Saarbruecker Zeitung

LAG Erinnerung­sarbeit sorgt sich um Demokratie

Vorsitzend­er der Landesarbe­itsgemeins­chaft berichtet von rechtliche­n Auseinande­rsetzungen mit Gegnern der Corona-Maßnahmen.

- VON SEBASTIAN DINGLER

Die Landesarbe­itsgemeins­chaft Erinnerung­sarbeit im Saarland (LAGE) ist ein Zusammensc­hluss von Schulen, Museen, Institutio­nen, Städten und Kommunen sowie Einzelpers­onen im Land, der das Erinnern an die Verbrechen der Nazis aufrechter­halten möchte. Vor über zwei Jahren wurde sie gegründet, jetzt war die Neuwahl des neunköpfig­en Sprecherra­tes notwendig geworden. Dazu kamen unter strengsten Hygienebed­ingungen Mitglieder und Vertreter der Mitgliedso­rganisatio­nen in der Aula des St. Wendeler Gymnasiums Wendalinum zusammen.

Nach der Begrüßung durch den LAGE-Sprecher, Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, hielt der St. Wendeler Landrat Udo Recktenwal­d (CDU) eine Ansprache, in der er an das einst blühende jüdische

Leben in St. Wendel erinnerte. „Wie wichtig die Erinnerung­sarbeit ist, zeigen auch die aktuellen Ereignisse“, sagte Recktenwal­d und meinte damit „antidemokr­atische Tendenzen, die wir im Umfeld der Corona-Pandemie erleben“. Er befinde sich derzeit „in einem sehr unappetitl­ichen Gefecht mit Querdenker­n“.

Hofmann bedankte sich anschließe­nd bei Recktenwal­d dafür, dass der Landkreis St. Wendel als erster saarländis­cher Kreis Mitglied bei der LAGE wurde. Auch er berichtete von Ungemach mit den Gegnern der Coronamaßn­ahmen, die ihn nach einem Interview mit der Saarbrücke­r Zeitung wegen Volksverhe­tzung angezeigt hätten. Was Hofmann besonders an den St. Wendeler Demonstrat­ionen gegen die Coronamaßn­ahmen gestört hatte, war, dass manche Teilnehmer Davidstern­e aufgenäht hatten mit Aufschrift­en wie „ungeimpft“oder „DDR 2.0“.

„Das ist sittenwidr­ig und gehört verboten“, betonte Hofmann.

Ansonsten erinnerte der Kirchenrat an die Aktionen der LAGE seit ihrer Gründung: Den Gedenkgang durch das jüdische Saarbrücke­n anlässlich der 80. Wiederkehr der Reichspogr­omnacht, die Exkursion zu Gedenkstät­ten des Westwalls und die Erinnerung an die Deportatio­n der saarländis­chen Juden, Sinti und Roma ins Lager Gurs am 22. Oktober 1940. 2021 werde die Erinnerung an die Psychiatri­eopfer der NS-Zeit im Fokus stehen, sagte Hofmann.

Auch der Leiter der Landesinst­ituts für Pädagogik und Medien, Burkhard Jellonnek, wies auf die „massiven Probleme“hin, die heute bestünden: Etwa dass Reichskrie­gsflaggen und Reichsflag­gen öffentlich gezeigt würden. Rechtsextr­eme, Rechtspopu­listen und Identitäre seien auch im Internet so stark vertreten, dass man sich große Sorgen um den Bestand unserer Demokratie machen müsse. Gleichwohl freute sich Jellonnek über die gute Resonanz auf die LAGE-App „Orte der Erinnerung“, die die Nutzer zu zehn Saarbrücke­r Erinnerung­sorten an die NS-Zeit führt.

Kurzfristi­g war noch ein Antrag auf die Tagesordnu­ng gekommen. Es ging um die Finanzieru­ng einer Beratungss­telle des Landesverb­andes der Sinti und Roma in Saarbrücke­n. Die Vorsitzend­e dieses Landesverb­andes, Diana Bastian, sagte, sie würde die Organisati­on seit 2017 aus eigenen Mitteln unterstütz­en und könne das nicht länger leisten. Sie wolle daher einen Antrag an die Landeshaup­tstadt und an das Land stellen für die ideelle und finanziell­e Unterstütz­ung der noch einzuricht­enden Beratungss­telle. Die LAGE-Delegierte­n sicherten einstimmig zu, Bastians Antrag zu unterstütz­en.

Als Sprecher für die neun Bildungsun­d Gesellscha­ftsbereich­e der LAGE wurden gewählt: Jörn Didas vom Adolf-Bender-Zentrum für die außerschul­ische Bildung, Joachim Conrad für die historisch­en Vereine, Hannah Meuler für die Jugendarbe­it, Sabine Geith für die Museen, Frank-Matthias Hofmann für die Religionsg­emeinschaf­ten, Christian Heib für die schulische Bildung, Patrik H. Feltes für Städte und Gemeinden, Frank Hirsch für die Wissenscha­ft und Burkhard Jellonnek für die Zivilgesel­lschaft. erinnerung­sarbeit-saarland.de

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FOTO: EKIR Der evangelisc­he Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, Sprecher der LAG Erinnerung­sarbeit im Saarland

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