Corona verschärft Auto- und Stahlkrise im Saarland
(dpa/SZ) Die Corona-Pandemie hat den ohnehin im Krisenmodus befindlichen saarländischen Schlüsselindustrien Auto und Stahl erheblich zugesetzt. Der Automarkt werde „in Europa in den nächsten fünf bis zehn Jahren sehr schwach sein“, sagte Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Ein Großteil der in Deutschland, darunter im Saarland, produzierten Autos werde exportiert: „Das europäische Ausland wird sich nach Corona sehr schwertun“, sagte Dudenhöffer.
Der Autokauf hänge stark vom Einkommen der Menschen ab. Dudenhöffer rechnet nach Corona wegen hoher Neuschulden in vielen europäischen Ländern mit einer Verringerung der staatlichen Ausgaben und Steuererhöhungen. Dadurch sinke die Kaufkraft: „Wir sehen da eine sehr lange Durststrecke in Europa.“In Deutschland würden in diesem Jahr nur etwa 3,5 statt bisher fünf Millionen Autos produziert.
Das Kurzarbeitergeld in Deutschland sei „eine trügerische Hoffnung“.
Im Saarland mit knapp einer Million Einwohnern ist die Autobranche mit den verbundenen Zulieferern die wichtigste Industriebranche. Insgesamt rund 44 000 Menschen arbeiten in dem Bereich. Das Werk des US-Autobauers Ford in Saarlouis zählt rund 5000 Beschäftigte. Zweitwichtigster Sektor ist die wegen Überkapazitäten notleidende Stahlindustrie mit etwa 15 000 Beschäftigten. Wie vieler dieser Stellen in den kommenden zehn Jahren wegfallen werden, hänge davon ab, wie stark einzelne Zulieferer
vom Verbrennungsmotor abhängig seien. Grob könne man bei den Stellen von minus 15 Prozent ausgehen.
„Die Lage war vor Corona schon schwierig“, sagte Timo Ahr, Leiter der neu gegründeten Transformationswerkstatt der IG Metall im Saarland. Nun leide „die ganze automobile Wertschöpfungskette“noch viel mehr. Der gesamte Automobilsektor befinde sich ohnehin in einem Umbruch: E-Autos sind im Kommen, die Zukunft von Diesel und Benzinautos ist ungewiss.
Bislang hat Ford zugesagt, in Saarlouis bis 2024 den Ford Focus bauen zu lassen. Mitte 2019 schon hatte das Unternehmen die Nachtschicht und damit 1600 Arbeitsplätze wegfallen lassen. Mittlerweile reden die IG Metaller über einen möglichen Verlust von 150 Arbeitsplätzen bei Bosch Rexroth und 300 Jobs bei Schaeffler (beide Homburg). 1500 Arbeitsplätze fielen schon in der Stahlindustrie weg.
Ahr erinnerte daran, dass der
Strukturwandel weg von der Kohle im Saarland gelang, weil man Arbeitsplätze in den Bereichen Auto und Stahl schuf. „Aber wenn man überlegt, Stahl und Automobil zuzusperren: Was bleibt dann noch im Saarland?“
Zu einer Protestaktion hat die IG Metall aufgerufen. Am Donnerstag, 8. Oktober, wollen die Gewerkschafter ab 14 Uhr eine Menschenkette zwischen den Torhäusern von Bosch und Schaeffler in Homburg bilden.