. 20 Millionen Euro wollen die beiden Partner in die Anlage und eine sechs Kilometer lange Anschlussleitung investieren. Darüber hinaus will die Steag-Tochter Steag New Energies zwei Heizkessel mit zusammen 40 Megawatt Wärmeleistung bauen.
Trotzdem gibt es noch keinen Zeitplan für eine Stilllegung der Kohle-Blöcke und für den Abbau der Arbeitsplätze. Denn der Konzern will sich an Ausschreibungsverfahren beteiligen, um staatliche Entschädigungen für das Abschalten der Blöcke zu erhalten. Bei der ersten Ausschreibung der Bundesnetzagentur waren aber Kraftwerke im Süden Deutschlands nicht zugelassen. Steag will sich mit Fenne in der zweiten Runde bewerben. Dann ist aber noch nicht entschieden, ob das Unternehmen auch die Abschaltprämien erhält.
Immer wieder war auch die Rede davon, die saarländischen Steinkohlekraftwerke Weiher und Bexbach auf Gas umzurüsten. Im vorigen Jahr hatte dies Steag-Chef Joachim Rumstadt vage in Aussicht gestellt, wenn es dafür staatliche Zuschüsse gibt. Das Kohleausstiegsgesetz sieht das zwar vor, die Zeit für eine Umsetzung inklusive aller nötigen Genehmigungsverfahren dürfte aber knapp werden. Denn eine mögliche Förderung greift nur bis 2027.
Insgesamt befindet sich Steag in einem großen Umbauprozess – weg vom Auslaufmodell Steinkohlekraftwerke hin zu erneuerbaren Energien. Dabei spielt die Saarbrücker Tochter Steag New Energies eine große Rolle. Inzwischen arbeiten bei ihr mehr als 900 Menschen im In- und Ausland.