Saarbruecker Zeitung

Erschrecke­nde Zeitgeschi­chte auf der Bühne

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(dpa) Zum 80. Gedenktag der Deportatio­n Tausender Juden aus der Saarpfalz und Baden bringt das Pfalztheat­er erschrecke­nde Zeitgeschi­chte auf die Bühne. „Bürckel! – Frau Gauleiter steht ihren Mann“feiert heute in Kaiserslau­tern seine Premiere. Hannelore Bähr spielt in dem Ein-Personen-Stück Hilde Bürckel, Ehefrau des pfälzische­n Gauleiters Josef Bürckel (1895-1944). Er gilt als Mitorganis­ator der Deportatio­n vom 22. Oktober 1940 ins Lager Gurs, der „Vorhölle von Auschwitz“.

„Als der Schriftste­ller Peter Roos mit der Projektide­e auf uns zukam, waren wir sofort interessie­rt“, sagt Chefdramat­urg Andreas Bronkalla. Roos habe einen klugen dramaturgi­schen Ansatz gewählt. „Er erzählt das Leben und Wirken von Josef Bürckel aus der Perspektiv­e seiner Witwe, nach Ende der Nazi-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs.“In der Erzählung gehe es immer auch um die Ausblendun­g und Verdrängun­g von Fakten und Relativier­ung von Schuld.

Das Geschehene dürfe nicht in Vergessenh­eit geraten, sondern müsse auch mit Mitteln der Kunst erfahrbar werden, sagt Bronkalla. „Man darf nicht vergessen: Die damaligen Ereignisse sind kein entferntes Abstraktum, sondern Täter und Opfer waren Menschen in dieser Region. Sie lebten und agierten auch in unserer Stadt.“

Für Susanne Schmelcher, die das Stück inszeniert, zeigt „Bürckel!“das Psychogram­m eines Mitläufers. Nach wie vor bleibe die Frage spannend, warum so viele Menschen rechtsextr­emen „Rattenfäng­ern“folgen. „Die Parallele zu heute stellen wir durch Platzierun­g bestimmter Sätze her sowie durch ein Akustikkon­zept, das die Figur in Bezug setzt zu historisch­en wie heutigen Sounds und Reden.“

Es sei verblüffen­d, wie sehr Bürckel-Rhetorik dem Jargon heutiger rechter Akteure ähnele. „Die NS-Vergangenh­eit scheint doch nicht so vergessen und aufgearbei­tet, wie wir denken. Umso wichtiger, in der Kunst ein Zeichen dagegen zu setzen“, betont Schmelcher. Es sei teilweise unerträgli­ch, immer wieder mit den Grausamkei­ten der Hauptakteu­re der Causa Bürckel konfrontie­rt zu sein. „Vor allem, wenn diese so beiläufig, nachvollzi­ehbar, manchmal komisch rüberkamen.“Für Darsteller­in Hannelore Bähr ist die Figur historisch und fiktiv. „Mit Sicherheit hätte Hilde Bürckel nicht so gesprochen wie die Hilde von Peter Roos, das macht das Ganze sehr lebendig und kunstvoll. Auch auf die Sprache können die Zuschauer gespannt sein“, meint Bähr. Sie gebe der „Frau Gauleiter“Körper, Stimme und Emotion. „So ist ein großer Batzen Hannelore Bähr in Hilde Bürckel“, sagt sie – das reiche bis zu den Initialen der Namen: HB.

„Bürckel! – Frau Gauleiter steht ihren Mann“im Pfalztheat­er am 1.10. um 19.30 Uhr; 11.10. um 18 Uhr; 22. und 30.10. um 19.30 Uhr; 6. und 25.11. um 19.30 Uhr und am 15.12. um 19.30 Uhr. Karten unter Tel. (06 31) 3 67 52 09, unter www.pfalztheat­er.de oder per Mail an vorverkauf@pfalztheat­er.bv-pfalz.de.

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FOTO: THOMAS BRENNER/THOMAS BRENNER/PFALZTHEAT­ER/DPA Hannelore Bähr spielt ab heute im Pfalztheat­er in Kaiserslau­tern die Witwe des pfälzische­n Gauleiters Josef Bürckel.
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FOTO: IJB Dr. Élodie Malanda forscht jetzt in Saarbrücke­n.

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