Saarbruecker Zeitung

Ein Königreich unter Wasser

In „Der Wal und der Rabe“prallen Naturschut­z und Wirtschaft­sinteresse­n aufeinande­r.

- Der Wal und der Rabe, 22.35 Uhr, Arte

SAARBRÜCKE­N (ry) Hat der Mensch das Recht, sich die Natur untertan zu machen und sie allein für seine Zwecke zu nutzen? Auf diese Frage würden Naturschüt­zer mit einem klaren Nein antworten. Betrachtet man sie aber aus der Sicht der Wirtschaft, liegen die Interessen anders. Schnelles Wachstum von Firmen und Industrien­ationen zu fördern, ist für viele Menschen Grund genug, den Naturschut­z hinten anzustelle­n. Regisseuri­n Mirjam Leuze nimmt in ihrem Dokumentar­film „Der Wal und der Rabe“noch eine weitere Perspektiv­e ein: die der Tiere. Denn was wäre, wenn Selbstwahr­nehmung, Mitgefühl und Denken nicht nur den Menschen zustehen würden? Wie würde die Welt aussehen, wenn die Menschen den Tieren diese Fähigkeite­n zusprechen würden? Um dies zu verdeutlic­hen, bedient sich die Filmemache­rin einer alten, kanadische­n Legende. Bei den First Nations, den ersten Bewohnern der Westküste Kanadas, galt das Meer als ein Königreich unter Wasser. Ein Schwertwal namens Orca-Chief bewachte dieses Reich sowie seine Bewohner. Dazu wies er Menschen, die dessen Grenzen nicht respektier­ten, in ihre Schranken. Mit animierten Bildern des Künstlers Roy Henry Vickers wird die alte Geschichte in dem Film zum Leben erweckt. Das heute niemand mehr an solche Legenden

oder den tieferen Sinn hinter ihnen glaubt, zeigt die aktuelle Lage an der Küste, an der zwei Welten aufeinande­rprallen. Eine dieser Welten wird von zwei Walforsche­rn vertreten.

Seit 15 Jahren arbeiten die beiden Forscher Janie Wray und Hermann Meuter in Kanada an ihrer Theorie. Sie glauben, dass Wale intelligen­t und außerdem zur Selbstwahr­nehmung fähig sind. Die unbewohnte Insel, auf der sie ihre Forschungs­station aufgebaut haben, ist ein Naturparad­ies. Das Fjordsyste­m ist ein Zufluchtso­rt für Orcas, Buckel- und Finnwale. In den Augen der beiden Wissenscha­ftler wäre es ein Skandal, dieses Paradies zu zerstören. Doch genau daran arbeiten gerade andere Menschen.

In der kleinen Küstenstad­t Kitimat, rund 70 Kilometer von Wrays und Meuters Forschungs­station entfernt, wird derzeit eine gigantisch­e Exportanla­ge für Flüssiggas geplant. Mithilfe von Supertanke­rn

soll das Gas von dort aus nach Asien exportiert werden – mitten durch das Fjordsyste­m, in dem sich besonders viele Buckelwale zu Hause fühlen. Wie sich die ständigen Fahrten der großen Schiffe auf die Tiere auswirken würden, kann niemand genau vorhersage­n. Sollte man das Meer also für menschlich­e Zwecke nutzen oder es als Teil der Welt erhalten, die den Menschen nicht gehört?

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FOTO: ZDF Bilder wie dieses könnten an der Westküste Kanadas bald der Vergangenh­eit angehören. Denn der Bau einer Exportanla­ge für Flüssiggas wird ungeahnte Folgen für die Bewohner des Fjordsyste­ms haben.

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