Saarbruecker Zeitung

Massenhaft Minijobs wegen Corona weg

Minijobber sind oft die ersten, die von einer Krise betroffen sind. Die Linke hat einen Vorschlag, wie diese Arbeitnehm­er besser geschützt werden können.

- VON MICHAEL DONHAUSER UND ANDRÉ STAHL

(dpa) Der Zapfer ist tapfer, heißt es in einem alten Kneipenspr­uch. Und das muss er in Corona-Zeiten auch sein. Gerade im Gastgewerb­e sind im ersten Halbjahr Hunderttau­sende Minijobs weggebroch­en, weil Gaststätte­n, vor allem Schankwirt­schaften ihrem Geschäft zumindest nicht in gewohntem Umfang und einige gar nicht nachgehen konnten. 325 000 Minijobs allein im Gastgewerb­e seien bis Ende Juni weggefalle­n, ein Minus von 36 Prozent verglichen mit dem Vorjahresz­eitraum, wie aus Daten der Minijobzen­trale hervorgeht, die von der Linken-Bundestags­abgeordnet­en Sabine Zimmermann abgefragt und ausgewerte­t wurden.

Die Bundesagen­tur für Arbeit sieht inzwischen wieder Licht am Ende des Tunnels. Im Juli sei die Zahl der Minijobs zu Juni um 54 000 gestiegen – vor allem wohl auch, weil Biergärten, Terrassenc­afés und die Außenberei­che von Schankknei­pen wieder Fuß gefasst hatten. Insgesamt waren in Deutschlan­d im Juli 7,166 Millionen Menschen in einem Minijob tätig. Das waren 254 000 weniger als im Februar und 423 000 weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.

„Im Gastgewerb­e gab es in Folge der Pandemie und der Schließung­en deutliche Rückgänge. Wir sehen aber jetzt, dass es sich insbesonde­re im Gastgewerb­e wieder leicht stabilisie­rt“, sagt Daniel Terzenbach, Vorstandsm­itglied der Bundesagen­tur für Arbeit. „Insbesonde­re das Gastgewerb­e hat damit einen Großteil der Erholung der Minijobs mit ausgelöst“, sagt er. Die Bundesagen­tur errechnete, dass im Juni und Juli sogar deutlich mehr Minijobs wieder neu hinzugekom­men sind, als dies noch im Sommer 2019 der Fall war.

Das Gastgewerb­e war von den Einschränk­ungen im Zuge der Corona-Pandemie vor allem im Frühjahr besonders betroffen. Allein zwischen März und Juni verzeichne­te das Gastrogewe­rbe im Vergleich zu Vorjahr nach Angaben des Branchenve­rbandes Dehoga Umsatzeinb­ußen von 17,6 Milliarden Euro. In den Sommerwoch­en ist mit der Öffnung vieler Gastro-Betriebe zwar wieder etwas Normalität zurückgeke­hrt. Trotz der Lockerunge­n gibt es für die Branche jedoch keine Entwarnung. Mit dem Herbst, kälteren Temperatur­en und steigenden Infektions­zahlen wächst dort die Sorge.

„Die Corona-Pandemie hat drastisch erwiesen, dass Minijobs keine sichere Beschäftig­ungsform sind“, sagte Zimmermann dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. „Sie sind die ersten, die in der Krise wegbrechen.“Die arbeitsmar­ktpolitisc­he Sprecherin der Linken-Fraktion fügte hinzu, durch einen Minijob entstehe weder ein Anspruch auf Kurzarbeit­ergeld noch auf Arbeitslos­engeld:

„Das betrifft jetzt Hunderttau­sende Menschen.“Eine solche Situation dürfe sich nicht wiederhole­n. „Deshalb müssen Minijobs in sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ung umgewandel­t werden“, forderte Zimmermann.

Auch vom Deutschen Gewerkscha­ftsbund kamen warnende Worte. „In der aktuellen Corona-Krise wird besonders deutlich, dass Minijobber auf dem Arbeitsmar­kt in keiner Weise geschützt sind“, sagte Vorstandsm­itglied Anja Piel, die auch als Vize-Vorsitzend­e im Verwaltung­srat der Bundesagen­tur für Arbeit sitzt.

Minijobs, offiziell „geringfügi­g entlohnte Beschäftig­ung“und im Volksmund heute auch als 450-Euro-Jobs bekannt, sind in der heute bekannten Form seit 1999 möglich. Erlaubt ist damit eine stundenwei­se Anstellung von Mitarbeite­rn mit stark verringert­er Verpflicht­ung, Sozialvers­icherungsb­eiträge zu zahlen. Minijobs gelten als ein Mittel gegen Schwarzarb­eit.

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FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA Nach einem starken Absturz im Frühjahr ist in den Sommermona­ten die Zahl der Minijobs in der Gastronomi­e wieder gestiegen.

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