Steag macht Ernst beim Kohleausstieg
Der Essener Energiekonzern bestätigt die Pläne für den Abbau von mehr als 400 Stellen im Saarland.
Was am Mittwoch durchgesickert war, ist nun offiziell: Der Essener Energiekonzern Steag will im Zuge des Kohleausstiegs rund 1000 seiner 3500 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. Davon sind im Saarland mehr als 400 Mitarbeiter betroffen (wir berichteten). Das sind über 40 Prozent der 880 Beschäftigten hierzulande. „Wir streben einen möglichst fairen und sozialverträglichen Arbeitsplatzabbau an“, sagte Arbeitsdirektor Andreas Reichel laut einer Mitteilung. Das sieht auch eine Vereinbarung vor, die das Unternehmen im August angesichts des absehbaren Stellenabbaus mit der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie getroffen hatte.
Hintergrund der Pläne ist der von der Politik beschlossene Kohleausstieg. Steag bereitet die schrittweise Schließung zunächst von fünf seiner sechs Steinkohlekraftwerke in Deutschland vor. Davon betroffen sind im Saarland die Kraftwerke Bexbach und Weiher (Quierscheid) sowie die Kohle-Blöcke in Völklingen-Fenne. Wann Steag den Abschied von der Kohle umsetzen kann, ist aber noch offen. Die beiden Kraftwerke Bexbach und Weiher sind als Notreserve eingestuft. Bei Stromengpässen gehen sie ans Netz. Solange die Bundesnetzagentur daran nichts ändert, wird die Belegschaft noch gebraucht. Auch für Fenne ist das Aus noch nicht absehbar. Bis 2027 können sich Kraftwerksbetreiber in mehreren Runden um staatliche Zuschüsse für die Stilllegung bewerben. In der ersten Runde durften Anlagen im Saarland wie in ganz Süddeutschland nicht an dem Verfahren teilnehmen.
Der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist für Steag Teil einer umfassenden Neuausrichtung. Seit Jahren baut das Unternehmen die Erzeugung erneuerbarer Energien aus und verstärkt das Geschäft mit Energieprojekten für Kunden zum Beispiel aus der Industrie. Diese Geschäftsfelder jenseits der Kohle-Großkraftwerke rücken nun ins Zentrum der Aktivitäten. Steag soll „eine wichtige Rolle auf den Energiemärkten der Zukunft spielen“, gibt Konzernchef Joachim Rumstadt als Ziel aus. Bis 2022 soll dafür die neue Struktur des Unternehmens stehen.
Ein Beispiel für die laufende Energiewende bei Steag ist der Kauf des Würzburger Unternehmens Sens im vergangenen Jahr. Ein Schwerpunkt bei Sens ist der Bau und die Wartung großer Solarparks. Ebenfalls exemplarisch ist das Unternehmen Krantz, das seit 2018 zur Steag gehört. Krantz befasst sich unter anderem mit Lüftung und Luftreinigung.
Ein Klassiker im Konzern-Portfolio ist die Steag New Energies mit Sitz in Saarbrücken. Mehr als 900 Menschen arbeiten für das Unternehmen im In- und Ausland. Steag New Energies ist nach eigenen Angaben unter anderem einer der größten Betreiber von Biomasse-Heizkraftwerken in Deutschland sowie einer der großen Fernwärmeversorger und Betreiber von Blockheizkraftwerken. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen rund 240 Millionen Euro Umsatz und stand damit für mehr als ein Zehntel des Konzernumsatzes von 2,1 Milliarden Euro.
Ein Zukunftsprojekt ist die Erzeugung von Wasserstoff in industriellen Maßstab auf dem Gelände des Kraftwerks Fenne. Mitte 2019 war der Bau einer solchen Anlage vom Bund als förderfähig eingestuft worden. Bislang gibt es aber noch keine Zusagen von Zuschüssen für das 50 Millionen Euro teure Vorhaben. Das Projekt ist ein Baustein in den Plänen der Landesregierung für den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft – und dabei sollen dann auch Arbeitsplätze entstehen.