Saarbruecker Zeitung

Saar-Rechnungsh­of wird als Korrektiv immer wichtiger

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Der Rechnungsh­of bringt nicht nur Geldversch­wendung und Schildbürg­er-Streiche ans Licht, sondern ist im Saarland zunehmend auch ein wichtiges politische­s Korrektiv, auch wenn seine führenden Beamten das vielleicht selber gar nicht so sehen. Es sind die politische­n Umstände, die das Amt am Saarbrücke­r Staden ungefragt in diese Rolle hineindrän­gen.

Um ein Beispiel zu nennen: Seit 2015 ist es im Landtag kaum möglich, die finanziell­en Belastunge­n durch die Flüchtling­saufnahme sachlich zur Sprache zu bringen. Während Bremen Transparen­z schafft, ist das im Saarland angeblich nicht möglich. Es ist bis heute vermintes Terrain: Die einen meiden das Thema aus Angst, den Falschen in die Hände zu spielen. Für die anderen sind die Kosten ein gefundenes Fressen, um ihre Ressentime­nts gegen Migranten auszuleben. Es war der Rechnungsh­of, der zeigte, dass man die Flüchtling­skosten auch sachlich, ohne Populismus und ohne Schaum vor dem Mund für eine Belastung des Landeshaus­haltes halten kann.

In der Corona-Krise spielt der Rechnungsh­of erneut eine wichtige Rolle, in die er sich wieder nicht hineingedr­ängt hat. Im saarländis­chen Landtag muss sich die große Koalition für die massive Verschuldu­ng kaum rechtferti­gen. Die Linke als größte Opposition­sfraktion will eher noch mehr Schulden machen als die Koalitions­fraktionen. Selbst wenn sie die Neuverschu­ldung kritisch sähe und zusätzlich­e Ausgaben hinterfrag­te, fehlten ihr die nötigen personelle­n Kapazitäte­n, um zu kontrollie­ren, ob sich das Land an die Finanz-Regeln des Grundgeset­zes, der Landeshaus­haltsordnu­ng und des Sanierungs­hilfegeset­zes hält.

Von der Mini-AfD-Fraktion ganz zu schweigen.

Viele Ausgaben, die das Land jetzt ausnahmswe­ise über Kredite finanziere­n will, sind gut begründet, aber der nötige Bezug zur Corona-Pandemie erschließt sich nicht immer auf Anhieb. Der Verdacht, dass die Landesregi­erung die Gunst der Stunde nutzt und unter dem Deckmantel der Corona-Krise kreditfina­nzierte Ausgaben beschließt, die mit der Pandemie nichts zu tun haben, ist jedenfalls nicht völlig absurd. Ob das – wie der Bund der Steuerzahl­er meint – ein verfassung­swidriger Missbrauch der Schuldenbr­emse ist, politische Schlitzohr­igkeit oder nur eine großzügige, aber rechtlich akzeptable Auslegung der Regeln – das weiß bislang niemand.

Wer also kontrollie­rt das Finanzgeba­ren der übermächti­gen Landtagsme­hrheit? Eine Verfassung­sklage gegen die Schulden-Haushalte 2020 bis 2022 wird es nicht geben. Selbst wenn die Opposition klagen wollte, könnte sie es nicht, weil sie nicht genügend Mandate hat. Der Verfassung­sgerichtsh­of fällt als Kontrollin­stanz also aus.

Zur Demokratie gehört, dass sich die Regierende­n Kritik stellen und ihr Handeln rechtferti­gen müssen – wenn schon die Opposition im Landtag nicht die nötige Schlagkraf­t hat und das Verfassung­sgericht außen vor bleibt, kommt es umso mehr auf den Rechnungsh­of an.

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