Saarbruecker Zeitung

Vom Träumen neuer Träume

Rainer Wahlmann und seine Band „Green Wave“haben ihre letzte CD veröffentl­icht: „Stolen dreams in a nearby lost & found“.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Rainer Wahlmann schickt Dave auf das letzte Stück der Reise. Und er schlägt auch für sich das letzte Kapitel einer fantastisc­hen Geschichte auf. Dave ist obdachlos, lebt unter Brücken und kommt bei seinen Streifzüge­n durch die Stadt in einer kleinen Gasse an einem Fundbüro vorbei, in dessen Schaufenst­er seine gestohlene­n (oder auch nur verlorenen?) Träume zum Kauf angeboten werden. Dave betritt den Laden und versucht dem Händler zu erklären, dass er seine Träume wieder zurückhabe­n will. Er kann nicht beweisen, dass sie sein Eigentum sind – er kann sie auch nicht kaufen, da er vollkommen mittellos ist. Dave hat seine Träume also endgültig verloren.

„Alles hat seine Zeit“, sagt Rainer Wahlmann, „so auch Green Wave“. Green Wave ist die Band, die er 1975 als „letzte Rockband vor der Grenze“gegründet hat. Die Band, die seit 1985 in ihren Liedern von Dave erzählt. Daves Geschichte ist die Geschichte von einer Umweltkata­strophe, die „vom Machbarkei­tswahn“verursacht wurde. Die Geschichte eines „völkerwand­erungsähnl­ichen Flüchtling­sstroms von Nord nach

Süd“. Die Geschichte von Daves Begegnung mit seiner großen Liebe Sarah. Die Geschichte von einer Zeit „friedliche­r Koexistenz von Natur und Mensch“in einer Kommune in Nordspanie­n. Die Geschichte von Sarahs Tod und der Vertreibun­g der „Bunten“aus ihrem Paradies.

Auf drei CDs hat Green Wave diese Geschichte in den vergangene­n 35 Jahren immer ein Stück weiter entwickelt. Nun ist die vierte fertig. Die letzte CD der Band, wie Rainer Wahlmann sagt. „Dieses Album ist, ähnlich den wunderschö­nen Mandalas tibetanisc­her Mönche, in mühsamer Kleinarbei­t hergestell­t, um dann nach Fertigstel­lung verwischt zu werden und zu verwehen – Schönheit und Zeit kann man nicht festhalten – Loslassen ist die Übung“, erklärt der 72-Jährige. „Stolen dreams in a nearby lost & found“heißt die wundervoll­e CD. Das Cover der CD ist ein Gemälde von Roswitha Thonet. Die Graphikges­taltung und das CD-Design hat Harald Thoma übernommen.

Von der Bühne haben sich Green Wave bereits 2015 verabschie­det. Damals trat die Band zum letzten Mal live beim Saarbrücke­r Altstadtfe­st auf - in der Bestzung Sven Groß, Daniel Minnerath, Deddé

„Dieses Album ist, ähnlich den wunderschö­nen Mandalas tibetanisc­her Mönche, in mühsamer Kleinarbei­t hergestell­t, um dann nach Fertigstel­lung verwischt zu werden und zu verwehen – Schönheit und Zeit kann man nicht festhalten – Loslassen ist die Übung.“

Rainer Wahlmann Musiker

Schäfer, Rainer Wahlmann und Manuel Schwiercze­k. Zwischen 1975 und 2015 spielten ein Amerikaner, ein Pfälzer und mehr als 20 Saarländer in den verschiede­nen Green-Wave-Formatione­n, erinnert sich Rainer Wahlmann. Er selbst hat auch in anderen Bands gespielt, unter anderem in der legendären Foramtion „Dies irae“.

Und Green Wave wäre nicht Green Wave, wenn es zur Musik nicht noch eine Botschaft gäbe. Oder, wie Rainer Wahlmann sagt, „neudeutsch: eine Message“: Die lautet: „Lassen wir uns unsere Welt der Träume nicht von der angebliche­n Realtät auffressen!“Rainer Wahlmann und seine Grüne Welle lassen uns also nicht einfach alleine, sondern schicken uns zuversicht­lich mit unseren eigenen Geschichte­n weiter durchs Leben. Dave jedenfalls, steht am Ende vor dem Laden und spricht das aus, was Rainer Wahlmann ihm mit auf seine Reise gibt: „Ich brauche diese alten Träume nicht mehr. Ich werde neue träumen.“

 ?? FOTO: TINO FRANCUS ?? Die saarländis­che Band Green Wave 2015, im Jahr ihres letzten Live-Auftritts, von links: Deddé Schäfer, Rainer Wahlmann, Daniel Minnerath, Sven Groß und Manuel Schwiercze­k.
FOTO: TINO FRANCUS Die saarländis­che Band Green Wave 2015, im Jahr ihres letzten Live-Auftritts, von links: Deddé Schäfer, Rainer Wahlmann, Daniel Minnerath, Sven Groß und Manuel Schwiercze­k.

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