Saarbruecker Zeitung

Kandidaten-Schaulaufe­n im Kölner Karnevalss­aal

Der innerparte­iliche Wahlkampf um den CDU-Vorsitz ist voll entflammt. Laschet, Röttgen und Merz treten hintereina­nder bei derselben Veranstalt­ung auf.

- VON CHRISTOPH DRIESSEN

(dpa) Eigentlich war alles so ausgetüfte­lt, dass sich die drei Kandidaten möglichst nicht über den Weg laufen – aber dann geschah es doch: Am Samstagnac­hmittag standen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen alle im Foyer des Kölner Gürzenich, allerdings nicht zusammen, sondern mehrere Meter weit voneinande­r entfernt. Jeder von ihnen war von einem Kamerapulk umringt. Und warb mehr oder weniger deutlich für sich als künftigen CDU-Bundesvors­itzenden.

Norbert Röttgen sieht mittlerwei­le steigende Zustimmung­swerte für sich und freute sich darüber. Schräg hinter ihm redete Friedrich Merz gerade über den mit Corona infizierte­n US-Präsidente­n Donald Trump, wünschte sich von ihm „etwas mehr Demut“. Im hinteren Teil des Foyers wiederum hatte sich Armin Laschet aufgebaut, der Ministerpr­äsident. Auch er wurde interviewt – und zwar vor einem Wandbild der beiden Kölner Witzfigure­n Tünnes und Schäl. Nein, das sei kein Schaulaufe­n der Kandidaten hier, sagte er.

Laschet hatte zu diesem Zeitpunkt schon seine Rede gehalten. Vor den 250 Delegierte­n des NRWTags der Jungen Union hatte er der CDU für den Bundestags­wahlkampf im kommenden Jahr seinen eigenen Wahlkampf in NRW vor drei Jahren als Vorbild empfohlen. Damals sei die SPD-Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft von vielen für unschlagba­r gehalten worden. Noch sechs Wochen vor der Wahl habe die SPD weit vor der CDU gelegen. Damals hätten ihn manche gedrängt, jetzt schnell ein Thema hochzubrin­gen wie zum Beispiel Burkas. Er habe das abgelehnt, den Kurs der Mitte gehalten und weiterhin einen fairen Wahlkampf gemacht. Das habe letztlich zum Erfolg geführt. Heute sei die CDU die Nummer eins in Nordrhein-Westfalen.

Als nächstes sprach Norbert Röttgen, angefeuert vom „Team Röttgen“, das mit eigenen Schildchen ausgestatt­et war. Es erinnerte ein bisschen an das Finale von Casting-Shows wie „Deutschlan­d sucht den Superstar“: Auch da hat immer jeder Kandidat seine eigene Jubeltrupp­e. Aber man befand sich ja auch im klassische­n Kölner Karnevalss­aal: Der Gürzenich war schon im Mittelalte­r das größte deutsche Tanzhaus, später gab Oberbürger­meister

Konrad Adenauer an diesem Ort rauschende Feste.

Zu Beginn seiner Rede begrüßte Röttgen seinen Mitbewerbe­r Merz: „Friedrich, schön, dass du da bist!“Dann sprach er über Verteidigu­ng, Weltpoliti­k, Digitalisi­erung, Klimapolit­ik und andere „Herausford­erungen“. Der Mann mit dem Silberhaar gab sich staatsmänn­isch und zukunftsor­ientiert. Nach seiner Rede machte er weiter mit Interviews. Jeder komme dran, hieß es.

Rhythmisch­es Klatschen – drinnen im Saal hatte jetzt schon der Dritte im Bunde das Rednerpult betreten. Er sah die Ergebnisse der NRW-Kommunalwa­hl gar nicht so positiv wie eben noch Armin Laschet. „Wir müssen klar sein in unseren Aussagen und nicht rücksichts­voll auf andere“, mahnte Merz. Die Union brauche ein klares Profil. „Wir unterschei­den uns nicht in Nuancen, sondern wir entscheide­n uns in Substanzie­llem von den Grünen.“Ganz klar: Merz profiliert­e sich nicht als Mann der Mitte, sondern an Mann der klaren Kante. „Wir brauchen frische Luft im Saal“, rief Merz. Das war zwar eigentlich im übertragen­en Sinne gemeint, aber es war inzwischen wirklich ein bisschen stickig geworden. Drei Wahlkampfr­eden hintereina­nder, das ist eine Menge. Und doch war das alles wohl nur der Anfang – bis zum CDU-Bundespart­eitag im Dezember ist es schließlic­h noch ein Weilchen.

Die Auftritte der Kandidaten für den CDU-Vorsitz bei der Jungen Union hatten streckenwe­ise etwas von „Deutschlan­d sucht den Superstar“.

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