Saarbruecker Zeitung

Die Schönheits­geheimniss­e von Sisi

Von den vielen Legenden, die Kaiserin Elisabeth von Österreich umranken, konnten einige widerlegt werden.

- VON KATHARINA ROLSHAUSEN

So jung und so schön: Als der österreich­ische Kaiser Franz Joseph I. im Sommer 1853 anlässlich seines 23. Geburtstag­s in Ischl im Salzkammer­gut weilte, verliebte er sich in seine 15-jährige Cousine Elisabeth Amalie Eugenie, Herzogin in Bayern. Acht Monate später wurden die beiden getraut und aus der „Liesl aus Possenhofe­n“wurde eine Kaiserin, um die sich bis heute viele Mythen ranken. Manche sind in der Sissi-Trilogie begründet, jenen drei Filmen mit Romy Schneider in der Hauptrolle, die seit 1955 Menschen in aller Welt begeistern. Doch die Mischung aus Heimatfilm, Melodram und Märchen hat nur vage mit dem wahren Leben von Sisi, so die richtige Schreibwei­se ihres Kosenamens, zu tun.

Viele Legenden drehen sich um den Schönheits­kult von Elisabeth. Sie soll magersücht­ig gewesen sein sowie Ochsenblut getrunken und ihre Leibfriseu­se geschlagen haben, wenn nach dem Auskämmen in der Bürste ein royales Haar zu sehen war. „Das alles ist nicht historisch belegt“, sagt Michael Wohlfart, einer der führenden Sisi-Experten Österreich­s. Seit über 30 Jahren beschäftig­t er sich mit der weltberühm­ten Kaiserin. Unter anderem ist er Kurator der Ausstellun­gen im Sisi-Museum und im Schloss Schönbrunn, der Sommerresi­denz der Habsburger, in Wien.

Die berühmte Regentin habe ihre Schönheit vor allem ihrer guten Genetik zu verdanken: „Sie und ihre sieben Geschwiste­r waren alle groß, schlank und attraktiv.“Erst im Laufe der Zeit sei sich die Kaiserin ihrer Ausstrahlu­ng bewusst geworden und habe die auch eingesetzt, vor allem bei ihrem Gemahl. Fest steht auch, dass viele Zeitgenoss­en von der Anmut, der Ausstrahlu­ng und der geheimnisv­ollen Aura Elisabeths schwärmten.

Dass ihre Schönheits­pflege aufwendig war, bestreitet Michael Wohlfart nicht: „Sisi hatte volles Haar, das bis zum Boden reichte. Es wurde alle drei Wochen mit einer Mischung aus Eigelb und Cognac gewaschen sowie mit Nussschale­n-Extrakt gespült. Die Prozedur inklusive der Zeit zum Trocknen dauerte einen ganzen Tag.“Zur Legende von der Bürstenkon­trolle sagt er: „Dass die Friseurin die ausgekämmt­en Haare der Kaiserin an einem Gummiband, das an der Unterseite ihrer Schürze angebracht war, anklebte, hatte rein praktische Gründe und sollte nicht dazu dienen, diese heimlich verschwind­en zu lassen.“Das Flechten und Frisieren für feierliche Anlässen konnte bis zu zwei Stunden in Anspruch nehmen. Von täglichen mehrstündi­gen Torturen, wie manchmal zu lesen ist, könne hingegen keine Rede sein.

Parfum trug Sisi nur auf ihren Haaren, auf Make-up verzichtet­e sie völlig. Für die Pflege ihrer Haut hatte sie zwei Produkte, für die die Rezepte

überliefer­t sind. „Die Cremé Celeste enthielt viele Nährstoffe und sorgte für einen zartseidig­en Glanz. Hingegen hatte die Coldcream einen straffende­n Effekt und wirkte Rötungen entgegen“, erzäht Wohlfart. Für heutige Zwecke seien die Rezepturen aber nicht nutzbar, weil einige der Zutaten, zum Beispiel Walrat, eine fett- und wachshalti­ge Substanz aus dem Kopf von Pottwalen, nicht mehr genutzt werden. Das gilt auch

für Gesichtsma­sken aus rohem Kalbfleisc­h, die Sisi angeblich nachts aufgelegt haben soll. Erdbeerpür­ee, das ebenso zu Elisabeths Schönheits­geheimniss­en zählt, gilt aufgrund der enthaltene­n Fruchtsäur­en nach wie vor als verjüngend­es Hausmittel.

Viele Gemälde zeugen von der Attraktivi­tät der österreich­ischen Kaiserin, die ab 1867 zudem Königin von Ungarn war. Dass sich das Bild der schönen jungen Monarchin eingeprägt hat, liegt auch daran, dass es nur Fotos von Elisabeth vor ihrem 30. Geburtstag gibt. War Eitelkeit der Grund dafür? Nein, wohl eher Aberglaube­n, wie Michael Wohlfart erklärt: „Sie meinte, dass ihr jedes Mal ein Unglück passiert, wenn sie sich fotografie­ren ließ.“

Alle Abbildunge­n zeigen eine schlanke Frau mit sehr schmaler Taille und beeindruck­ender Haarpracht, was für den Experten der Beweis dafür ist, dass die Regentin nicht magersücht­ig war. Für ihre Figur habe sie unter anderem diätisches Turnen betrieben, das zu dieser Zeit in Mode war. Deshalb standen auch Fleischsäf­te auf dem Speiseplan, die aus rohem Kalbfleisc­h erzeugt und anschließe­nd abgekocht wurden. Ochsenblut habe Kaiserin Elisabeth hingegen nicht getrunken.

 ?? FOTO: BERNHAUT/DPA ?? Das berühmte Ölgemälde von Franz Xaver Winterhalt­er entstand 1865. Es zeigt Kaiserin Elisabeth von Österreich in einem schulterfr­eien weißen Kleid und mit Brillantst­ernen im aufwendig geflochten­en Haar.
FOTO: BERNHAUT/DPA Das berühmte Ölgemälde von Franz Xaver Winterhalt­er entstand 1865. Es zeigt Kaiserin Elisabeth von Österreich in einem schulterfr­eien weißen Kleid und mit Brillantst­ernen im aufwendig geflochten­en Haar.

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