„Badespaß“und ein Fall fürs Gericht
Der neue Rasen im Ludwigsparkstadion sorgt für massive Probleme. Die Stadt Saarbrücken sieht sich mit scharfer Kritik konfrontiert.
Lukas Kwasniok war außer sich. Der Trainer des Fußball-Drittligisten 1. FC Saarbrücken ärgerte sich tierisch über den Zustand der Spielfläche. Der nagelneue Rasen im Saarbrücker Ludwigsparkstadion wies am vergangenen Sonntag vor dem Heimspiel gegen den Halleschen FC (4:0), dem erst zweiten nach der Rückkehr, zahlreiche Pfützen und tiefe Stellen auf. Während des Spiels lief und sprang der Ball oft nicht so, wie er sollte.
Wurden aufgrund des enormen Termindrucks beim Aufbau der Spielfläche Fehler gemacht? Liegen Planungsdefizite vor? Wurden gar öffentliche Gelder aus dem Fenster geworfen? Eine Überraschung ist es nicht, dass der Rasen im Ludwigspark jetzt ein Fall für das Saarbrücker Landgericht wird. Die Firma Kempf Gartenbau verklagt den Gebäudemanagementbetrieb, vertreten durch Oberbürgermeister Uwe Conradt, auf die Zahlung von 194 067,04 Euro. Die Summe ergibt sich aus fälligen Abschlagszahlungen, die dem Unternehmen, das mit der Erstellung der Spielfläche beauftragt war, zustehen sollen. Insgesamt drehe es sich um Forderungen von über 600 000 Euro, wie der Anwalt des Unternehmens, HansGeorg Warken, bestätigte.
„Trotz Mahnungen und schließlich Fristsetzung zum 30. September 2020 hat die Beklagte (die Stadt Saarbrücken, Anmerkung der Red.) keinen Cent bezahlt. Vielmehr hat Herr Rechtsanwalt Welker (GIUChef Martin Welker, Anmerkung der Red.) verlauten lassen, er rechne mit den Forderungen der Klägerin auf, so dass die Klägerin schauen soll, woher sie ihr Geld bekommt“, heißt es in der Klageschrift, die der SZ vorliegt. Und weiter: „Die aufgeführten Leistungen waren angemessen und ordnungsgemäß erbracht. Gründe, die Rechnung nicht zu bezahlen, liegen nicht vor.“
Bei der Anlage der Spielfläche seien verschiedene Probleme aufgetreten, vor allem seien die notwendigen Stärken von Drainschicht und Rasentragschicht nicht erreicht worden. Außerdem sei nicht geeignetes Material eingebracht worden, was ein Abfließen des Oberflächenwassers erschwert. Ein Auftrag bei der Firma Dr. Clement in Koblenz über ursprünglich 1700 Tonnen Rasentragschicht auf Vulkangesteinbasis wurde erst mehrfach verschoben, dann fast ganz abgesagt. Das bestätigte die Fachfirma, die unter anderem an den Bundesliga-Spielfeldern in Berlin, Mönchengladbach oder Düsseldorf mitgewirkt hat, der SZ. Der Subunternehmer der Firma Kempf sitzt noch auf Kosten für
Herstellung und Organisation des Transports. „Ich habe den Oberbürgermeister angeschrieben, aber bislang kam keine Reaktion“, erklärt Armin Bast, Geschäftsführer von Dr. Clement: „Das ist ein Unding. Darunter leidet das Image der Landeshauptstadt als Bauherr.“Mit der Firma Kempf habe er sich geeinigt. Die Stadt widerspricht dieser Darstellung. Pressesprecher Thomas Blug sagt: „Das in Rede stehende neue Material wurde uns im Rahmen eines Nachtragsangebotes nachträglich angeboten, aber nicht benötigt und daher auch nie beauftragt. Denn das vorhandene Material hat ausgereicht.“
Wie auch immer: Auf 23 Seiten Klageschrift werden die problematischen Abläufe – auch in der Kommunikation – dargestellt. Die hätte auch zu Imageschäden bei den beteiligten Unternehmen geführt. „Die Mär von Schlechtleistung ist einfach nicht war“, betont Anwalt Warken: „Die Ausschreibung war unterirdisch. Nachdem die erste Abschlagszahlung Anfang September nicht geleistet wurde, hätte die Firma Kempf den Rasen gar nicht verlegen müssen. Aber auch wir wollten ja, dass der FCS in den Park zurückkehren kann.“
Blug weist die Vorwürfe zurück. „Die Arbeiten waren mangel- und lückenhaft. Sie mussten teilweise ersatzweise von anderen Firmen ausgeführt werden, um die Rückkehr des FCS in den Ludwigspark nicht zu gefährden. Die Arbeiten sind weder abgeschlossen noch liegt uns eine Schlussrechnung vor.“
Experten sind sicher, dass bei unsachgemäßer Drain- und Tragschicht ein dauerhaftes Anwachsen des Rasens nicht möglich ist. Zumal die erforderliche Belüftung nicht von der Firma Kempf, sondern von Mitarbeitern der Stadt vorgenommen wurde. Nimmt der Rasen in der kommenden Schlechtwetterperiode aber Schäden, müsste im Ludwigspark nachgebessert oder möglicherweise sogar ganz erneuert werden – und danach sieht es aus, nimmt man die Partie gegen Halle als Maßstab. Zumal es während des Spiels nicht mal geregnet hat.
Klar scheint, dass der Stadt Saarbrücken, die sich für die Rückkehr in den Park hat feiern lassen, zusätzliche Kosten entstehen. „Laut Ausschreibung sollte das Bestandsmaterial wieder verarbeitet werden. Denn dieses Substrat ist – von Sachverständigen überprüft und bestätigt – in Ordnung und funktionsfähig“, betont Blug: „Am Sonntag war der Rasen sehr nass. Ob es allein an den anhaltenden Regenfällen lag, können wir derzeit noch nicht sagen. Wir werden in den kommenden zwei Wochen die Drainage und den Wasserablauf auf Mängel überprüfen und wenn nötig gegensteuern.“Das nächste Heimspiel des FCS ist am 18. Oktober (13 Uhr) gegen die Spvgg Unterhaching. Und so wie die Wetterprognosen für die nächsten Tage aussehen, könnte es dann ein echter „Badespaß“für Kwasniok und sein Team werden.
„Das ist ein Unding. Darunter leidet das Image der Landeshaupstadt als Bauherr.“Armin Bast Geschäftsführer der Firma Dr. Clement