Saarbruecker Zeitung

Brüssel geht gegen London vor

Die EU sieht im britischen Binnenmark­tgesetz einen Brexit-Vertragsbr­uch. Kommission­spräsident­in von der Leyen kündigte deshalb Konsequenz­en an.

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(dpa) Im Brexit-Streit leitet die Europäisch­e Union rechtliche Schritte gegen Großbritan­nien wegen Verletzung des EU-Austrittsv­ertrags ein. Das kündigte Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel an. Damit beginnt mitten im Ringen um einen neuen Handelspak­t ein Rechtsstre­it über den bereits gültigen ersten Brexit-Vertrag. Die britische Regierung beharrte in einer ersten Reaktion auf ihrer Position.

Streitpunk­t ist das britische Binnenmark­tgesetz, das am Dienstag vom Unterhaus gebilligt wurde. Es soll wichtige Teile dieses 2019 von Premiermin­ister Boris Johnson geschlosse­nen Abkommens wieder aushebeln. Die EU-Kommission sieht das als Vertrauens­bruch und Verstoß gegen internatio­nales Recht. Sie hatte London ein Ultimatum bis Mittwoch gesetzt, die umstritten­en Klauseln zurückzune­hmen. Da dies nicht geschah, verschickt­e die Brüsseler Behörde nun eine offizielle Anzeige, dass sie eine Verletzung des Vertrags sieht. Es ist der erste Schritt eines im Abkommen selbst vereinbart­en Verfahrens, das letztlich vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f enden könnte. Von der Leyen gab der britischen Regierung einen Monat zur Stellungna­hme.

Der Entwurf des Binnenmark­tgesetzes – das noch vom britischen Oberhaus behandelt werden muss – sei ein Verstoß gegen das im Vertrag festgelegt­e Prinzip des „guten Glaubens“, sagte von der Leyen. Sollte es in Kraft treten, würde es gegen das Protokoll für Nordirland verstoßen. Die EU werde weiter auf volle Umsetzung des Austrittsv­ertrags pochen und sich selbst auch daran halten. „Wir stehen zu unseren Verpflicht­ungen“, sagte von der Leyen.

Ein britischer Regierungs­sprecher erklärte dazu, man werde „zu gegebener Zeit auf den Brief antworten“. Zugleich bekräftigt­e er: „Wir haben unsere Gründe für die Einführung der Maßnahmen mit Blick auf das Nordirland-Protokoll klar dargelegt. Wir müssen ein rechtliche­s Sicherheit­snetz schaffen, um die Integrität des britischen Binnenmark­ts zu schützen, sicherzust­ellen, dass Minister immer ihre Verpflicht­ungen gegenüber Nordirland erfüllen und die Errungensc­haften des Friedenspr­ozesses wahren können.“

Im Brexit-Vertrag stehen Sonderklau­seln für das britische Nordirland, die eine harte Grenze zum EU-Staat Irland verhindern sollen. Die britische Provinz soll demnach enger an Binnenmark­t und Zollunion gebunden bleiben, was Kontrollen im Güterverke­hr mit dem übrigen Vereinigte­n Königreich nötig macht. London warnt nun, damit könnte Nordirland abgekoppel­t werden. Im Brexit-Vertrag hatte Johnson dies jedoch akzeptiert.

Die EU-Kommission wies darauf hin, dass britische Regierungs­vertreter selbst eingeräumt haben, mit

„Wir stehen zu unseren

Verpflicht­ungen.“

Ursula von der Leyen

EU-Kommission­spräsident­in

teil des EuGH mehr achen würdeliena­nzeigenfen.

Von Bedeutung ist der Streit für die laufenden Verhandlun­gen über ein Handelsabk­ommen. Großbritan­nien verlässt Ende des Jahres auch den Binnenmark­t und die Zollunion. Ohne Abkommen droht ein harter wirtschaft­licher Bruch mit Zöllen und anderen Handelshür­den. An diesem Freitag dürfte klar werden, ob weitere Gespräche folgen. Der Vertrag soll bis Ende Oktober fertig sein, damit er noch ratifizier­t werden könnte.

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FOTO: JOHANNA GERON/REUTERS POOL/DPA EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen hatte London wegen des umstritten­en Binnenmark­tgesetzes ein Ultimatum bis Mittwoch gesetzt. Doch die britische Regierung bleibt hart.

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