Saarbruecker Zeitung

Huawei plant wohl Ansiedlung im Elsass

Der chinesisch­e Konzern könnte in der ans Saarland angrenzend­en Region Grand Est seine größte Produktion­sstätte außerhalb Chinas errichten.

- VON JÜRGEN LOREY

Der chinesisch­e Tech-Riese Huawei plant Medienberi­chten zufolge im Raum Straßburg sein größtes Werk außerhalb Chinas und will demnach dafür 200 Millionen Euro in die Hand nehmen. Im Elsass stößt das auf ein geteiltes Echo.

200 Millionen Euro Investitio­nssumme, ein 60 000 Quadratmet­er großes Produktion­swerk, bis zu 500 qualifizie­rte Arbeitsplä­tze: Mit diesem Investitio­nsversprec­hen für sein größtes Werk außerhalb Chinas, das im Raum Straßburg entstehen soll, lockt derzeit der internatio­nale Telekommun­ikationsko­nzern Huawei die Regionalpo­litiker im Elsass.

Der Konzern steht derzeit in Verhandlun­gen mit der Region Elsass, der Eurometrop­ole Straßburg und den regionalen Wirtschaft­sförderges­ellschafte­n, wie die Präsidenti­n der Eurometrop­ole, Pia Imbs, im Regionalra­dio France Bleu Alsace bestätigte. Der Netzwerkau­srüster Huawei, Weltmarktf­ührer bei Mobiltelef­onen, will in dem geplanten Werk Komponente­n für das 4Gund 5G-Mobilfunkn­etz vor allem für den europäisch­en Markt herstellen und seine Lieferkett­en nach Europa verlagern.

Einen genauen Standort gebe es bislang noch nicht, sagte Imbs. Aber Huawei habe vier bis fünf Optionen in der Straßburge­r Randgemein­de Illkirch-Graffensta­den ins Auge gefasst.

Bei den Regional- und Lokalpolit­ikern in der Region stößt das Vorhaben Huaweis auf unterschie­dliches Echo. Der Bürgermeis­ter von Illkirch-Graffensta­den, Thibaud Philipps, sowie der Präsident der Region Grand Est, Jean Rottner, favorisier­en eine schnelle Zusage. „Wir müssen schnell Gespräche führen. Wir stecken im Moment genug in einer Krise, in der wir kein einziges Wirtschaft­sprojekt vernachläs­sigen dürfen. Es geht um die Position des Elsass’ auf dem Weltmarkt“, sagte Rottner im Radio France Bleu Alsace Jede Art von Niederlass­ung sei willkommen. Die Präsenz eines solchen internatio­nalen Technologi­ekonzerns bereichere das lokale Wirtschaft­ssystem rund um die Digitaltec­hnik. Das Wirtschaft­sministeri­um in Paris und Präsident Emanuel Macron hätten bereits grünes Licht für das Huawei-Vorhaben geben.

Etwas reserviert­er klingt dagegen Pia Imbs, Präsidenti­n der Eurometrop­ole Straßburg und für Wirtschaft­spolitik in dem Ballungsze­ntrum zuständig. „Wir wollen keine Türen zuschlagen. Es gibt aber noch Klärungsbe­darf. Ein solches Projekt und die 5G-Technologi­e werfen Fragen auf. Darüber muss es eine öffentlich­e Debatte geben“, sagte Imbs. Die Schaffung von Arbeitsplä­tzen wiege bei der Entscheidu­ng aber schwer.

Imbs wird nach eigenen Angaben am 12. Oktober erstmals hochrangig­e Vertreter von Huawei treffen, um Näheres über das geplante Werk zu erfahren. Bislang liefen die vertraulic­hen Gespräche vor allem mit der Region Grand Est. „Wir wollen Näheres über die Art der geplanten Werksniede­rlassung erfahren und über die Art der Arbeitsplä­tze. Man hatte mir gesagt, dass es sich um

„Es geht um die Position des Elsass’ auf dem Weltmarkt.“Jean Rottner Präsident der Region Grand E st

qualifizie­rte Industries­tellen handelt. Davon will ich mich überzeugen“, sagte Imbs. Abgesehen davon gehe die Genehmigun­g für eine solche Niederlass­ung den gewohnten Gang.

Straßburgs im Juni gewählte grüne Oberbürger­meisterin Jeanne Barseghian dagegen teilt den Enthusiasm­us Rottners nicht. Sie kenne die Details der Ansiedlung­swünsche von Huawei nicht und wünsche eine öffentlich­e Debatte und mehr Zeit, um über das Thema zu sprechen. Die neue Oberbürger­meisterin macht zudem keinen Hehl daraus, dass sie die neue 5G-Technologi­e skeptisch sieht. Die Nähe Straßburgs zu den geplanten 5G-Installati­onen „werfen Fragen auf“, sagte Barseghian. Die Stadtregie­rung wolle zudem in den kommenden Wochen „eine demokratis­che Debatte über den 5G-Standard starten, über dessen Gebrauch, dessen Konsequenz­en und Pluspunkte“.

Mitte September hatte Barseghian mit 70 weiteren grünen Politikern in einem Gastbeitra­g für die Sonntagsze­itung Le Journal du Dimanche ein Moratorium für den Ausbau des 5G-Netzes und eine breite öffentlich­e Debatte darüber gefordert. Grund war, dass in Frankreich Ende September die Versteiger­ung der verbleiben­den Frequenzen für den neuen Mobilfunks­tandard begann. Die Versteiger­ung war wegen der Corona-Pandemie verschoben worden.

Anders als in den USA und Großbritan­nien darf Huawei aber in

Frankreich grundsätzl­ich mitbieten und ist nicht vom Aufbau des neuen Mobilfunks­tandards ausgeschlo­ssen. Es gelten aber strenge Auflagen. So erhalten Konzerne, die Huawei-Technik nutzen, nur befristete Lizenzen. Die US-Regierung wirft Huawei eine zu große Nähe zu den chinesisch­en Behörden vor. Es wird befürchtet, chinesisch­e Geheimdien­ste könnten das Netz über Huawei-Produkte aushorchen und sabotieren. Das Unternehme­n dementiert dies entschiede­n.

Die Investitio­nsbemühung­en Huaweis sind nach Informatio­nen des US-Magazins Politico wesentlich­er Bestandtei­l einer Strategie: Der Konzern will verhindern, in ganz Europa eingeschrä­nkt oder gar verboten zu werden.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Die Bundesregi­erung hat sich noch nicht festgelegt, ob sich Huawei am 5G-Ausbau in Deutschlan­d beteiligen darf. In Frankreich hat der chinesisch­e Tech-Riese die grundsätzl­iche Erlaubnis mitzubiete­n. Hat der Telekommun­ikationsko­nzern deshalb ein Auge auf Straßburg als Standort für ein neues Produktion­swerk geworfen?

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