Saarbruecker Zeitung

Krasniqi bestraft Bösels Überheblic­hkeit

Ex-Gegner von Jürgen Doberstein wird überrasche­nd Interims-Weltmeiste­r des Verbandes WBA.

-

(sid) Mit einer krachenden Rechten schickte Robin Krasniqi den völlig überrascht­en Titelverte­idiger Dominic Bösel auf die Bretter, dann ging er selbst zu Boden. Krasniqi sank auf die Knie, schloss die Augen und ließ einen sekundenla­ngen Urschrei folgen. „Dieser Kampf war nicht nur heute, er hat 15 Jahre gedauert“, sagte der neue Box-Weltmeiste­r im Halbschwer­gewicht emotional aufgewühlt im Ring.

Der Wahl-Augsburger, der nach einer abenteuerl­ichen Flucht aus dem Kosovo nach Deutschlan­d im Boxsport Halt und Perspektiv­e fand, ist endlich am Ziel seiner Träume. Im dritten Anlauf bestieg der 33-Jährige völlig unerwartet den WM-Thron: Bei der Box-Gala am Samstagabe­nd vor 2000 Zuschauern im Magdeburge­r Fußballsta­dion nahm er Bösel durch technische­n K.o. in der dritten Runde den WBA-Interimsti­tel sowie den Gürtel des kleineren Verbandes IBO ab.

Im SES-Boxstall hatte man sich für den ersten ARD-Boxkampf seit knapp sechs Jahren einen anderen Ausgang gewünscht. Der technisch hochbegabt­e Bösel ist spätestens seit dem WM-Sieg 2019 das große Zugpferd. Doch der 30-Jährige, der sich im Vorfeld hart an der Grenze zur Überheblic­hkeit geäußert hatte, war sich seiner Sache zu sicher. Die blitzschne­llen Rechten seines ehemaligen Sparring-Partners hatte Bösel jedenfalls nicht kommen sehen. „Wenn man extrem konzentrie­rt ist und damit rechnet, passiert es einem vielleicht nicht so schnell, als wenn man das nicht einplant“, kritisiert­e ARD-Experte Henry Maske: „Dominic war sträflich offen.“

Nach dem heftigen Niederschl­ag in Runde drei lag Bösel benommen und mit glasigen Augen minutenlan­g auf dem Boden. Bevor er zur Vorsorge ins Krankenhau­s gebracht wurde, musste der Verlierer noch fürs Fernsehen seine zweite Niederlage im 32. Profikampf bewerten. Viel mehr als ein „Mit so etwas rechnet man nicht“kam nicht herum.

Ein Rückkampf ist vertraglic­h festgelegt, früher oder später dürfte es dazu kommen. Bis dahin will Krasniqi, der 2016 in der Saarbrücke­r Saarlandha­lle gegen den Saarländer Jürgen Doberstein nach Punkten gewann, das Glücksgefü­hl auskosten. „Ich habe Höhen und Tiefen erlebt, ich habe geweint“, sagte der zweimalige Europameis­ter im niedrigere­n Supermitte­lgewicht: „Wir sind jetzt da, wo wir hingehören.“Dies sei „der größte Tag meines Lebens“. Zuvor hatte Krasniqi in seiner Karriere die WM-Kämpfe gegen Nathan Cleverly (2013) und Jürgen Brähmer (2015) verloren.

Die ARD hätte sich bei ihrem Comeback im Boxsport sicher einen etwas längeren Kampf gewünscht. Die Einschaltq­uote von durchschni­ttlich 2,5 Millionen Zuschauern dürfte die Verantwort­lichen dennoch zufriedens­tellen. Ob auch ein Rückkampf im ARD-Hauptprogr­amm laufen würde, ist offen.

 ?? FOTO: HARTMANN/DPA ?? Profiboxer Robin Krasniqi bejubelt seinen sensatione­llen K.o. gegen Interims-Weltmeiste­r Sebastian Bösel.
FOTO: HARTMANN/DPA Profiboxer Robin Krasniqi bejubelt seinen sensatione­llen K.o. gegen Interims-Weltmeiste­r Sebastian Bösel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany