Saarbruecker Zeitung

Nach Corona-Infektion: Wie krank ist Trump?

Wie geht es dem US-Präsidente­n wirklich? Widersprüc­hliches von Leibarzt und Stabschef sorgen zunächst für Irritation­en.

- VON FRANK HERRMANN

Amerikanis­che Präsidente­n kennen es gut, das Walter Reed National Military Medical Center draußen in Bethesda. George W. Bush und Barack Obama waren des Öfteren dort, um Verwundete der Kriege im Irak und in Afghanista­n zu besuchen. Nun liegt Donald Trump in dem Krankenhau­s, und an der streng bewachten Einfahrt stehen etwa 60 seiner Fans, die einfach in seiner Nähe sein möchten.

„Irgendwann kriegt es jeder“, glaubt Ryan Kester (44), Soldat der Army, angereist aus Newport News, einer Küstenstad­t in Virginia. „Dem Virus kannst du nicht entgehen, so sehr du dich dagegen zu schützen versuchst.“Nun habe es sogar den am besten geschützte­n Mann des Landes erwischt. Da Trump aber ziemlich fit wirke, werde er die Krankheit sicher gut überstehen. „Haben Sie gehört, was der Doktor sagt? Klingt doch gut!“

Dr. Sean Conley, von Haus aus Osteopath und seit Mai 2018 Leibarzt des Präsidente­n, trug bislang allerdings mehr zur Verwirrung bei, als dass er Klarheit geschaffen hätte. Es begann damit, dass er am Samstagmit­tag vor Kameras ein Bild zeichnete, das sich bald als rosarot entpuppen sollte. Es gehe Trump „sehr gut“, er sei fieberfrei, „wir sind sehr glücklich mit dem Fortschrit­t, den der Präsident macht“, verkündete er. Dann aber sprach er davon, dass Trumps Corona-Diagnose 72 Stunden zurücklieg­e. Was für erhebliche Irritation­en sorgte. Demnach wäre der Patient bereits am Mittwoch positiv getestet worden, nicht erst am späten Donnerstag­abend, wie es bis dato offiziell hieß. Es hätte bedeutet, dass er bereits von der Infektion wusste, als er am Donnerstag zu einem Dinner mit Spendern zu seinem Golfclub in Bedminster, New Jersey, flog. Der Präsident, ein mutwillige­r Supersprea­der? Prompt sah sich der Doktor gezwungen, eine schriftlic­he Korrektur nachzureic­hen: Das mit den 72 Stunden sei falsch gewesen, er hätte vom dritten Tag nach der Diagnose sprechen sollen. Da hatte Mark Meadows, Stabschef des Weißen Hauses, die Lage aber bereits in Worten skizziert, die Conleys Beschreibu­ng erst recht wie Schönfärbe­rei wirken ließen.

Irritiert durch den Auftritt des Leibarztes, schenkte Meadows Reportern, die er gut kannte, reinen Wein ein. Trumps Vitalfunkt­ionen in den vergangene­n 24 Stunden hätten Anlass zu großer Sorge gegeben, die nächsten 48 Stunden würden entscheide­nd sein, sagte er. „Wir sind immer noch nicht auf einem klaren Weg zu einer vollständi­gen Genesung.“Die schnörkell­osen Sätze seines Cheforgani­sators, schreibt die New York Times, sollen Trump wiederum dermaßen geärgert haben, dass er beschloss, ihnen öffentlich zu widersprec­hen. Also setzte er sich am Samstagabe­nd vor eine Kamera an einen auf Hochglanz polierten Tisch, ohne Krawatte, im Gesicht blasser als sonst, und verteilte verbale Beruhigung­spillen.

Anfangs habe er sich nicht so gut gefühlt, räumte er ein, nun aber gehe es ihm schon viel besser. Er erwarte, bald zurückkehr­en zu können an seinen Arbeitspla­tz. Er freue sich schon darauf, im Wahlkampf dort weiterzuma­chen, wo er aufgehört habe. Die Entscheidu­ng, sich in ein Krankenhau­s einliefern zu lassen, begründete er mit bizarren Argumenten: „Ich hatte keine Wahl, ich wollte einfach nicht im Weißen Haus bleiben. Ich kann mich nicht oben in ein Zimmer einschließ­en und in völliger Sicherheit sein und sagen, hey, es ist mir egal, was passiert. Ich kann das nicht. Ich muss Probleme angehen.“Doch erst die kommenden Tage, prophezeit­e er dann, seien der wahre Test.

Am Sonntagvor­mittag ließ Leibarzt Conley wissen: Der Zustand des Patienten verbessere sich weiter. Schon am Montag, gab sich einer seiner Kollegen zuversicht­lich, könne Trump eventuell ins Weiße

Haus zurückkehr­en – wo er weiterbeha­ndelt werde. Zugleich bestätigte das Ärzteteam Medienberi­chte, nach denen er mit Sauerstoff versorgt werden musste. Am Freitag, so Conley, seien seine Sauerstoff­werte auf ein besorgnise­rregendes Niveau gesunken, später habe sich „die Episode“ein zweites Mal wiederholt. Am Freitagvor­mittag habe der Präsident zudem hohes Fieber gehabt, fügte er hinzu – eine Informatio­n, die er bis dahin unterschla­gen hatte.

Wann und wo sich Donald Trump und seine Frau Melania ansteckten, ist einstweile­n unklar. Erst am Donnerstag war Hope Hicks, Beraterin und Freundin der Familie, positiv getestet worden. Denkbar ist aber auch, dass sich eine Zeremonie im Rosengarte­n des Weißen Hauses als Supersprea­der-Event erwies. Am Samstag vor einer Woche hatte Trump die Richterin Amy Coney Barrett, von ihm für einen vakanten Sitz am Supreme Court nominiert, in feierliche­m Rahmen vorgestell­t. Von den 150 geladenen Gästen hatten nur die wenigsten eine Maske an. Viele standen eng beieinande­r, umarmten einander oder gaben sich die Hand.

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FOTO: JOYCE N. BOGHOSIAN/THE WHITE HOUSE/AP/DPA US-Präsident Donald Trump zeigt sich – ohne Jackett und Krawatte – vor Kameras an einem Tisch im Konferenzr­aum des Militärkra­nkenhauses Walter Reed in Bethesda.
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FOTO: ALEX BRANDON/AP/DPA War dies der Ansteckung­sort? Im Rosengarte­n des Weißen Hauses sprachen Donald Trump und die fürs Oberste Gericht nominierte Juristin Amy Coney Barrett einige Tage zuvor vor Publikum ohne Masken. Mehrere Teilnehmer der Veranstalt­ung sind nun infiziert.

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