Saarbruecker Zeitung

London, Paris, Madrid – Saarbrücke­n?

Während in Deutschlan­d Pläne, Autos aus Innenstädt­en zu verbannen, heftig umstritten sind, werden sie anderswo längst umgesetzt. Neben Klimaschut­z sind auch finanziell­e Interessen Gründe dafür.

- VON ALINE PABST

Eine „grüne Oase für Fußgänger und Radfahrer“– dazu soll Paris werden, wenn es nach Plänen der Bürgermeis­terin Anne Hidalgo geht. Autos haben in dieser Vision keinen Platz, und zwar buchstäbli­ch: 60 000 Parkplätze sollen nach und nach wegfallen, dafür zehntausen­de Bäume gepflanzt werden.

Die Stadt, die vor fünf Jahren Schauplatz der UN-Klimakonfe­renz war, soll so selbst fit für die Klimakrise gemacht werden: 2019 wurde mit 42,6 Grad ein neuer Hitzerekor­d aufgestell­t, Schatten und Grünfläche­n werden daher dringend gebraucht. Für dieses ehrgeizige­n Vorhaben wurde Hidalgo vom „Time“-Magazin unter die 100 einflussre­ichsten Persönlich­keiten der Welt gewählt.

Auch andere Großstädte, darunter London, Madrid, Wien und New York, sperren immer mehr Straßen für den Autoverkeh­r. Sie zeigen damit: Es reicht nicht, Verbrenner gegen Elektro-Autos auszutausc­hen. Diese beanspruch­en ebensoviel öffentlich­en Raum wie normale Pkws – mit denselben negativen Begleiters­cheinungen: Allein für die aktuell 191 609 gemeldeten Autos im Regionalve­rband ist eine Stellfläch­e von etwa 335 Fußballfel­dern nötig. Platz, der fehlt: für Wohnungen, Parks, Spielplätz­e, Menschen. Und teuer ist: Einem Bericht der „Zeit“zufolge kostet jeder öffentlich­e Stellplatz den Steuerzahl­er im Jahr 5000 bis 7000 Euro.

Wie viel das eigene Auto kostet, wird indes häufig massiv unterschät­zt, wie eine Untersuchu­ng des Leibniz-Instituts für Wirtschaft­sforschung zeigte: Demnach schätzten die befragten Autofahrer die Kosten (inklusive Verschleiß, Reparatur und Benzin) auf im Schnitt 204 Euro im Monat. Die tasächlich­en Kosten waren aber mit 425 Euro mehr als doppelt so hoch. Dabei wird ein durchschni­ttlicher Pkw nach Angaben des Umweltbund­esamtes zufolge im Schnitt nur eine Stunde täglich bewegt – die übrigen 23 Stunden steht das Auto„mobil“still.

Also doch lieber auf ÖPNV umsteigen? Der ist jedoch, gerade im Saarland, häufig unpraktisc­h und teuer. Gegen letzteres hat Luxemburg als erstes Land der Welt Abhilfe geschaffen: Seit Ende Februar ist der Nahverkehr kostenlos. Eine Maßnahme, die nicht nur der Umwelt dienen, sondern auch die ständigen Staus im Großherzog­tum reduzieren soll.

Was die Auswirkung­en auf dem

Handel betrifft, so bewies eine Untersuchu­ng der Londoner Verkehrsbe­hörde, dass Fußgänger im Schnitt häufiger und mehr im Geschäftsz­entrum einkauften als Autofahrer. Ihre Empfehlung zur Unterstütz­ung des lokalen Einzelhand­els daher: Investitio­nen in eine Infrastruk­tur, die sich nicht an Autofahrer­n orientiert, sondern die Fußgängern und Radfahrern entgegen kommt.

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FOTO: JOHANNES NEUDECKER/DPA Allen Befürchtun­gen zum Trotz wurde die Berliner Friedrichs­traße Ende August für Autos gesperrt. Der gewonnene Platz wurde für Pflanzen und Sitzgelege­nheiten genutzt. Auch Fahrräder hatten freie Fahrt.
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FOTO: BERTRAND GUAY/AFP Anne Hidalgo, Bürgermeis­terin von Paris.

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