Saarbruecker Zeitung

Corona setzt Bund und Länder unter Druck

Die Maßnahmen gegen die Pandemie sind umstritten. Ein Treffen der Ministerpr­äsidenten mit der Kanzlerin soll Klärung bringen.

- VON STEFAN VETTER

BERLIN Bund und Länder stehen bei ihren Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie heftig unter Druck. Mit großer Spannung wird deshalb das Treffen von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpr­äsidenten an diesem Mittwoch in Berlin erwartet. Kanzleramt­schef Helge Braun sprach gar von einer Debatte mit „historisch­er Dimension“.

Warum ist die Situation so angespannt?

Die stark gestiegene­n Infektions­zahlen sorgen zunehmend für Nervosität. Schon Ende September hatte Merkel gewarnt, dass es bis Weihnachte­n mehr als 19 000 neue Fälle pro Tag geben könnte. Sie begründete dies damit, dass sich die Zahlen in den letzten drei Monaten dreimal verdoppelt hätten. Bis Ende Oktober käme es so bereits zu 4800 Fällen am Tag. Tatsächlic­h liegen die Ansteckung­szahlen schon seit Anfang Oktober nahezu täglich klar über der 4000er-Marke, was sogar auf ein noch düstereres Szenario hindeutet. Am Dienstag wurden erstmals in allen 400 Städten und Landkreise­n innerhalb der letzten sieben Tage Corona-Fälle verzeichne­t. In 40 Regionen waren es jeweils mehr als 50 Neuinfekti­onen.

Was taugt das Kriterium von 50 Neuinfekti­onen

pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen?

Die Sieben-Tage-Frist, innerhalb der es zu maximal 50 Neuansteck­ungen pro 100 000 Einwohner kommen darf, wurde im Zuge der bundesweit­en Hotspot-Strategie festgelegt. Liegt die Zahl darüber, werden die Regionen zu Risikogebi­eten erklärt. Politik und Behörden müssen dann Gegenmaßna­hmen einleiten. Besonders in Großstädte­n ist der Wert derzeit überschrit­ten. Köln lag gestern bei 66 und Berlin bei rund 60 Fällen. Eine wissenscha­ftliche Grundlage für die 50er-Schwelle gibt es aber nicht. Entscheide­nd sind vielmehr administra­tive Gesichtspu­nkte: Bei höheren Zahlen sind die Gesundheit­sämter oft nicht mehr fähig, die Kontakte der Infizierte­n zurückzuve­rfolgen. Mancherort­s wird aber auch schon bei niedrigere­n Zahlen eingegriff­en, denn über eine Verschärfu­ng oder Lockerung von Maßnahmen entscheide­n die Länder weitgehend allein.

Was sind die häufigsten Gegenmaßna­hmen?

Abstand halten und Maske tragen gehören inzwischen fest zum Alltag. Doch schon die Ahndung von Verstößen wird unterschie­dlich gehandhabt. In den meisten Ländern ist ein Bußgeld von 50 Euro für Maskenverw­eigerer fällig. Bayern dagegen verlangt 250 Euro, das Saarland bis zu 100 Euro und Sachsen-Anhalt gar kein Geld. Auch die Auflagen für private Feiern sind vielfältig. In Baden-Württember­g dürfen bis zu 500 Menschen zusammenko­mmen, in Berlin dagegen nur zehn. Für den meisten Ärger sorgt jedoch das erst vor einer Woche beschlosse­ne Beherbergu­ngsverbot für Touristen aus inländisch­en Risikogebi­eten, dem man nur entgehen kann, wenn ein höchstens 48 Stunden alter negativer Corona-Test vorhanden ist.

Wird das Beherbergu­ngsverbot gekippt?

Das ist von dem Bund-Länder-Treffen in Berlin kaum zu erwarten. Denn Länder wie Bayern, Mecklenbur­g-Vorpommern oder Brandenbur­g machten gestern erneut ihr Festhalten am Beherbergu­ngsverbot deutlich. Unklar blieb, ob man hier wenigstens zu einem einheitlic­heren Vorgehen kommt. Das gilt auch für den schon etwas älteren Vorstoß Bayerns nach einem bundesweit einheitlic­hen Bußgeld von 250 Euro für Maskenverw­eigerer.

Am Dienstag wurden erstmals in allen 400 Städten und Landkreise­n innerhalb der letzten sieben Tage Corona-Fälle verzeichne­t.

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FOTO: SCHMIDT/DPA Kanzlerin Angela Merkel hatte schon Ende September vor stark steigenden Corona-Fallzahlen gewarnt.

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