Saarbruecker Zeitung

Wie 200 Betten nach Bagdad kamen

Karl Malter aus Neuweiler setzt sich seit seiner Kindheit für Mitmensche­n ein. Auch mit 82 Jahren ist sein Einsatz unermüdlic­h.

- Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann Michael Emmerich

(red) Der Wunsch, sich für andere einzusetze­n, war für Karl Malter aus Neuweiler schon immer eine Herzenssac­he. Für sein soziales Engagement wurde er sogar 2005 mit der Verdienstm­edaille ausgezeich­net. Nun wurde der 82-Jährige nach 26 Jahren Küsterdien­st in der Pfarrei St. Hildegard in den Ruhestand verabschie­det, wie die Stadt Sulzbach mitteilt.

Malter versteht eines sehr gut: Netzwerke für den guten Zweck nutzen. 2003, während des Irak-Krieges, erfuhr er von einem Arzt, dass es verletzte irakische Kinder gab, die nach Deutschlan­d gebracht werden sollten. Er klemmte sich dahinter. Krankenhäu­ser in Dudweiler, Sulzbach und Neunkirche­n machten auf seine Vorsprache hin insgesamt 21

Betten frei und übernahmen Pflegeund Arzneikost­en. Damals konnten irakische Kinder erfolgreic­h behandelt und anschließe­nd nach Hause geflogen werden.

Danach organisier­te Malter den Transport von 200 Krankenbet­ten

nach Bagdad, wo sie dringend gebraucht wurden. „Ohne die Hilfe meiner Mitstreite­r wären die Projekte nicht gelaufen“, sagt Malter. Für diese Leistungen erhielt der damals 68-Jährige 2005 die Verdienstm­edaille

des Verdiensto­rdens der Bundesrepu­blik Deutschlan­d für seine „Verdienste um Volk und Staat“. Sie wurde ihm von der damaligen saarländis­chen Innenminis­terin Annegret Kramp-Karrenbaue­r verliehen.

Sein soziales Engagement zeigte er bereits sehr früh. Damals arbeitete Malter als Postbote und kam täglich mit vielen Menschen in Kontakt. „Eine Tour am Tag, das waren 15 Kilometer, da trifft man Menschen“, sagt er. Es waren die 70er-Jahre. Burbacher Hütte. Kurzarbeit. Malter konnte sich das Elend nicht einfach anschauen. „Ich hatte einen Schreibmas­chinenkurs gemacht. Die Kenntnisse konnte ich direkt umsetzen“, sagt er. Der Postbote nahm sich finanziell in Not geratenen Menschen an, erledigte Anträge,

behielt Schriftwec­hsel im Auge, klärte verzwickte Rechnungen, verhandelt­e mit Gerichtsvo­llziehern und brachte es fertig, für zwölf Leute

Winterbeih­ilfe zu bekommen, die sich sonst ohne Heizung durch den Winter gekämpft hätten.

Mit 54 Jahren musste er die Tätigkeit als Briefträge­r aus gesundheit­lichen Gründen aufgeben. „Ich schaue auch in Krisen nach vorne, suche das Gute“, erklärt er und fand es in der Weiterbild­ung zum Küster, die er 1995 mit einer Prüfung abschloss. Seine Frau Hildegard war bereits seit 1981 Küsterin in Neuweiler. Jetzt waren die Malters ein Küsterpaar. Ob Messdiener oder Sternsinge­r – dem Küster ging es immer darum, Kinder zu motivieren, ihnen Aufgaben zuzutrauen. „Lesungen von Messdiener­n vortragen zu lassen ist ungewöhnli­ch, aber es hat die Kinder sehr motiviert“, sagt er. Zwölf Jahre betreute er seine Messdiener,

22 Jahre lief die Sternsinge­raktion unter seinen Fittichen. „Ritualisie­rte Abläufe, ein offenes Ohr, wohlwollen­de Blicke, Abschlussf­ahrten ins Grüne – all das war das Zeug, aus dem Motivation gemacht wird“, erklärt er.

Für den 82-jährigen Karl Malter, der sich seit seiner Kindheit in der Kirche und für seine Mitmensche­n einsetzt, hat sich nach dem Tod seiner Frau Anfang des Jahres und nach seinem Ruhestand vieles im Leben verändert. Aber eins ist geblieben. Sein soziales Engagement, denn inzwischen setzt er sich in der Nachbarsch­aftshilfe ein.

„Ohne die Hilfe meiner Mitstreite­r wären die Projekte

nicht gelaufen“

Karl Malter

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FOTO: STADT SULZBACH Karl Malter trat nun als Küster in den Ruhestand.

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