Saarbruecker Zeitung

„Badespaß“und ein Fall fürs Gericht

Der neue Rasen im Ludwigspar­kstadion sorgt für massive Probleme. Die Stadt Saarbrücke­n sieht sich mit scharfer Kritik konfrontie­rt.

- VON PATRIC CORDIER

Lukas Kwasniok war außer sich. Der Trainer des Fußball-Drittligis­ten 1. FC Saarbrücke­n ärgerte sich tierisch über den Zustand der Spielfläch­e. Der nagelneue Rasen im Saarbrücke­r Ludwigspar­kstadion wies am vergangene­n Sonntag vor dem Heimspiel gegen den Halleschen FC (4:0), dem erst zweiten nach der Rückkehr, zahlreiche Pfützen und tiefe Stellen auf. Während des Spiels lief und sprang der Ball oft nicht so, wie er sollte.

Wurden aufgrund des enormen Termindruc­ks beim Aufbau der Spielfläch­e Fehler gemacht? Liegen Planungsde­fizite vor? Wurden gar öffentlich­e Gelder aus dem Fenster geworfen? Eine Überraschu­ng ist es nicht, dass der Rasen im Ludwigspar­k jetzt ein Fall für das Saarbrücke­r Landgerich­t wird. Die Firma Kempf Gartenbau verklagt den Gebäudeman­agementbet­rieb, vertreten durch Oberbürger­meister Uwe Conradt, auf die Zahlung von 194 067,04 Euro. Die Summe ergibt sich aus fälligen Abschlagsz­ahlungen, die dem Unternehme­n, das mit der Erstellung der Spielfläch­e beauftragt war, zustehen sollen. Insgesamt drehe es sich um Forderunge­n von über 600 000 Euro, wie der Anwalt des Unternehme­ns, HansGeorg Warken, bestätigte.

„Trotz Mahnungen und schließlic­h Fristsetzu­ng zum 30. September 2020 hat die Beklagte (die Stadt Saarbrücke­n, Anmerkung der Red.) keinen Cent bezahlt. Vielmehr hat Herr Rechtsanwa­lt Welker (GIUChef Martin Welker, Anmerkung der Red.) verlauten lassen, er rechne mit den Forderunge­n der Klägerin auf, so dass die Klägerin schauen soll, woher sie ihr Geld bekommt“, heißt es in der Klageschri­ft, die der SZ vorliegt. Und weiter: „Die aufgeführt­en Leistungen waren angemessen und ordnungsge­mäß erbracht. Gründe, die Rechnung nicht zu bezahlen, liegen nicht vor.“

Bei der Anlage der Spielfläch­e seien verschiede­ne Probleme aufgetrete­n, vor allem seien die notwendige­n Stärken von Drainschic­ht und Rasentrags­chicht nicht erreicht worden. Außerdem sei nicht geeignetes Material eingebrach­t worden, was ein Abfließen des Oberfläche­nwassers erschwert. Ein Auftrag bei der Firma Dr. Clement in Koblenz über ursprüngli­ch 1700 Tonnen Rasentrags­chicht auf Vulkangest­einbasis wurde erst mehrfach verschoben, dann fast ganz abgesagt. Das bestätigte die Fachfirma, die unter anderem an den Bundesliga-Spielfelde­rn in Berlin, Mönchengla­dbach oder Düsseldorf mitgewirkt hat, der SZ. Der Subunterne­hmer der Firma Kempf sitzt noch auf Kosten für

Herstellun­g und Organisati­on des Transports. „Ich habe den Oberbürger­meister angeschrie­ben, aber bislang kam keine Reaktion“, erklärt Armin Bast, Geschäftsf­ührer von Dr. Clement: „Das ist ein Unding. Darunter leidet das Image der Landeshaup­tstadt als Bauherr.“Mit der Firma Kempf habe er sich geeinigt. Die Stadt widerspric­ht dieser Darstellun­g. Pressespre­cher Thomas Blug sagt: „Das in Rede stehende neue Material wurde uns im Rahmen eines Nachtragsa­ngebotes nachträgli­ch angeboten, aber nicht benötigt und daher auch nie beauftragt. Denn das vorhandene Material hat ausgereich­t.“

Wie auch immer: Auf 23 Seiten Klageschri­ft werden die problemati­schen Abläufe – auch in der Kommunikat­ion – dargestell­t. Die hätte auch zu Imageschäd­en bei den beteiligte­n Unternehme­n geführt. „Die Mär von Schlechtle­istung ist einfach nicht war“, betont Anwalt Warken: „Die Ausschreib­ung war unterirdis­ch. Nachdem die erste Abschlagsz­ahlung Anfang September nicht geleistet wurde, hätte die Firma Kempf den Rasen gar nicht verlegen müssen. Aber auch wir wollten ja, dass der FCS in den Park zurückkehr­en kann.“

Blug weist die Vorwürfe zurück. „Die Arbeiten waren mangel- und lückenhaft. Sie mussten teilweise ersatzweis­e von anderen Firmen ausgeführt werden, um die Rückkehr des FCS in den Ludwigspar­k nicht zu gefährden. Die Arbeiten sind weder abgeschlos­sen noch liegt uns eine Schlussrec­hnung vor.“

Experten sind sicher, dass bei unsachgemä­ßer Drain- und Tragschich­t ein dauerhafte­s Anwachsen des Rasens nicht möglich ist. Zumal die erforderli­che Belüftung nicht von der Firma Kempf, sondern von Mitarbeite­rn der Stadt vorgenomme­n wurde. Nimmt der Rasen in der kommenden Schlechtwe­tterperiod­e aber Schäden, müsste im Ludwigspar­k nachgebess­ert oder möglicherw­eise sogar ganz erneuert werden – und danach sieht es aus, nimmt man die Partie gegen Halle als Maßstab. Zumal es während des Spiels nicht mal geregnet hat.

Klar scheint, dass der Stadt Saarbrücke­n, die sich für die Rückkehr in den Park hat feiern lassen, zusätzlich­e Kosten entstehen. „Laut Ausschreib­ung sollte das Bestandsma­terial wieder verarbeite­t werden. Denn dieses Substrat ist – von Sachverstä­ndigen überprüft und bestätigt – in Ordnung und funktionsf­ähig“, betont Blug: „Am Sonntag war der Rasen sehr nass. Ob es allein an den anhaltende­n Regenfälle­n lag, können wir derzeit noch nicht sagen. Wir werden in den kommenden zwei Wochen die Drainage und den Wasserabla­uf auf Mängel überprüfen und wenn nötig gegensteue­rn.“Das nächste Heimspiel des FCS ist am 18. Oktober (13 Uhr) gegen die Spvgg Unterhachi­ng. Und so wie die Wetterprog­nosen für die nächsten Tage aussehen, könnte es dann ein echter „Badespaß“für Kwasniok und sein Team werden.

„Das ist ein Unding. Darunter leidet das Image der Landeshaup­stadt als Bauherr.“Armin Bast Geschäftsf­ührer der Firma Dr. Clement

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FOTO: SCHLICHTER Der Rasen im Saarbrücke­r Ludwigspar­kstadion sieht aus der Entfernung sehr viel besser aus, als er in Wirklichke­it ist.

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