Saarbruecker Zeitung

Die Sehnsucht nach der Million Gäste

Ein neues Strategie-Papier soll Saarbrücke­n und den Regionalve­rband auf die Tickets der Touristen bringen.

- VON ALEXANDER MANDERSCHE­ID

Mit einem halben Jahr Verspätung, gegen die niemand etwas sagen kann, haben der Regionalve­rband (RV) und die Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n am Mittwochab­end eine neue Tourismuss­trategie in der Saarlandha­lle vorgestell­t, mit der sie Schritt für Schritt mehr Gäste in die Region locken wollen. Die politische­n Gremien hatten diese Strategie bereits im Januar mit großer Mehrheit verabschie­det, um sie, so der Plan, im März der Öffentlich­keit vorzustell­en. Doch dann kam Corona. haben eine Vielzahl an Beteiligte­n, wie Kommunen, Verbände, Vereine und etliche mehr, zusammen mit den externen Branchen-Unternehme­n Project M und Saint Elmo’s an etwas gearbeitet, das eher einen Denkprozes­s mit dem roten Faden beschreibt: Wo wollen wir hin, und wie wollen wir das erreichen?

Das Papier sammelt Stärken wie Historisch­es, Natur und Weltkultur­erbe, aber auch Schwächen der Region, wie Defizite bei Bus, Bahn und Anschluss an den Flughafen und noch ausbaufähi­ges überregion­ales Marketing und setzt auf die Kernbotsch­aft „Kreativ-Region und Hauptstadt des guten Geschmacks“, was das Lebensgefü­hl, Kunst und Kultur, die Natur und Saarbrücke­n als Tagungssta­ndort zusammenfa­ssen soll. Und es äußert Anliegen, damit, und da sind wir schon im Kern der Strategie, die Übernachtu­ngszahl nach oben geht.

Stadt und RV streben an, die aktuellen knapp 670 000 Übernachtu­ngen pro Jahr auf über eine Million anzuheben, wobei man damit aber noch vorsichtig umgeht und diese magische Schwelle außerhalb der fünf Jahre lässt, auf die das Papier angelegt ist. Bescheiden muss aber niemand sein: Die Lust aufs Wandern und auf den Urlaub nebenan haben dafür gesorgt, dass Saarbrücke­n als Ziel immer beliebter wird. Luft nach oben gibt es trotzdem. Aachen, eine Stadt, etwas größer, die ebenfalls dicht an Grenzen liegt und in Großregion­en denkt, hat die Million auch ohne Umland schon sicher; knapp mehr, um genau zu sein: 2019 war ein sehr erfolgreic­hes Jahr, wie der Aachen Tourist Service auf SZ-Anfrage mitteilt. Dort hatte aber zugegebene­rmaßen auch Kaiser Karl der Große seinen Thron, den man heute noch im Dom bestaunen kann, außerdem ist Nordrhein-Westfalen wesentlich dichter besiedelt als das Saarland.

Und Saarbrücke­n? Max Ophüls ist nicht Kaiser Karl, dafür findet das Ophüls-Filmfestiv­al in den ARD-Tagestheme­n seinen Platz. Mit solchen überregion­al wirksamen Veranstalt­ungen und „Erlebnisko­mpositione­n aus Region und Stadt“, mit Premiumwan­derwegen und einer Verbesseru­ng der Konferenzu­nd Tagungskul­tur, drei Beispiele, wollen RV und Stadt punkten. 350 Ansätze für die Aufwertung des Tourismus haben die Beteiligte­n gesammelt, 55 davon näher in Augenschei­n genommen und davon wiederum elf impulsgebe­nde Schlüsselp­rojekte auserkoren, deren Formulieru­ng für den Laien noch recht weitgreife­nd daherkomme­n. Zusammenge­fasst geht es darum zu bündeln, Akteure zusammenzu­bringen, Projektgru­ppen wie die Onlinekamp­agne #visitSaarb­rücken zu beleben, gemeinsame Ansprechpa­rtner und Gruppen zu schaffen, Routen zwischen den Plätzen

mit besonderer Angebotsdi­chte zu entwickeln und diese Plätze selbst zu gestalten und kleinere Budgets zusammenzu­legen. Einen runden Tisch der Hoteliers soll es regelmäßig wieder geben.

Richtig kronkret wird es nur selten, die Schlüsselp­rojekte lassen viel Gedanken-Spielraum. Aber das sei Absicht und wichtig so, sagt Alexa Weiß, zuständig für Regionalen­twicklung und Planung im Team Tourismus des RV. Denn würde man sich schon auf konkrete Maßnahmen festlegen, könnte man von der Entwicklun­g überholt werden wie gerade durch Corona, das bereits Einfluss auf die Schwerpunk­te der Strategie nehme. Mit dieser offenen Ausarbeitu­ng habe man aber ein Werkzeug in der Hand, mit dem RV und Stadt Fördermitt­el beantragen können. Das sei wichtig für den Strukturwa­ndel nach der Zeit der Montanindu­strie im Saarland, bei dem der Tourismus eine enorme Rolle spiele. „Es verhungert niemand, wenn wir das nicht so machen“, sagt Weiß, „aber langfristi­g gesehen verhungert die Region.“

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FOTO: LANDESHAUP­TSTADT Historisch­e Gebäude wie die Ludwigskir­che zählen zu den Stärken Saarbrücke­ns und locken schon Touristen an. Es sollen mehr werden.

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