Trump vergleicht Corona wieder mit Grippe
Unter den Angestellten am Amtssitz des Präsidenten und den Leibwächtern macht sich Unmut über die Sorglosigkeit mit dem Virus breit.
US-Präsident Trump hat das Coronavirus nach seinem Krankenhausaufenthalt erneut mit einer Grippe verglichen. Unter den Angestellten im Weißen Haus herrscht derweil Angst vor einer Ansteckung.
Im Westflügel des Weißen Hauses, der Schaltzentrale der Macht, sind die Flure leergefegt. Wer kann, arbeitet von zu Hause aus, um sich nicht mit dem Coronavirus anzustecken. Viele der Angestellten von US-Präsident Donald Trump sind einfach nur sauer, weil sie sich an ihrem Arbeitsplatz einem unnötigen Risiko ausgesetzt sehen. Denn der infizierte Präsident machte nach seiner Rückkehr deutlich, dass er nicht vorhat, sich strikt zu isolieren – und das obwohl er noch tagelang ansteckend sein dürfte. „Ich fühle mich besser als vor 20 Jahren!“, twittert er am Montag. „Unter der Trump-Regierung haben wir einige wirklich großartige Medikamente und Kenntnisse entwickelt.“Wie zu Beginn der Pandemie zieht er wieder Parallelen zur Grippe, wegen der die USA schließlich auch nicht in den Lockdown gingen. „Nein, wir haben gelernt, damit zu leben“, schreibt er am Dienstag auf Twitter. „So wie wir lernen, mit Covid zu leben.“
Judd Deere, Sprecher des Weißen Hauses, betonte, man ergreife „jede Vorsichtsmaßnahme“, um Trump und seine Familie sowie die Angestellten im Gebäude zu schützen, und halte sich an die Vorgaben der US-Gesundheitsbehörde CDC. Es werde streng geregelt, wer Zugang zum Präsidenten und der ebenfalls erkrankten First Lady Melania Trump erhalte und jeder müsse dabei einen Mund-Nasen-Schutz tragen.
Ganz so strikt wirkte das allerdings nicht, als Trump am Montagabend aus dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus ins Weiße Haus zurückkam. Ohne großen Sicherheitsabstand zum Fotografen des Weißen Hauses zog er sich im Freien die Maske vom Mund. Wenig später umringten ihn im Inneren des Gebäudes mehrere Menschen, bevor er die Amerikaner in einer Videobotschaft dazu aufrief, das Virus nicht zu fürchten, das für mehr als 210 000 Todesfälle in den USA verantwortlich gemacht wird.
Im Weißen Haus ging allerdings sehr wohl die Angst um. Trump, seine Frau, Pressesprecherin Kayleigh McEnany, Beraterin Hope Hicks – das sind nur einige der bekannten Fälle, die den Amtssitz des US-Präsidenten zu einem neuen Corona-Hotspot gemacht haben. Viele der Angestellten dort mussten davon aus den Medien erfahren und waren zum Teil einer möglichen Ansteckung ausgesetzt, ohne davon zu wissen.
Tatsächlich gab es erst am Sonntagabend, fast drei volle Tage nach Bekanntwerden von Trumps Diagnose, eine Information an die gesamte Belegschaft des Weißen Hauses. Darin wurde allerdings nicht eingeräumt, dass es dort zu einem Corona-Ausbruch gekommen ist, sondern nur darauf hingewiesen, zu Hause zu bleiben, wenn man Symptome habe.
Doch mehrere Angestellte schilderten, dass sie sich alles andere als sicher fühlten. Selbst als Trump übers Wochenende im Krankenhaus war, ließ er dort Videos und Fotos von sich machen. Agenten des Secret Service mussten mit ihm auf Spritztour zu seinen Anhängern vor der Klinik gehen. Sie saßen mit Masken und Schutzausrüstung in der Fahrerkabine. Trumps Wahlkampfsprecher Hogan Gidley wischte Bedenken wegen der Gesundheit der Agenten als „absolut dumm und töricht“vom Tisch. „Was denken die, wie er von dort wegkommen soll? Soll ihm jemand den Schlüssel zu einem Buick zuwerfen und ihn alleine nach Hause fahren lassen? Sie sind immer bei ihm, weil es ihr Job ist“, sagte er über den Secret Service.
Mehrere Agenten sagten aber, sie seien sehr wohl besorgt, wie lax im Weißen Haus mit Maskenpflicht und Abstandsregeln umgegangen werde. Dass sie durch versuchte Anschläge in Gefahr kommen könnten, sei jedem beim Secret Service klar. Aber wenn sorgloses Verhalten ihre Gesundheit gefährde, sei das etwas anderes. Einer der Agenten sagte, er und einige seiner Kollegen hätten offenbar einfach nur Glück gehabt, dass sie bisher nicht infiziert seien.
Ob und wie viele Agenten des Secret Service positiv auf das Virus getestet wurden, ist bisher nicht öffentlich gemacht worden. In der Zeit vor der Wahl sind Tausende von ihnen im
Einsatz und jeglicher Infizierte kann schnell und ohne großes Aufsehen ausgetauscht werden.
Trump soll sich in den kommenden Tagen ebenso wie First Lady Melania in den Privaträumen des Präsidenten im Weißen Haus aufhalten. In der Regel sind dort rund 100 Angestellte im Einsatz wie Reinigungspersonal, Köche und fünf oder sechs Butler, wie Buchautorin Kate Andersen Brower („The Residence: Inside the Private World of the White House“) sagt. Seit Beginn der Pandemie wurden die Angestellten aber stark reduziert. Anders als im Westflügel wurde dort auch eher Maske getragen. Doch verpflichtend war das Maskentragen im Weißen Haus nie.
„Soll ihm jemand den Schlüssel zu einem Buick zuwerfen und ihn alleine nach Hause fahren lassen?“Hogan Gidley Trumps Wahlkampfsprecher zu Bedenken wegen der Gesundheit der Leibwächter