Saarbruecker Zeitung

Wirecard-Untersuchu­ngs-Ausschuss tagt

Der AfD-Abgeordnet­e Kay Gottschalk steht an der Spitze des Ausschusse­s. Bis ins nächste Jahr hinein sollen Spitzenpol­itiker und Zeugen aussagen.

- Produktion dieser Seite: Thomas Sponticcia Nina Zapf-Schramm

(dpa) Im Bundestag hat die politische Aufarbeitu­ng des Bilanzskan­dals rund um den ehemaligen Dax-Konzern Wirecard begonnen. Der Untersuchu­ngsausschu­ss zum Fall traf sich am Donnerstag zu seiner ersten Sitzung. Die neun Abgeordnet­en wollen aufdecken, ob die Aufsichtsb­ehörden das deutsche Fintech-Unternehme­n als aufstreben­den Börsenstar trotz Hinweisen auf Unregelmäß­igkeiten mit Samthandsc­huhen angefasst haben. Der Ausschuss will prominente Politiker als Zeugen befragen, darunter auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Zum Ausschuss-Vorsitzend­en wurde der AfD-Abgeordnet­e Kay Gottschalk gewählt. Die Personalie

war im Vorfeld umstritten, letztlich stimmten fünf Abgeordnet­e für und vier gegen ihn. Gottschalk betonte, es gehe ihm um Aufklärung und die richtigen Konsequenz­en aus dem Bilanzbetr­ug. „Da werde ich mich einsetzen und den Beweis antreten, dass die AfD auch Arbeit kann.“Es gehe darum, das Vertrauen der Menschen in den Finanzplat­z Deutschlan­d zurückzuge­winnen.

Der insolvente Dax-Konzern hatte im Sommer Luftbuchun­gen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die

Kay Gottschalk

Firma saß als Dienstleis­ter für bargeldlos­e Zahlungen an Ladenkasse­n und im Internet an der Schnittste­lle zwischen Händlern und Kreditkart­enfirmen. Nach bisherigem Stand der Ermittlung­en machte Wirecard jahrelang Verluste. Die Münchner Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass das Unternehme­n seit 2015

Scheingewi­nne auswies. Mehr als drei Milliarden Euro könnten verloren sein.

Im Rahmen des Wirecard-Skandals stehen auch die Finanzaufs­icht Bafin und eine Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t in der Kritik, denen der Betrug nicht auffiel. Der Ausschuss wolle aufdecken, ob Wirecard geschont oder sogar geschützt wurde, sagte der FDP-Abgeordnet­e Florian Toncar. Am Donnerstag fasste der Ausschuss bereits 137 Beschlüsse, forderte damit Dokumente an und benannte erste Zeugen zu den politische­n Zusammenhä­ngen.

Die Abgeordnet­en wollen nicht nur Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und einige seiner engen Mitarbeite­r befragen, sondern auch Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) und sogar die Bundeskanz­lerin, die sich während einer Chinareise für Wirecard ins Zeug gelegt hatte, als es bereits Zweifel an dem Unternehme­n gab. Auf der Zeugen-Liste stehen neben der Führung der Finanzaufs­icht Bafin und dem inhaftiert­en Ex-Wirecard-Chef Markus Braun auch der frühere Verteidigu­ngsministe­r Karl Theodor zu Guttenberg und Bayerns Ministerpr­äsident

„Da werde ich mich einsetzen und den Beweis antreten, dass die AfD

auch Arbeit kann.“

Ausschuss-Vorsitzend­er

Markus Söder.

Am Ende müsse Klarheit stehen, warum der Betrug nicht früher er- kannt wurde, sagte Toncar. „Und auch eine klare Zuordnung, wer hätte handeln können, wenn nicht sogar müssen.“Daraus müssten dann auch Schlussfol­gerungen etwa in Form von Gesetzesän­derungen gezogen werden.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Die Personalie Kay Gottschalk (AfD) als Chef des Untersuchu­ngs-Ausschusse­s war im Vorfeld umstritten.

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