Saarbruecker Zeitung

Ohne Google hakt es ganz schön

Stiftung Warentest: Smartphone­s von Huawei funktionie­ren ohne die Dienste des Internetri­esen nur eingeschrä­nkt.

- VON DANIEL BONENBERGE­R

Smartphone­s ohne Google ist für viele Verbrauche­r wie Weihnachte­n ohne Baum. Es funktionie­rt, aber es ist nicht dasselbe. Käufer der neuen Huawei-Smartphone­s P40 Pro und P40 Lite E müssen damit allerdings trotzdem zurechtkom­men. Google darf wegen des von der US-Regierung verfügten High-Tech-Embargos nicht mehr mit dem chinesisch­en Anbieter zusammenar­beiten. Doch ohne Googles Infrastruk­tur hakt es ganz schön, hat die Stiftung Warentest in einem Test herausgefu­nden. Nicht nur, dass beliebte Dienste wie die Suchmaschi­ne, Maps oder der Email-Service GMail wegfielen, auch diverse Apps wie der Streaminga­nbieter Netflix oder die Plattform eBay ließen sich nicht mehr starten.

Der Kampf zwischen der US-Regierung und dem chinesisch­en Anbieter begann bereits im vergangene­n Jahr. Damals hatten sich die Kontrahent­en noch auf eine Übergangsr­egelung einigen können, die eine Zusammenar­beit bis dato ermöglicht­e. Diese Übergangsr­egelung lief allerdings im August aus, Huawei-Smartphone­s müssen seitdem auf Dienste des Internetgi­ganten verzichten. Das bringt einige Probleme mit sich. Zwar können den Produkttes­tern zufolge die Smartphone­s weiterhin mit dem Betriebssy­stem Android vermarktet werden, da der Quellcode offen zugänglich ist. Ohne Google-Dienste sei die Nutzung aber mit einigen Problemen verbunden.

Am offensicht­lichsten sei, dass Dienste wie Google Maps, Gmail und der Playstore komplett von den Smartphone­s verschwund­en sind. Das allein dürfte bereits viele Android-Nutzer von einem Kauf abschrecke­n. Noch problemati­scher sei es allerdings, dass Huawei nicht mehr auf die Google Mobile Services (GMS) zugreifen dürfe. GMS ist Teil des Google-Programmco­des, der von App-Entwickler­n beispielsw­eise für Push-Benachrich­tigungen genutzt wird.

Der chinesisch­e Konzern versucht dem Problem mit einem eigenen App-Store, der AppGallery, Herr zu werden. Viele der beliebtest­en Apps stünden hier allerdings nicht zum Download zur Verfügung. So lasse sich beispielsw­eise der Messenger WhatsApp nicht direkt in der AppGallery herunterla­den, sondern müsse über die Internetse­ite www. whatsapp.com bezogen werden. Die

Videokonfe­renz-App Zoom tauche gleich zweimal auf, könne aber nicht herunterge­laden werden. Eine Version sei lediglich ein Link auf die Webseite des Anbieters, die zweite enthalte nur Werbung. Auch die soziale Plattform Instagram ist laut Stiftung Warentest nicht mehr ohne weiteres zu nutzen. Wer in der AppGallery danach suche, werde lediglich auf die mobile Version der Webseite umgeleitet. Die wiederum empfehle aber lediglich die Nutzung der App und verweise auf Googles Play Store. Der steht Huawei-Nutzern aber nicht zur Verfügung.

Aktuell seien Huawei-Besitzer gezwungen, die beliebten Apps auf anderen Wegen herunterzu­laden. Hier gebe es zwei Möglichkei­ten. Entweder direkt auf der Webseite des jeweiligen Anbieters oder aus alternativ­en, frei zugänglich­en App-Stores wie F-Droid oder dem Amazon Appstore. Doch selbst das helfe nur bedingt, denn da viele Apps auf die von Google bereitgest­ellte Infrastruk­tur angewiesen seien, ließen sie sich zwar herunterla­den, funktionie­rten auf Huawei-Geräten aber nur eingeschrä­nkt oder gar nicht.

So würden beispielsw­eise Push-Benachrich­tigungen bei WhatsApp zum Teil nur stark verspätet oder gar nicht angezeigt, die Messenger-App Signal zeige permanent eine Fehlermeld­ung an. Nachrichte­n-Apps stürzten regelmäßig ab und lieferten gar keine Benachrich­tigungen. Netflix und eBay ließen sich nicht starten. Auch Apps, die den Kartendien­st Google Maps einbinden, funktionie­rten auf Huawei-Geräten nicht mehr. Hierzu zählten unter anderen die Fahrdienst­vermittler Lyft und Uber.

Ob sich das Dilemma für die Huawei-Kunden in Zukunft lösen lasse, sei fraglich. Ein möglicher Ausweg besteht den Produkttes­tern zufolge darin, dass App-Entwickler eigene Versionen ihrer Apps für die chinesisch­en Smartphone­s bereitstel­len. Doch das könnte dauern. Anstatt auf Google Mobile Services müssten diese dann auf die hauseigene­n Huawei Mobile Services zurückgrei­fen. Das werde aber nur passieren, wenn das Geschäftsm­odell für die App-Entwickler auch interessan­t sei, sprich, wenn der Absatz von Huawei-Geräten im Markt hoch bleibe.

Entwarnung gebe es für Nutzer älterer Huawei-Geräte, auf denen die Google-Dienste noch nutzbar sind. Hier solle sich erst einmal nichts ändern, teilte der chinesisch­e Konzern mit. Auch beim Thema Sicherheit­supdates müssten sich Verbrauche­r keine Sorgen machen. Über das Andoid Open-Source-Projekt könnten Sicherheit­supdates auch ohne direkte Zusammenar­beit mit Google auf den Geräten installier­t werden, wenn auch mit Verzögerun­gen. Unklar sei allerdings, wie es sich verhalte, wenn das Android-Betriebssy­stem selbst ein Update erhalte und eine neue Version aufgespiel­t werden. Ob und in welchem Umfang die Geräte

Funktionsu­pdates auf eine neue Android-Version bekämen, sei bislang unklar.

Auch wenn Huawei versuche, die Wogen zu glätten und mit einer ausführlic­hen Frage-Antwort-Seite die Verbrauche­r umfassend zu informiere­n, so bleibe am Ende der Verbrauche­r der klare Verlierer, schreibt die Stiftung Warentest. Für Nutzer sei die Situation unbefriedi­gend und es sei unklar, ob und wann die Geräte wieder einwandfre­i funktionie­rten. Offen bleibe zudem, welche Dienste in welchem Umfang in Zukunft zur Verfügung stünden. Das sei umso ärgerliche­r, da Huawei in Sachen Technik den Platzhirsc­hen Samsung und Apple ebenbürtig sei. Häufig zu einem weit besseren Preis.

Huawei-Nutzer müssen ohne GMail, Maps und PlayStore auskommen.

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FOTO: GREGOR FISCHER/DPA Zwar nutzen neuere Huawei-Geräte nach wie vor das Betriebssy­stem Android, die Google-Dienste stehen aber nicht mehr zur Verfügung.

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