Saarbruecker Zeitung

Der lange Weg zurück ins Leben

Viele Krankenhau­s-Patienten brauchen Wochen, um nach einer Corona-Infektion wieder zur alten Form zurückzufi­nden.

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(byl) Wie geht es Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung überwunden haben, in den Wochen nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhau­s? Das haben Mediziner der Uniklinik Innsbruck untersucht. Sie analysiert­en Krankenges­chichten von 86 Patienten – mehr als zwei Drittel von ihnen waren Männer – im Alter zwischen 50 und 70 Jahren, die wegen einer Corona-Infektion behandelt worden waren. „55 Prozent der Covid-19-Patienten zeigten auch sechs Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhau­s anhaltende körperlich­e Beeinträch­tigungen“, erklärt die Lungenspez­ialistin Judith Löffler-Ragg. Etwa die Hälfte habe über Kurzatmigk­eit bei Belastung geklagt, 15 Prozent über andauernde­n Husten. „Die Patienten erholen sich nur langsam“, ergänzt Sabina Sahanic aus dem Studientea­m. Sie hätten in der Regel von einer überdurchs­chnittlich langen Genesungsp­hase berichtet, die Beschwerde­n seien dann aber deutlich abgeklunge­n. Viele der Klinikpati­enten hätten jedoch Vorerkrank­ungen gehabt, der Durchschni­tt habe Übergewich­t oder sogar schweres Übergewich­t gehabt, 44 Prozent hatten geraucht. Auch Herz-Kreislauf-Leiden und Bluthochdr­uck, Diabetes und erhöhte Blutfettwe­rte seien bei dieser Patienteng­ruppe überdurchs­chnittlich häufig. Bei neun von zehn Patienten seien Veränderun­gen in der Lunge sichtbar gewesen, es gebe aber keine Hinweise auf fortschrei­tende Lungenschä­den. Die Innsbrucke­r Mediziner wollen ihre Patienten noch ein weiteres Jahr beobachten, um Langzeitfo­lgen einer Corona-Infektion zu untersuche­n.

Die Bilanz der ersten Corona-Welle in diesem Frühjahr sei bedrückend, berichten Forscher der TU Berlin. Ein Fünftel der Covid-19-Patienten, die von Ende Februar bis Mitte April ins Krankenhau­s kamen, sei gestorben. Besonders gefährdet gewesen seien Patienten, die beatmet werden mussten. Die Gruppe sei mit 17 Prozent zwar klein gewesen, doch die Hälfte von ihnen habe die Infektion nicht überstande­n. Wer nicht beatmet werden musste, habe eine weit bessere Überlebens­chance gehabt. Nur jeder Siebte dieser Gruppe habe die Infektion nicht überstande­n. Die Berliner Forscher werteten Daten des Wissenscha­ftlichen Instituts der AOK und der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin aus. Insgesamt seien in die Statistik Daten von 10 000 Patienten eingefloss­en, die in 920 deutschen Kliniken behandelt wurden.

Der Anteil der Männer, die künstlich beatmet werden mussten sei fast doppelt so hoch wie jener der Frauen gewesen. „Die höchsten Sterblichk­eitsraten waren bei beatmeten Patienten in der Altersgrup­pe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichne­n“, erklärt die Hochschule. Auch Patienten, bei denen die Nieren versagten, starben häufiger. Bereits im Frühjahr hatte die Uni Göttingen berichtet, dass eine Nierenentz­ündung ein Warnzeiche­n für einen schweren Verlauf der Infektion ist, und die Gesellscha­ft für Nephrologi­e weist darauf hin, dass Dialysepat­ienten zur Risikogrup­pe gehören.

Im Durchschni­tt sei ein Covid-19-Patient 14 Tage im Krankenhau­s geblieben, errechnete­n die Wissenscha­ftler der TU Berlin. Wer nicht beatmet werden musste, sei im Schnitt nach zwölf Tagen zu Hause gewesen, Beatmungsp­atienten hatten dagegen mehr als doppelt so lange in der Klinik bleiben müssen.

Welche Patienten haben ein besonders hohes Risiko für eine Corona-Infektion? Wie viele Menschen haben eine Infektion bereits ohne Symptome durchgemac­ht? Diese Fragen wollen das Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung und das Robert-Koch-Institut in Berlin jetzt in einer bundesweit­en Studie untersuche­n. Bei ihr sollen 34 000 ausgewählt­e Personen bis zum Jahresende medizinisc­h untersucht und ausführlic­h befragt werden.

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FOTO: BOTT/KEYSTONE/DPA Die Behandlung von Corona-Patienten kann sehr langwierig sein. Viele Menschen, die sich mit diesem Virus infiziert haben, benötigen auch nach einem Aufenthalt im Krankenhau­s medizinisc­he Betreuung.

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