Die wohl älteste Schreinerei des Saarlandes
Seit den 1980er Jahren führt Christian Kaspar die Schreinerei in Ottweiler. Gegründet wurde sie von Urgroßvater Heinrich – mehr als 100 Jahre zuvor.
Der wohltuend warme Duft von Holz und Leim geht jedem sofort in die Nase, der die Schreinerei Kaspar in Ottweiler betritt. Es ist vielleicht dieser besondere Geruch, der das Arbeiten mit dem Naturrohstoff Holz so sympathisch macht und immer wieder junge Leute dazu inspiriert, den Beruf des Schreiners zu erlernen, um der eigenen Kreativität freien Lauf lassen zu können. „Solche Quereinsteiger gab es in unserem Beruf zu allen Zeiten, viele waren auch recht erfolgreich“, erzählt Christian Kaspar.
Er ist kein Quereinsteiger. Der 61-jährige Tischlermeister leitet die Familien-Schreinerei in der vierten Generation. 1875 wurde sie von seinem Urgroßvater Heinrich Kaspar in Neunkirchen gegründet. Mit ihren 145 Jahren dürfte sie damit die älteste Schreinerei im Saarland sein. Ein Bild aus frühen Tagen zeigt den Firmengründer im Ledersessel sitzend – mit schlohweißem vollem Haar und einem nachdenklichen Blick, die von Arbeit geprägten Hände in den Schoß gelegt.
Eine Galerie von schwarz-weiß Bildern schiebt den Vorhang der Vergangenheit ein wenig beiseite. Auf den leicht vergilbten Fotos ist vor allem das Möbelhaus Christian Kaspar zu sehen, das die Familie neben der Schreinerei betrieb – benannt nach dem Großvater des heutigen Firmeninhabers. Es war seinerzeit die erste Adresse, wenn die Menschen in Neunkirchen und Umgebung Möbel für einen neuen Hausstand suchten oder die gute Stube mit einem wandfüllenden und reich verzierten Eichenschrank ausstatten wollten. Das Geschäft lief offenbar gut. Ein Foto zeigt Großvater Christian und Familie in einem Citroën-Cabrio aus den 1920er Jahren, als das eigene Auto noch die große Ausnahme war. Das Arbeiten mit Holz lag offenbar in der Familie. Die Brüder von Christian Kaspar Senior, Heinrich und Jakob, machten sich in der Hüttenstadt ebenfalls mit eigenen Schreinereien selbstständig. Diese beiden Betriebe gibt es jedoch nicht mehr.
Christian Kaspar Junior, der heutige Firmenchef, kann sich nur noch vage an das Neunkircher Möbelhaus der Familie erinnern. Mit der Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik in den 1950er Jahren fielen auch die Zollschranken nach Deutschland und am 6. Juli 1959, dem Tag X, löste die D-Mark den französischen Franken als Währung ab. „Damit kamen auch die großen Möbelketten“, erzählt er. „Gegen deren offensive Preisstrategie hatten wir als kleines Möbelhaus keine Chance.“
Dennoch – die Schreinerei führten Großvater Christan und danach Vater Heinrich in der Hüttenstadt weiter. 1975 stieß er als Lehrling dazu, lernte den Schreinerberuf von der Pike auf – „und das mit großer Freude“. Die Familientradition war ihm keine Last, sondern eine Lust. „Schon als Kind war ich gern in der Werkstatt“, sagt er. „Ich fand immer Holzteile, die ich zum Basteln oder Spielen gut gebrauchen konnte.“
1983, nach Lehre, Gesellenzeit, Fachabitur in Abendform und Meisterausbildung, übernahm Christian Kaspar den Betrieb. Doch es war eng geworden in Neunkirchen – keine Expansionsmöglichkeit, reines Wohngebiet. Daher hatte er zuvor eine neue Bleibe für seine Schreinerei gesucht und wurde in Ottweiler fündig. Eine leer stehende Halle nahe der Stadtmitte, aber dennoch im Grünen. Vorher waren dort Kanülen, Schläuche und anderer Klinikbedarf hergestellt worden. Jetzt füllten Hobelund Leimmaschinen, Furnierpressen und Kreissägen die Räume.
Anfang der 1980er-Jahre war nicht gerade die beste Zeit, den Staffelstab der Betriebsführung vom Vater zu übernehmen. Die Wirtschaft lief mau, Aufträge kamen zäh herein, die Konkurrenz war groß. „Schreiner zu werden, war damals angesagt“, meint er. Im Fernsehen lief die Kinderserie „Meister Eder und sein Pumuckl“. Den rothaarigen und rotzfrechen Kobold Pumuckl hatte es in die Werkstatt des Münchner Schreinermeisters Franz Eder (Gustl Bayrhammer) verschlagen. Das gemütliche Werkeln von Meister Eder und die pointenreichen Vater-Sohn-Dialoge mit dem naseweisen Kobold zogen eine ganze Generation junger Leute vor die Fernsehschirme jener Zeit.
Schon damals hatte dieses Schreinerleben wenig mit der Realität zu tun – und heute noch viel weniger. Die Büro- und Ladeneinrichtungen – eine Spezialität der Schreinerei Kaspar – werden mit computergesteuerten CNC-Maschinen bearbeitet, deren Maße und Formen mit CAD-Programmen festgelegt und berechnet. Darüber hinaus hat die Schreinerei – fünf Mitarbeiter, knapp 600 000 Euro Umsatz – alles im Programm, um neben Gewerbe- auch Privatkunden zu bedienen, wie beispielsweise Holzdecken, Türen oder Fenster. Öffentliche Ausschreibungen meidet der Chef eher – „zu viel Bürokratie“.
Die Corona-Krise hatte bisher kaum Auswirkungen auf die Schreinerei. „Es war etwas ruhiger“, sagt Kaspar. Auf der anderen Seite „saßen die Leute zu Hause und manches, was mal dringend gemacht werden sollte, fiel ins Auge“. Das müssen vor allem in die Jahre gekommene Balkongeländer aus Holz gewesen sein, meint er. Denn die waren plötzlich begehrt.
Mit Sohn Maximilian (32), Tischlermeister wie der Vater, steht die nächste Generation bereit, die Schreinertradition der Familie Kaspar fortzusetzen. Wann sich der aktuelle Chef zurückzieht, ist offen. 2025 wäre ein gutes Jahr, sinniert er. Dann wird Christian Kaspar sein 50-jähriges Berufsjubiläum feiern und die Firma wird 150 Jahre alt. „Doch entschieden ist noch nichts.“