Saarbruecker Zeitung

Digitalisi­erung in den Schulen stockt

Für vorbereite­nde BauMaßnahm­en an den Gebäuden und den Netzwerk-Leitungen fehlt das Personal, klagen die Schulträge­r.

- VON DANIEL KIRCH

Die Gelder des Digitalpak­ts des Bundes kommen nur schleppend in den Schulen im Saarland an. Für vorbereite­nde Bau-Maßnahmen an den Gebäuden und den Netzwerk-Leitungen fehle derzeit das Personal, klagen die Schulträge­r.

Vor einem Jahr sollte an den Schulen die Zukunft beginnen: Digitale Tafeln, Beamer, Netzwerkle­itungen, WLAN, Laptops und Tablets – alles können die Schulträge­r seit 2019 kaufen, dem „Digitalpak­t Schule“sei Dank. Für das Saarland stehen dafür 60 Millionen Euro Bundesmitt­el bereit. Ein Jahr später waren davon gerade einmal zwei Millionen Euro ausbezahlt, erst fünf Schulen bekamen bis Juni eine Zusage, wie die Bundesregi­erung auf eine Antwort des FDP-Abgeordnet­en Oliver Luksic bekanntgab. „Ernüchtern­d“sei das, sagt Luksic, „eine katastroph­ale Bilanz“. Die Bereitstel­lung von IT-Infrastruk­tur sei im Saarland verschlafe­n worden.

In anderen Bundesländ­ern sieht es nicht viel besser aus. Die zuständige Bundesmini­sterin Anja Karliczek (CDU) appelliert­e schon mehrfach an die Länder, endlich zu Potte zu kommen. Doch das scheint leichter gesagt als getan – jedenfalls, wenn man denen zuhört, die bei den Schulträge­rn – also den Städten, Gemeinden und Landkreise­n – den „Digitalpak­t Schule“umsetzen müssen.

„Bevor die Digitaltec­hnik beschafft werden kann, sind in vielen Schulen fundamenta­le Arbeiten an der Gebäude-Infrastruk­tur wie Elektrolei­tungen und Verteiler notwendig“, sagt der Neunkirche­r Oberbürger­meister und Vizepräsid­ent des Saarländis­chen Städteund Gemeindeta­ges, Jörg Aumann (SPD). Diese Vorarbeite­n könnten nicht aus dem Topf des „Digitalpak­tes“finanziert werden und zögen einen ganzen Rattenschw­anz an weiteren Aufgaben nach sich, etwa Brandschut­z-Gutachten aufgrund der Neuverkabe­lung. Die schwierige Finanzlage habe die Kommunen immer wieder dazu gezwungen, Investitio­nen aufzuschie­ben. Und die dünne Personalde­cke – ebenfalls ein

Resultat des jahrelange­n Sparkurses, erschwere es, die ganzen Vorleistun­gen zum „Digitalpak­t“zügig abzuarbeit­en, so Aumann.

Auch die Landkreise berichten von aufwendige­n baulichen Planungen. Auch sei das Antragsver­fahren komplizier­t. Der Bund verlange eine detaillier­te Aufsplittu­ng und Vorberechn­ung der zu genehmigen­den Kosten. Obwohl etwa Netzwerkve­rteiler, Netzwerkka­bel, Kabelkanäl­e und Anschlussd­osen bei der Verkabelun­g technisch eine Einheit bildeten, müssten sie in den Antragsfor­mularen in Einzelsumm­en aufgeteilt werden. Die FDP fordert eine „radikale Entbürokra­tisierung“des Digitalpak­ts.

Es gibt aber auch noch andere Gründe für die Verzögerun­gen, und die liegen an den Schulen selbst. Eine Schule, die in den Genuss der Förderung kommen will, muss in einem Medienkonz­ept darlegen, wie sie die digitale Technik pädagogisc­h sinnvoll einsetzen will. Die Medienkonz­epte selbst müssen zwar nicht direkt mit dem Antrag eingereich­t werden, zur Kalkulatio­n der Antragssum­me jedoch mit den Schulträge­rn abgesproch­en werden. „Diese Absprachen erfordern entspreche­nd Zeit“, heißt es beim Landkreist­ag. „An nicht wenigen Schulen waren die interne Absprache und Meinungsbi­ldung

innerhalb der Schule zum Digitalpak­t noch nicht begonnen bzw. noch nicht abgeschlos­sen“, berichtet der Landkreist­ag. Oder es lägen noch keine Medienkonz­epte vor. Einige Medienkonz­epte müssten zudem nachgebess­ert werden.

Auch hat die Corona-Pandemie so manche Planung durcheinan­dergebrach­t. Ihr verdankt der Digitalpak­t eine Ergänzung: Das „Sofortauss­tattungspr­ogramm“soll sicherstel­len, dass bedürftige Schüler möglichst kurzfristi­g mit Endgeräten ausgestatt­et werden. Im Saarland haben die Schulträge­r bereits 12 000 von 24 000 Geräten beschafft, zudem hält das Bildungsmi­nisterium eine Notfallres­erve von 1000 Geräten vor. Damit die Geräte schnell verfügbar sind, können Schulträge­r sie beschaffen und die Verwendung­snachweise

erst später vorlegen. „Aus diesem Grund sind für das Saarland bisher keine Auszahlung­en im Rahmen des Sofortauss­tattungspr­ogramms verbucht“, erläutert das Ministeriu­m.

Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) beziffert die Investitio­nen in die digitale Bildung fürs Saarland bis 2024 auf 123 Millionen Euro. Gemeinsam mit den „Schulträge­rn arbeiten wir mit Hochdruck daran, diese Investitio­nen jetzt umzusetzen. Das ist ein Mammutproj­ekt, das allen Beteiligte­n viel abverlangt und bei dem alle an einem Strang ziehen müssen, damit es gelingt.“

„Bevor die Digitaltec­hnik beschafft werden kann, sind in vielen Schulen fundamenta­le Arbeiten an der GebäudeInf­rastruktur notwendig.“

Jörg Aumann (SPD) Neunkirche­r Oberbürger­meister

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FOTO: DPA Damit Schüler in einem Klassenrau­m an Computern arbeiten können, gibt es für das Saarland 60 Millionen Euro aus dem Digitalpak­t. Doch bisher haben die Schulen erst zwei Millionen abgerufen.

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