Mein Mathelehrer wäre stolz auf mich
Mathelehrer haben doch recht: Man lernt in der Schule fürs Leben. Und wenn es nur um den Nachtisch geht.
Es gibt Lehrer, die haben einen geprägt. Auch über zehn Jahre nach meinem Abitur denke ich noch oft an einiges, was mir manche mit auf den Weg gaben. Erst letzte Woche habe ich bei Spaziergängen vom Deutschlehrer aus meiner Oberstufenzeit erzählt. Während vorwiegend dieser mit meiner Tutorin meine letzten beiden Schuljahre prägte, war es in der Unterstufe mein Mathelehrer. Leicht cholerisch und wunderbar sarkastisch, was leider nicht alle Fünftklässler (und auch einige der dazugehörigen Eltern) verstanden, brachte er uns nicht nur Grundlagen der Mathematik bei, sondern auch wie wichtig es ist, sich mit Worten und ohne Gebrauch der Hände ausdrücken zu können. Gestern Mittag wäre er stolz auf mich gewesen.
Ich war mit Kollegen essen und zwei meiner Kolleginnen und ich konnten uns nicht entscheiden, welchen Nachtisch wir genießen sollten. Also bestellten wir die drei diskutierten Desserts, um sie dann jeweils zu dritteln. Mühevoll und zitternd vor Angst, dass ich zu ungerecht teilen könnte, portionierte ich meine runde Crème Caramel in drei mehr oder weniger gleich große Stücke. Immer am Überlegen, was mein Mathelehrer mir damals beigebracht hat. Für mein grandioses Augenmaß sahen sie total gleich aus. Doch ein Kollege saß nur da und machte sich über das Ergebnis lustig, da das Dessert seiner Meinung nach alles andere als gedrittelt war. Mein Mathelehrer hätte ihm sicher recht gegeben. Doch dann sah der Kollege die Teller der anderen beiden: Einmal portioniert in die Hälfte und jeweils ein Viertel und einmal in drei sehr unterschiedliche Portionen. Mein rundes Dessert war also gar nicht so schlecht geteilt, und das Dritteln eines Kreises funktioniert doch noch irgendwie – mein Mathelehrer wäre stolz auf mich.