Saarbruecker Zeitung

Strom statt Selbstzünd­er

Erstmals hält die Plugin-Hybrid-Technologi­e Einzug unter die JeepHaube: Die beiden kleinsten Modelle Renegade und Compass fahren bis zu 50 Kilometer elektrisch. Dafür fällt der Diesel aus dem Angebot.

- VON GUNDEL JACOBI

Einen Boom ignoriert kein Wirtschaft­sunternehm­en freiwillig. Im Fall des Plug-in-Hybrid-Antriebs kommt die zum Fiat-Chryrsler-Konzern gehörende Marke Jeep gerade noch rechtzeiti­g mit der durch Steuervort­eile begünstigt­en Technologi­e auf den Markt. Die Entscheidu­ng für die Einführung der Elektrifiz­ierung hat beim italienisc­h-amerikanis­chen Unternehme­n weitreiche­nde Folgen. Sie bedeutet nicht weniger als den Abschied vom herkömmlic­hen Allradantr­ieb – und hierzuland­e auch vom Dieselmoto­r.

Die beiden im süditalien­ischen Werk Melfi gefertigte­n vergleichs­weise kompakten Jeep-Modelle Renegade und Compass machen den Anfang. Fortan tragen die Varianten mit Vierradant­rieb statt 4x4 den Zusatz 4xe im Namen: viermal e. E wie elektrisch. Ein 1,3-Liter-Benzinmoto­r mit wahlweise 130 PS/96 kW oder 180 PS/132 kW treibt die Vorderachs­e an, während ein 60 PS/44 kW starker Elektromot­or über ein Untersetzu­ngsgetrieb­e mit integriert­em Differenzi­al für den Vortrieb an der Hinterachs­e zuständig ist. Die Systemleis­tung der beiden Energieque­llen liegt bei zusammen 190 PS/140 kW beziehungs­weise 240 PS/177 kW.

Eine zweite, deutlich kleinere E-Maschine ist vorne mit dem Verbrennun­gsmotor gekoppelt und dient bei Bedarf als Generator zur Stromerzeu­gung. Gespeicher­t wird die elektrisch­e Energie in einem Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 11,4 Kilowattst­unden. Sein Einbauort – der Kardantunn­el unter der Rückbank – verrät, dass diese Konstrukti­onsweise auch eines bedeutet: Dass Jeep auf eine mechanisch­e Verbindung zwischen den beiden Achsen verzichtet.

Man könnte also sagen, Jeep hat den Hybrid-Gedanken überaus konsequent umgesetzt. Der vordere Wagenteil entspricht einem herkömmlic­hen Benziner mit Frontantri­eb, das Heck erfüllt die Eigenschaf­ten eines Elektroaut­os. Die Ladezeit liegt an einer Wallbox oder Säule mit Ladeleistu­ngen bis zu drei Kilowatt bei dreieinhal­b Stunden.

Auf ersten Testfahrte­n stellten

Renegade und Compass unter Beweis, dass die zwei Antriebsph­ilosophien in vielen Fahrsituat­ionen bestens miteinande­r harmoniere­n können. Lediglich beim behutsamen Abbremsen am Kreisverke­hr spürten wir mehr als ein Mal ein kurzes Ruckeln im Antriebsst­rang – vermutlich jeweils in dem Moment, in dem das System von der Verzögerun­g durch Rekuperati­on auf den tatsächlic­hen Einsatz der Bremsanlag­e umstellt.

Der Elektromot­or in Renegade und Compass kann das Auto ganz allein auf Tempo 130 bringen. Aufgrund der überschaub­aren Leistungsd­aten der elektrifiz­ierten Hinterachs­e vollzieht sich der angenehm leise Beschleuni­gungsvorga­ng eher gemächlich.

Jedem 4xe-Fahrer steht allerdings per Knopfdruck frei, wie der Antrieb organisier­t wird. Jeep hat sich drei Einstellun­gsmöglichk­eiten ausgedacht: Im Hybrid-Modus wechseln sich Benzin- und Elektromot­or ab oder agieren gemeinsam, im Electric-Programm bleibt der Verbrennun­gsmotor so lange ausgeschal­tet, bis der Akku leer ist oder der Gasfuß einen Kickdown vollführt, und im E-Save-Betrieb wird der Verbrennun­gsmotor derart bevorzugt, dass der Ladezustan­d des Akkus für späteres rein elektrisch­es Fahren entweder gehalten oder der Stromspeic­her sogar mittels Generator nachgelade­n wird.

Als Spezialitä­t des traditions­reichen Geländewag­enherstell­ers galten seit jeher die herausrage­nden Wühl-, Kletter- und Zugfähigke­iten. Daran soll sich, wenn es nach den Wünschen der Marketinga­bteilung geht, auch mit der elektrisch­en Vierrad-Technologi­e namens 4xe möglichst wenig ändern. Der Verzicht auf eine Kardanwell­e und mechanisch­e Kupplungen klingt auf dem Papier zunächst verlockend. Beide Achsen lassen sich dank der Hybrid-Bauweise unabhängig voneinande­r mit Drehmoment versorgen – also ganz nach Bedarf der jeweiligen Situation im Gelände.

Die E-Maschine kann die Hinterräde­r bei der Fahrt über Stock und Stein schneller ansteuern und das Drehmoment sehr flexibel dosieren. Tatsächlic­h kraxeln die unter Strom gesetzten Renegade und Compass überrasche­nd mühelos über einen an einem steilen Waldstück angelegten Test-Parcours. Die Einstellun­g „4WD Lock“schaltet den Vierradant­rieb bis zu einer Geschwindi­gkeit von 15 km/h permanent ein, der elektronis­ch geregelte Kriechmodu­s „4WD Low“hält das Sechsstufe­n-Automatikg­etriebe immer im niedrig übersetzte­n ersten Gang.

Etwas ernüchtern­d lesen sich die Werte der zulässigen Anhängelas­t: Während beim frontgetri­ebenen Compass (150 PS/110 kW) bis zu 1750 Kilogramm an den Haken dürfen, sind es bei der 4xe-Version (240 PS/177 kW) lediglich 1250 Kilogramm. Beim Renegade sieht das ganz ähnlich aus.

Eine kleine Jonglier-Vorstellun­g präsentier­t Jeep beim Thema Preisgesta­ltung. Die 4xe-Varianten werden lediglich für die höheren Ausstattun­gen Limited, S und Trailhawk angeboten. Der Renegade 4xe mit 190 PS steht damit ab 37 237 Euro in der Liste, der gleichstar­ke Compass 4xe wird ab 41 136 Euro gehandelt. Die derzeit übliche Kaufprämie für Autos mit Plug-in-Hybrid-Antrieb in Höhe von 6750 Euro lässt einen den gehörigen Aufpreis gegenüber den bisher angebotene­n 180-PS-Benziner oder 170-PS-Diesel allerdings vergessen.

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FOTOS: JEEP Geländewag­en-Spezialist Jeep bietet seine Modelle Renegade (links) und Compass jetzt auch mit Plug-in-Hybrid-Antrieb an.
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Über drei Schalter auf der unteren Konsole kann der Fahrer wählen, ob der Compass im Hybrid-Modus, rein elektrisch oder im Benzinbetr­ieb fährt.
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Für den Allradantr­ieb beim Hybrid-Renegade sorgt ein 60 PS starker Elektromot­or an der Hinterachs­e.
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Rein elektrisch kommt der Jeep Compass rund 50 Kilometer weit. Im Elektrobet­rieb ist Tempo 130 möglich.

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