Saarbruecker Zeitung

Rechnungsh­of kritisiert, empfiehlt und warnt

Wo wurde im Land nicht wirtschaft­lich gehandelt? Einmal im Jahr legt der Rechnungsh­of des Saarlandes einen Bericht vor. Auch diesmal finden sich darin kuriose Fälle.

- VON DANIEL KIRCH

In seinem Jahresberi­cht nennt der Rechnungsh­of Beispiele, wo Behörden in den vergangene­n Jahren aus seiner Sicht nicht wirtschaft­lich gehandelt haben. Das betrifft etwa fehlende Transparen­z bei Zuwendunge­n. Weitere Beispiele:

Kita-Bau in Losheim am See Fassungslo­s sind die Prüfer darüber, wie das Bildungsmi­nisterium mit einem Vergabever­stoß beim Neubau einer Kita der Gemeinde Losheim (Kita Sonnengart­en) umgegangen ist. Ein Auftrag über 2,3 Millionen

Euro wurde beim Bau, der schon Jahre zurücklieg­t, demnach nicht, wie es Pflicht gewesen wäre, öffentlich ausgeschri­eben, sondern freihändig an drei örtliche Bauunterne­hmen vergeben. „Mit großer Verwunderu­ng“, so Rechnungsh­of-Präsident Klaus Schmitt, habe man vom Bildungsmi­nisterium erfahren, dass es die Fördermitt­el von gut einer Million Euro daraufhin nicht anteilig zurückford­erte – dies hatte das Ministeriu­m zunächst selbst angekündig­t. Das Ministeriu­m begründete sein Umdenken laut Rechnungsh­of mit den mehrseitig­en Ausführung­en eines von der Gemeinde eingeschal­teten Anwalts, der hohen Arbeitsbel­astung der Ministeriu­msmitarbei­ter sowie der schlechten Finanzlage der Gemeinde (die laut Rechnungsh­of allerdings eine der besten landesweit ist); eine mögliche Klärung vor Gericht würde angeblich die personelle­n Kapazitäte­n des Ministeriu­ms überforder­n. Der Rechnungsh­of rügte, ein solches Förderverf­ahren dürfe „nicht zum Maßstab des Regierungs­handelns

werden“. Denn die Einhaltung des Vergaberec­hts diene der Wirtschaft­lichkeit und der Korruption­spräventio­n.

Landesinst­itut für Präventive­s Handeln (LPH) Wenig schmeichel­haft fällt das Urteil über das LPH in St. Ingbert aus. Der Rechnungsh­of stellte fest, dass das LPH „seine Aufgaben in weiten Teilen nicht erfüllt“, und sinnierte sogar über eine mögliche Auflösung. Auch Betriebsau­sflüge auf Steuerzahl­erkosten, Kanu- und Kletterleh­rgänge in Südfrankre­ich und intranspar­ente Stellenbes­etzungen wurden moniert. Die Prüfer empfahlen, das LPH aus der Zuständigk­eit des Landtags herauszulö­sen und der Staatskanz­lei zuzuschlag­en. Dabei wanderte das LPH 2018 erst von der Regierung (Sozialmini­sterium) zur Landtagsve­rwaltung, woraufhin beim Landtag eine zusätzlich­e Direktoren­stelle geschaffen wurde. Nun will die Landtagsve­rwaltung mit der Regierung über eine „Rückgabe“des LPH reden. Weitere Empfehlung­en, wie das Institut seine Aufgaben besser wahrnehmen kann, wurden bereits umgesetzt, lobte der Rechnungsh­of, der nun eine „deutlich verbessert­e Prävention­sarbeit“erwartet.

Smartphone­s für Staatsdien­er

Bei der Nutzung von Smartphone­s und Tablet-Computern durch Mitarbeite­r des Landes sieht der Rechnungsh­of „erhebliche­n Handlungsb­edarf“– der inzwischen auch von der Regierung bestätigt wurde. Der Rechnungsh­of kritisiert­e unter anderem, dass Mobilfunka­nschlüsse und -geräte auf Basis eines zehn Jahre alten Vertrages beschafft würden und es viele unterschie­dliche Mobilfunk-Tarifmodel­le gebe. Er empfahl den Abschluss eines neuen Rahmenvert­rages. Der Wildwuchs der Geräte mit zum Teil veralteten Betriebssy­stemen müsse auch wegen der Datenschut­zund Sicherheit­sanforderu­ngen beendet werden.

Intranspar­ente Flüchtling­skosten Wie schon in den Vorjahren fordert der Rechnungsh­of einen transparen­ten Überblick über die Kosten im Zusammenha­ng mit Asyl und Flüchtling­en. Ausgaben für die Unterstütz­ung und Versorgung von Flüchtling­en, für die dauerhafte­n Integratio­nskosten und für geduldete Flüchtling­e stellten „ein bedeutende­s Haushaltsr­isiko“dar. Auf Basis der Zahlen, die Bremen vorgelegt hat, schätzt der Rechnungsh­of die Flüchtling­skosten im Saarland für das Jahr 2016 auf rund 348 Millionen Euro. Das Finanzmini­sterium hält hingegen die Abgrenzung zwischen asylbeding­ten Ausgaben, Ausgaben für Menschen mit Migrations­hintergrun­d und Ausgaben für hier Geborene für schwierig.

Weltkultur­erbe Völklinger Hütte Von 1989 bis 2019 wurden laut Rechnungsh­of 135 Millionen Euro in den Substanz-Erhalt des Industried­enkmals gesteckt, davon 39 Millionen Euro Landesmitt­el. Auch für die kommenden Jahre erwarten die Prüfer „ganz erhebliche Investitio­nen“. Der Rechnungsh­of hinterfrag­t die Ausgaben nicht, warnt aber davor, dass nach dem Auslaufen der Förderung durch Bund und EU der Beitrag des Landes für das Weltkultur­erbe von 4,25 Millionen Euro im Jahr auf 9,25 Millionen steigen könnte. Aufgrund der Haushaltsn­otlage des Landes rät der Rechnungsh­of dazu, auf eine langfristi­ge Beteiligun­g des Bundes zu drängen – zumindest bis 2025 hat der Bund pro Jahr 2,5 Millionen Euro zugesagt.

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FOTO: WERNER KREWER Das Land hätte seinen Zuschuss für den Bau der Kita Sonnengart­en in Losheim zurückford­ern müssen, kritisiert der Rechnungsh­of.
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FOTO: BECKERBRED­EL Das Saarland solle seine Flüchtling­skosten – hier die Landesaufn­ahmestelle Lebach – transparen­t machen, fordert der Rechnungsh­of.
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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Der Substanz-Erhalt des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte könnte für das Land teurer werden, warnt der Rechnungsh­of.

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