Märchenhafte Nachtspaziergänge im DFG
(kek) „Gibt‘s hier Glühwein? Nee? Schade.“- „Mama, wie funktioniert das denn?“- „Och nää. Wer hat denn jetzt die Taschenlampe angemacht?!“Man hört die Stimmen, die zugehörigen Leute jedoch sind im Dunkeln nur als Schemen wahrnehmbar. Vorsichtig tastet man sich über den nassen, ansteigenden Wiesenhang; bemüht, nicht auszurutschen und mit niemandem zu kollidieren. Ups. Gerade noch mal gut gegangen, fast wäre man in die tiefen Pfützen vorm Mosaikbecken geplatscht. Das unbeständige Herbstwetter ist nicht eben einladend: Am Freitagabend kurz nach 20 Uhr sind nur wenige Personen auf diesem Rasenfeld im Deutsch-Französischen Garten unterwegs, die meisten Gesichter unter Kapuzen verborgen.
Unbeliebt macht sich eine Gruppe, die alle anderen mit grellem Licht blendet. Das kommt nicht gut an, zumal es die Wirkung der Laternen kaputt macht, die bis einschließlich Sonntag einen Teil des abendfinsteren DFG in ein schwebendes Lichtermeer verwandelten. „Herbergen“nennt sich die märchenhafte Installation des Künstlers Günther J. Schaefer, die etwas anrührend Heimeliges hat: Insgesamt 90 Lichterhäuschen ragen auf übermannshohen Stelzenbeinen gen Himmel; so hoch, dass man drunter durch marschieren kann. Einzelne sind als Vorposten aus diesem Wimmelbild ausgegliedert, um den
Besuchern von der Metzer Straße her den Weg zur Südmulde zu weisen – wer einen anderen Eingang nimmt, dem kann‘s passieren, dass er auf der Suche nach der Südmulde länger im Finsteren umher irrt. Alle Leuchtobjekte unterscheiden sich in Form und Größe; auch farblich ist jedes ein bisschen anders, was sich je nach Blickwinkel nochmal ändert: Einige schimmern hell weiß, andere changieren ins Bläuliche, wieder andere leuchten gelb mit einem warmen Stich in Ockerund Erdtöne. Die Wände scheinen zart wie Pergament; man fürchtet, dass sie jeden Moment aufweichen und feucht von ihrem fragilen Gerippe blättern. Tatsächlich sind die Häute robuster als sie wirken, wacker trotzen sie dem wieder stärker einsetzenden Regen.
Ihr Schöpfer, der „Herbergsvater“Günther J. Schaefer, gestaltet unter dem Projekttitel „Lichtergang“Objekte und großflächige Licht- und Klanginstallationen mitten in der Landschaft. An dieser Kunst arbeitet Schaefer, Jahrgang 1971, seit seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Maastricht. Die meiste Zeit des Jahres lebt der Künstler in Schuld in der Eifel; in seinen Arbeiten sucht er die resonante Verbindung mit der Natur und deren Schönheit. „Magisches“und „Wahrhaftiges“möchte Schaefer erschaffen – dazu zählen auch Urnen aus Holz, zu denen ihn seine Beschäftigung mit dem Tod inspirierte.