Manchmal ist das Leben eine Wildlederjacke
Der wahnwitzige französische Film „Monsieur Killerstyle“mit Jean Dujardin erscheint bei uns als Heimkino-Premiere.
(tok) Parbleu! Was ist das denn – eine Tragödie? Eine tiefschwarze Komödie? Eine Studie von Einsamkeit? Oder die eines Wahnsinnigen? In dem wahnwitzigen französischen Film „Monsieur Killerstyle“fügt sich das alles zusammen – wobei auch dieser deutsche DVD-Titel ein Stück Marketing-Wahnwitz ist, heißt der Film im Original doch „Le daim“, also Wildleder oder Damhirsch.
Jean Dujardin, oscarprämiert für „The Artist“, spielt einen Mann an einem Wendepunkt: Für seine Bisher-Lebenspartnerin existiert er nicht mehr – wie passend, dass im Autoradio Joe Dassins „Et si tu n‘existais pas“säuselt. In einer Autobahnraststätte
entledigt er sich seiner Bildungsbürger-Cordjacke, denn im bergigen Hinterland kauft er bei einem alten Herrn das textile Objekt seiner Begierde: eine betagte Wildlederjacke, obenrum heftig franselnd, untenrum am Bauch etwas eng. Doch Georges ist so glücklich, wie er es eben gerade sein kann, und zieht sich in ein ödes Landhotel (in den Grundfarben Matschbraun und Mausgrau) zurück – mit einer Videokamera von anno dazumal. Mit der filmt er die irgendwie anheimelnde Ödnis der Provinz, die etwas abweisende Schönheit der Natur um sich herum – und seine geliebte Jacke, die beginnt, mit ihm zu sprechen. Georges wundert sich nichtmal.
Wie die Welt dieses Angeschlagenen langsam in den Wildleder-Wahn abdriftet, erzählt Autor/Regisseur
Quentin Dupieux furios – gerade weil sich diese absurde Geschichte so schlüssig entwickelt und so gefilmt wird, als sei das Alles das Normalste überhaupt. Dupieux setzt filmisch auf minimale Mittel und auf einen Hauptdarsteller, der zwar für große gallische Clownerien bekannt ist („OSS 117“, „Brice de Nice“), hier aber ohne jedes Augenzwinkern agiert und seine Figur todernst nimmt. Man kann ihm in aler Ruhe vom Abdriften aus der Midlife-Krise in Richtung Wahn zuschauen.
Eine Kellnerin (Adèle Haenel, stes famos) wird auf ihn aufmerksam, da er sich als Filmemacher ausgibt und sie schon immer eine Cutterin werden wollte (und privat etwa den bewusst durcheinander erzählten „Pulp Fiction“chronologisch ordnet). Nun hat er eine Komplizin bei seinem wahnwitzigen Plan, der einzige Mensch mit Jacke (!) auf der ganzen Welt zu sein. In der finalen Viertelstunde dreht Dupieux noch einmal kräftig an der Irrsinns-Schraube, da wird es unter dem rieselnden Schnee vor dem Provinzkino ziemlich blutig, untermalt von heimeligem Easy-Listening. Übertreibt es der Film am Ende da etwas? Mag sein – aber wer will das bei einem Film über Wahnsinn letztlich beurteilen?
Blu-ray und DVD: Koch Media.