Wirecard-Untersuchungs-Ausschuss tagt
Der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk steht an der Spitze des Ausschusses. Bis ins nächste Jahr hinein sollen Spitzenpolitiker und Zeugen aussagen.
(dpa) Im Bundestag hat die politische Aufarbeitung des Bilanzskandals rund um den ehemaligen Dax-Konzern Wirecard begonnen. Der Untersuchungsausschuss zum Fall traf sich am Donnerstag zu seiner ersten Sitzung. Die neun Abgeordneten wollen aufdecken, ob die Aufsichtsbehörden das deutsche Fintech-Unternehmen als aufstrebenden Börsenstar trotz Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten mit Samthandschuhen angefasst haben. Der Ausschuss will prominente Politiker als Zeugen befragen, darunter auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Zum Ausschuss-Vorsitzenden wurde der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk gewählt. Die Personalie
war im Vorfeld umstritten, letztlich stimmten fünf Abgeordnete für und vier gegen ihn. Gottschalk betonte, es gehe ihm um Aufklärung und die richtigen Konsequenzen aus dem Bilanzbetrug. „Da werde ich mich einsetzen und den Beweis antreten, dass die AfD auch Arbeit kann.“Es gehe darum, das Vertrauen der Menschen in den Finanzplatz Deutschland zurückzugewinnen.
Der insolvente Dax-Konzern hatte im Sommer Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die
Kay Gottschalk
Firma saß als Dienstleister für bargeldlose Zahlungen an Ladenkassen und im Internet an der Schnittstelle zwischen Händlern und Kreditkartenfirmen. Nach bisherigem Stand der Ermittlungen machte Wirecard jahrelang Verluste. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015
Scheingewinne auswies. Mehr als drei Milliarden Euro könnten verloren sein.
Im Rahmen des Wirecard-Skandals stehen auch die Finanzaufsicht Bafin und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Kritik, denen der Betrug nicht auffiel. Der Ausschuss wolle aufdecken, ob Wirecard geschont oder sogar geschützt wurde, sagte der FDP-Abgeordnete Florian Toncar. Am Donnerstag fasste der Ausschuss bereits 137 Beschlüsse, forderte damit Dokumente an und benannte erste Zeugen zu den politischen Zusammenhängen.
Die Abgeordneten wollen nicht nur Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und einige seiner engen Mitarbeiter befragen, sondern auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und sogar die Bundeskanzlerin, die sich während einer Chinareise für Wirecard ins Zeug gelegt hatte, als es bereits Zweifel an dem Unternehmen gab. Auf der Zeugen-Liste stehen neben der Führung der Finanzaufsicht Bafin und dem inhaftierten Ex-Wirecard-Chef Markus Braun auch der frühere Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg und Bayerns Ministerpräsident
„Da werde ich mich einsetzen und den Beweis antreten, dass die AfD
auch Arbeit kann.“
Ausschuss-Vorsitzender
Markus Söder.
Am Ende müsse Klarheit stehen, warum der Betrug nicht früher er- kannt wurde, sagte Toncar. „Und auch eine klare Zuordnung, wer hätte handeln können, wenn nicht sogar müssen.“Daraus müssten dann auch Schlussfolgerungen etwa in Form von Gesetzesänderungen gezogen werden.