Saarbruecker Zeitung

St. Ingbert siegt im Rennen um neues IT-Zentrum

Das Saar-Kabinett beschließt Ansiedlung in St. Ingbert. 20 Millionen Euro Steuermitt­el werden dafür verwendet.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Wo 260 Jahre die Eisen- und Stahlherst­ellung Menschen und Landschaft prägten, soll bereits ab nächstem Jahr die digitale Zukunft beginnen. „Bereits 2021 soll es erste Ansiedlung­en auf dem Cispa Innovation Campus in St. Ingbert auf dem Gelände der Alten Schmelz geben“, sagte Julian Lange, Sprecher von Saar-Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD), am Dienstag der SZ. Zuvor hatte die CDU/SPD-Landesregi­erung grünes Licht für die Erschließu­ng und Entwicklun­g des Standortes gegeben, auf den der Gründungsd­irektor des Cispa Helmholtz-Zentrums für Informatio­nssicherhe­it, Professor Michael Backes, sehnsüchti­g wartet. 20 Millionen Euro an Steuermitt­eln werden nach St. Ingbert fließen. „Die Fläche von sieben Hektar ist bereits gut erschlosse­n“, betonte Lange. Nach dem Kabinettsb­eschluss könnten jetzt die Kaufverhan­dlungen mit zwei auf der Fläche ansässigen Unternehme­n geführt werden, die für den Cispa Innovation Campus weichen müssten. Dafür werde von der landeseige­nen Gesellscha­ft GW Saar ein Verkehrswe­rtgutachte­n in Auftrag gegeben.

Was soll alles auf dem Gelände, wo mit der Möllerhall­e von 1750 das älteste Industried­enkmal des Saarlands steht, geschehen? Professor Backes sagte dazu: „Auf dem Campus können wir einen Großteil unserer Ausgründun­gsund Ansiedlung­seffekte bündeln.“Dort würden viele der Start-ups aus der Cispa-Forschung eine Heimat finden. Sowie weitere Gründerunt­ernehmen und auch „Weltfirmen“, die Cyber-Sicherheit und Künstliche Intelligen­z (KI) im Blick hätten. „Auf dem Campus können wir ideal unsere Stärken in der Digitalisi­erung für die Wirtschaft einbringen und so eine treibende Kraft des Strukturwa­ndels des Saarlandes werden“, betonte Backes.

Von der Ansiedlung von „Weltfirmen“spricht dagegen der Hauptgesch­äftsführer

des saarländis­chen Industrieu­nd Handelkamm­er (IHK), Heino Klingen, nicht. Er erhofft sich vielmehr vom Cispa Innovation Campus einen Schub für den saarländis­chen Fahrzeugba­u. „Dort könnten Komponente­n für das Auto der Zukunft gefertigt werden“, sagte Klingen der SZ. Deshalb müsse der Aufbau des Campus forciert werden, um zügig loslegen zu können. Es gehe um die Übertragun­g der Forschungs­ergebnisse in die industriel­le Anwendung. „Der Standort ist die beste Wahl“, erklärte Klingen. Aber es gehe auf dem Gelände der „Alten Schnelz“auch darum, ein „einladende­s Ambiente“zu schaffen, in dem sich die Beschäftig­ten wohl fühlen könnten. Zudem müsse eine direkte Busverbind­ung zwischen der Forschungs­einrichtun­g an der Saar-Uni, dem Cispa Helmholtz-Zentrum, und dem St. Ingberter

Campus geschaffen werden. Lange erklärte dazu, sobald der Bedarf bestehe, könne die zwischen Uni und Bahnhof St. Ingbert verkehrend­e Linie 170 den Standort direkt anfahren. Als „ambitionie­rt“bezeichnet­e Klingen

die Einschätzu­ng des St. Ingberter Oberbürger­meisters Ulli Meyer (CDU), der sagte, die „Alte Schmelz“sei fünf Minuten mit dem E-Bike vom Cispa Helmholtz-Zentrum entfernt.

St. Ingberts „Alte Schmelz“hatte sich gegenüber 30 anderen Standorten im Umfeld des Cispa Helmholtz-Zentrums durchgeset­zt, das etwa 6,5 Straßen-Kilometer entfernt liegt. Der schärfste Mitbewerbe­r, Saarbrücke­ns Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU), zeigte sich als fairer Verlierer und sagte der SZ: „Die Entscheidu­ng der Landesregi­erung kam in keinster Weise überrasche­nd. Die ‚Alte Schmelz‘ ist aufgrund ihrer Nähe zur Landeshaup­tstadt und dem Standort des Cispa Helmholtz-Zentrums

für Informatio­nssicherhe­it auf dem Uni-Campus gut geeignet.“Das Beispiel zeige, dass die Umland-Kommunen und die gesamte Region von einem starken Ober- und Wissenscha­ftszentrum Saarbrücke­n profitiert­en. Im Gegenzug profitiere die Landeshaup­tstadt von starken Nachbargem­einden und einer insgesamt attraktive­n Region. Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) sagte: „Dieses Leuchtturm-Projekt bringt uns dem Ziel, das Saarland zur Herzkammer Europas im Bereich Cyber-Sicherheit und KI zu entwickeln, einen großen Schritt näher.“Und Rehlinger betonte: „Wir schaffen eine Leit-Investitio­n für die wirtschaft­iche Zukunft des Saarlandes.“

„Wir schaffen eine Leit-Investitio­n für die wirtschaft­iche Zukunft des Saarlandes.“Anke Rehlinger (SPD) Wirtschaft­sministeri­n des Saarlandes

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FOTO: BECKERBRED­EL Einige Industrie-Denkmäler stehen auf dem Gelände der „Alten Schmelz“in St. Ingbert, wo die Zukunft des Saarlandes beginnen soll.

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