Saarbruecker Zeitung

Die schwindend­e Liebe zur Monarchie

Die Proteste gegen die thailändis­chen Royals werden immer kreativer. Vor allem die Jugend begehrt dagegen auf – auch mit Hilfe von Harry Potter.

- VON CAROLA FRENTZEN

(dpa) Die Jugend in Thailand ist wütend. Ihr Land – bislang ein Touristen-Traumziel – ächzt unter den strengen Beschränku­ngen durch die Corona-Pandemie. Viele fürchten um ihre Existenz. Der König aber weilt in der Krise fern der Heimat. Maha Vajiralong­korn, oder Rama X., lebt schon seit einiger Zeit in Bayern ein Luxusleben. Der 68-Jährige besitzt eine Villa am Starnberge­r See, wohnt aber seit Monaten samt Entourage in einem Hotel in Garmisch-Partenkirc­hen.

Der Ärger speziell unter den thailändis­chen Studenten ist so groß, dass sie offen ein uraltes Tabu brechen. Immer wieder gehen sie auf die Straße und fordern eine Reform der Monarchie. Die jungen Aktivisten verlangen dabei nicht die Abdankung des Regenten, sondern schlicht mehr Demokratie und das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung. Bislang riskiert man in Thailand 15 Jahre Haft für die Beleidigun­g des Königs oder seines Hofes.

Die Protestbew­egung ist jung, modern und kreativ – und ein krasser Widerspruc­h zu den starren Regeln, die im heutigen Thailand überholt wirken. So hat sich der Dreifinger­gruß der Rebellen aus der Science-Fiction-Filmreihe „Die Tribute

von Panem“längst zum Symbol des Widerstand­s entwickelt. Und im August wurde gar Harry Potter für eine Kundgebung herangezog­en. König Vajiralong­korn war plötzlich „Er, dessen Name nicht genannt werden darf“, in Anlehnung an Lord Voldemort, den Bösewicht aus der Saga von J.K. Rowling.

„Der Stil der Demonstrat­ionen ist neu, so etwas hat es vorher noch nicht gegeben“, sagt Kevin Hewison, emeritiert­er Professor für Asien-Studien an der Universitä­t von Chapel Hill in North Carolina. „Das spiegelt wider, dass hier eine neue Generation am Start ist, um eine bessere Politik zu fordern.“

Kevin Hewison

Der Menschenre­chtsaktivi­st Anon Nampa, eines der bekanntest­en Gesichter der Bewegung, betonte bei der Demo vor Tausenden Aktivisten: „Wir haben das Thema seit vielen Jahren unter den Teppich gekehrt!“Viele hätten aber heute Fragen bezüglich der Befugnisse der Monarchie. Es gehe nicht darum, diese abzuschaff­en, sondern darum, ihr nicht immer mehr Macht einzuräume­n. Aber das Vorhaben dürfte schwierig werden, wird Rama X. doch von der amtierende­n Militärreg­ierung unterstütz­t. Zudem hat die Monarchie auch weiterhin eine große Anhängersc­haft.

„Die Thai-Bevölkerun­g ist diesbezügl­ich gespalten“, meint auch Paul Chambers, Militärexp­erte und Dozent an der Naresuan-Universitä­t im Norden des Landes. Immer noch profitiert Vajiralong­korn von der Beliebthei­t seines Vaters, der als König zugleich sein Vorgänger war. Doch der Kontrast zwischen den beiden ist groß. Das gilt auch für das Privatlebe­n

des Monarchen, der als Playboy gilt. Im vergangene­n Jahr hatte er seine Geliebte überrasche­nd zur offizielle­n Zweitfrau gemacht. Im Herbst zerbrach das Idyll jäh, die amtliche Konkubine verschwand von der Bildfläche, soll gar im Gefängnis gelandet sein.

Bei den Protesten geht es auch um mehr Transparen­z bezüglich der Finanzen. 2018 hatte der König die direkte Kontrolle über die royalen Besitztüme­r übernommen. Bis dahin war das Vermögen von der königliche­n Finanzverw­altung betreut worden, dem Crown Property Bureau. Der Lebemann Vajiralong­korn gilt mit einem geschätzte­n Vermögen von bis zu 60 Milliarden Euro ohnehin als reichster Monarch der Welt.

Dass die Kundgebung­en gegen die Regierung und den Monarchen abflauen werden, scheint unwahrsche­inlich. Im Gegenteil. Im September war es der Bewegung bei einem Massenprot­est in Bangkok gelungen, der Polizei einen Brief an den König mit zehn Vorschläge­n für eine Reform der Monarchie zu übergeben.

Auch hatten Aktivisten auf dem riesigen Platz Sanam Luang unweit des alten Königspala­stes eine Messingtaf­el einzementi­ert. Die Inschrift: „Dieses Land gehört dem Volk und nicht dem Monarchen.“Aber nur einen Tag später war die Plakette verschwund­en. Die Behörden hatten sie entfernt und beschlagna­hmt. Die Studentenb­ewegung ließ das unbeeindru­ckt. Einer lud eine Replica im Internet hoch. Die Folge: Die Demokratie-Plakette ist jetzt überall präsent und ziert T-Shirts, Smartphone­hüllen und Schlüssela­nhänger.

„Der Stil der Demonstrat­ionen ist neu, so etwas hat es

vorher noch nicht gegeben.“

Emeritiert­er Professor für Asien-Studien

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FOTO: SUBPRASOM/SOPA IMAGES Thailands König Maha Vajiralong­korn lebt fernab der Heimat – in Garmisch-Partenkirc­hen.

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