Ohne Google hakt es ganz schön
Stiftung Warentest: Smartphones von Huawei funktionieren ohne die Dienste des Internetriesen nur eingeschränkt.
Smartphones ohne Google ist für viele Verbraucher wie Weihnachten ohne Baum. Es funktioniert, aber es ist nicht dasselbe. Käufer der neuen Huawei-Smartphones P40 Pro und P40 Lite E müssen damit allerdings trotzdem zurechtkommen. Google darf wegen des von der US-Regierung verfügten High-Tech-Embargos nicht mehr mit dem chinesischen Anbieter zusammenarbeiten. Doch ohne Googles Infrastruktur hakt es ganz schön, hat die Stiftung Warentest in einem Test herausgefunden. Nicht nur, dass beliebte Dienste wie die Suchmaschine, Maps oder der Email-Service GMail wegfielen, auch diverse Apps wie der Streaminganbieter Netflix oder die Plattform eBay ließen sich nicht mehr starten.
Der Kampf zwischen der US-Regierung und dem chinesischen Anbieter begann bereits im vergangenen Jahr. Damals hatten sich die Kontrahenten noch auf eine Übergangsregelung einigen können, die eine Zusammenarbeit bis dato ermöglichte. Diese Übergangsregelung lief allerdings im August aus, Huawei-Smartphones müssen seitdem auf Dienste des Internetgiganten verzichten. Das bringt einige Probleme mit sich. Zwar können den Produkttestern zufolge die Smartphones weiterhin mit dem Betriebssystem Android vermarktet werden, da der Quellcode offen zugänglich ist. Ohne Google-Dienste sei die Nutzung aber mit einigen Problemen verbunden.
Am offensichtlichsten sei, dass Dienste wie Google Maps, Gmail und der Playstore komplett von den Smartphones verschwunden sind. Das allein dürfte bereits viele Android-Nutzer von einem Kauf abschrecken. Noch problematischer sei es allerdings, dass Huawei nicht mehr auf die Google Mobile Services (GMS) zugreifen dürfe. GMS ist Teil des Google-Programmcodes, der von App-Entwicklern beispielsweise für Push-Benachrichtigungen genutzt wird.
Der chinesische Konzern versucht dem Problem mit einem eigenen App-Store, der AppGallery, Herr zu werden. Viele der beliebtesten Apps stünden hier allerdings nicht zum Download zur Verfügung. So lasse sich beispielsweise der Messenger WhatsApp nicht direkt in der AppGallery herunterladen, sondern müsse über die Internetseite www. whatsapp.com bezogen werden. Die
Videokonferenz-App Zoom tauche gleich zweimal auf, könne aber nicht heruntergeladen werden. Eine Version sei lediglich ein Link auf die Webseite des Anbieters, die zweite enthalte nur Werbung. Auch die soziale Plattform Instagram ist laut Stiftung Warentest nicht mehr ohne weiteres zu nutzen. Wer in der AppGallery danach suche, werde lediglich auf die mobile Version der Webseite umgeleitet. Die wiederum empfehle aber lediglich die Nutzung der App und verweise auf Googles Play Store. Der steht Huawei-Nutzern aber nicht zur Verfügung.
Aktuell seien Huawei-Besitzer gezwungen, die beliebten Apps auf anderen Wegen herunterzuladen. Hier gebe es zwei Möglichkeiten. Entweder direkt auf der Webseite des jeweiligen Anbieters oder aus alternativen, frei zugänglichen App-Stores wie F-Droid oder dem Amazon Appstore. Doch selbst das helfe nur bedingt, denn da viele Apps auf die von Google bereitgestellte Infrastruktur angewiesen seien, ließen sie sich zwar herunterladen, funktionierten auf Huawei-Geräten aber nur eingeschränkt oder gar nicht.
So würden beispielsweise Push-Benachrichtigungen bei WhatsApp zum Teil nur stark verspätet oder gar nicht angezeigt, die Messenger-App Signal zeige permanent eine Fehlermeldung an. Nachrichten-Apps stürzten regelmäßig ab und lieferten gar keine Benachrichtigungen. Netflix und eBay ließen sich nicht starten. Auch Apps, die den Kartendienst Google Maps einbinden, funktionierten auf Huawei-Geräten nicht mehr. Hierzu zählten unter anderen die Fahrdienstvermittler Lyft und Uber.
Ob sich das Dilemma für die Huawei-Kunden in Zukunft lösen lasse, sei fraglich. Ein möglicher Ausweg besteht den Produkttestern zufolge darin, dass App-Entwickler eigene Versionen ihrer Apps für die chinesischen Smartphones bereitstellen. Doch das könnte dauern. Anstatt auf Google Mobile Services müssten diese dann auf die hauseigenen Huawei Mobile Services zurückgreifen. Das werde aber nur passieren, wenn das Geschäftsmodell für die App-Entwickler auch interessant sei, sprich, wenn der Absatz von Huawei-Geräten im Markt hoch bleibe.
Entwarnung gebe es für Nutzer älterer Huawei-Geräte, auf denen die Google-Dienste noch nutzbar sind. Hier solle sich erst einmal nichts ändern, teilte der chinesische Konzern mit. Auch beim Thema Sicherheitsupdates müssten sich Verbraucher keine Sorgen machen. Über das Andoid Open-Source-Projekt könnten Sicherheitsupdates auch ohne direkte Zusammenarbeit mit Google auf den Geräten installiert werden, wenn auch mit Verzögerungen. Unklar sei allerdings, wie es sich verhalte, wenn das Android-Betriebssystem selbst ein Update erhalte und eine neue Version aufgespielt werden. Ob und in welchem Umfang die Geräte
Funktionsupdates auf eine neue Android-Version bekämen, sei bislang unklar.
Auch wenn Huawei versuche, die Wogen zu glätten und mit einer ausführlichen Frage-Antwort-Seite die Verbraucher umfassend zu informieren, so bleibe am Ende der Verbraucher der klare Verlierer, schreibt die Stiftung Warentest. Für Nutzer sei die Situation unbefriedigend und es sei unklar, ob und wann die Geräte wieder einwandfrei funktionierten. Offen bleibe zudem, welche Dienste in welchem Umfang in Zukunft zur Verfügung stünden. Das sei umso ärgerlicher, da Huawei in Sachen Technik den Platzhirschen Samsung und Apple ebenbürtig sei. Häufig zu einem weit besseren Preis.
Huawei-Nutzer müssen ohne GMail, Maps und PlayStore auskommen.