Ferien-Verlängerung stößt auf breite Ablehnung
In der Saar-Politik kann sich niemand mit der Idee anfreunden, wegen Corona die unterrichtsfreie Zeit im Winter zu verlängern – und dafür im Sommer zu verkürzen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zeigt sich dagegen aufgeschlossen.
(gda/dpa) Der Vorschlag zweier Unionspolitiker, wegen Corona die Winter- oder Weihnachtsferien zu verlängern, stößt im Saarland auf überwiegende Ablehnung. Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot lehnte den Vorstoß als „Augenwischerei“ab. Die SPD-Politikerin gab zu bedenken: „Treiber der Pandemie sind aktuell vor allem private Feiern. Wie wir das in den Griff kriegen, darüber müssen wir ernsthaft diskutieren, auch wenn es wehtut.“Es könne aber nicht sein, dass in der Pandemie Kinder, Jugendliche und ihre Familien für Probleme an anderer Stelle in Haftung genommen werden sollen. Streichert-Clivot verwies zudem darauf, dass es kein erhöhtes Infektionsgeschehen an Schulen oder Kitas gebe. „Infektionen finden ganz überwiegend außerhalb der Schulen und Kitas statt und werden von außen hereingetragen“, sagte die Ministerin.
Der Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß hatte der Bild-Zeitung gesagt: „Wir sollten darüber nachdenken, die Winterferien um zwei bis drei Wochen zu verlängern und im Sommer entsprechend zu kürzen.“Ziel müsse sein, bestmöglich durch die Pandemie zu kommen. Sein Fraktionskollege Stephan Pilsinger (CSU) regte sogar bis zu vier Wochen längere Weihnachtsferien mit entsprechender Kürzung der Oster- und Sommerferien an. „Das Wohl der Schüler und Lehrer muss im Vordergrund stehen“, begründete er seinen Vorschlag. Doch auch bundesweit stieß der Vorschlag überwiegend auf Ablehnung.
Dagegen zeigte sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Saarland aufgeschlossen für eine Verlängerung der Ferien im Winter: „Das ist gar keine schlechte Idee“, sagte GEW-Chefin Birgit Jenni. Sie zeigte sich mit Blick auf das mögliche Infektionsgeschehen im Winter sehr besorgt: Die Jahreszeit werde ein „Riesenproblem“– so sei es bei kälteren Temperaturen zum Beispiel deutlich schwieriger, regelmäßig zu lüften. „Im Sommer ist alles leichter.“Allerdings müsse eine mögliche Verlängerung der Ferien im Winter rechtzeitig geplant und organisiert werden.
Gegen eine Verlängerung der Weihnachtsferien im Saarland sprach sich Landesschülersprecher Lennart-Elias Seimetz aus. Zwar sei die Gefahr eines erhöhten Infektionsgeschehens im Winter angesichts des kalten Wetters und einer Häufung von Familienfeiern „ein Thema, mit dem man sich beschäftigen muss“. Eine Verschiebung des gesamten Schuljahres sei aber „der falsche Weg“. Seimetz befürchtet etwa Probleme für berufstätige Eltern und Nachteile für Abiturienten. Stattdessen brauche es alternative und nachhaltige Konzepte. Der Landesschülersprecher sprach sich für einen „Hybridunterricht“aus, der gerade in der Zeit nach den Weihnachtsferien ein Unterricht von zuhause aus ermöglicht.
Ähnlich äußerte sich der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Frank Wagner. Auch er brachte den Begriff „Hybridunterricht“ins Spiel. Landesregierung, Schulträger und Schulen müssten für den Fall hoher Infektionszahlen einen „Plan B“entwickeln. Der könnte etwa zum einen Heimunterricht für ältere Schüler vorsehen, zum anderen aber auch eine Verlagerung von Lerngruppen auf den Nachmittag. Eine Verschiebung der Ferien sei hingegen „zum jetzigen Zeitpunkt der falsche Weg“. Denn eine solche Lösung wäre aus Sicht Wagners nur eine „Verlagerung der Probleme“. Nach den Weihnachtsferien Ende 2020 stehen Mitte Februar 2021 bereits die Winter- beziehungsweise Fastnachtsferien an. Ende März folgen dann die Osterferien. Wagner gab zu bedenken, dass niemand wisse, wie sich das Infektionsgeschehen bis dahin entwickelt.
Auch die übrigen Fraktionen im Saar-Landtag lehnten den Vorstoß ab: Jürgen Renner, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte, eine Verlängerung der Weihnachtsferien sei „aus heutiger Sicht Quatsch“. Man wolle keine erneuten Schulschließungen wie im Frühjahr. „Aktuell versuchen alle Beteiligten, einen möglichst reibungslosen Schulstart nach den Herbstferien sicherzustellen. Die Entwicklung bis Weihnachten ist nicht abzusehen.“Renner appellierte deshalb: „Haltet Euch an die Regeln, tragt Maske und verschiebt Eure Feiern, damit unsere Kinder und Jugendlichen ihr Recht auf Bildung bekommen!“
Auch die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Barbara Spaniol, warnte: „Unsere Kinder müssen gut ausgebildet sein. Weiterer Unterrichtsausfall
kann daher keine Lösung auf Dauer sein.“Stattdessen forderte sie räumliche und organisatorische Anpassungen: „Wir müssen durch Luftfilter, größere Klassenräume und kleinere Schulklassen die Ausbreitung des Coronavirus in den Schulen erschweren.“
AfD-Fraktionschef Josef Dörr bezeichnete den Vorschlag der Unionspolitiker sogar als „Schwachsinn“. Es seien vor allem „Bürokraten, die sich so etwas ausdenken“. Stabile Ferienzeiten seien wichtig, so Dörr. „Da hängt so viel dran.“Das gelte etwa für die gesamte Tourismusbranche. Man müsse lernen, mit Herausforderungen wie der Corona-Pandemie besser umzugehen. Dafür müsse man Verhaltensweisen ändern und vor Ort geeignete Maßnahmen ergreifen. Konkret forderte der AfD-Fraktionschef eine deutliche Verbesserung des Fernunterrichts.