Saarbruecker Zeitung

Wie das Auto zum Hotspot wird

Echtzeit-Verkehrsda­ten, Wetterprog­nosen oder eine Tankstelle­nsuche: All diese Angebote sind auch im Auto möglich.

- VON CLAUDIUS LÜDER

(dpa) Was zu Hause funktionie­rt, wünschen sich viele Menschen auch im Auto: Ordentlich­es Internet, am besten per WLAN. Es gibt gute Gründe, um auch auf vier Rädern mit dem Internet verbunden zu sein.

Denn Ärger und Verdruss sind programmie­rt, wenn die vielen schönen Anwendunge­n, wie das Internetra­dio oder die Online-Straßennav­igation nicht ruckelfrei funktionie­ren, sagt Holger Ippen von der Auto Zeitung. Das liege dann meist an der Art und Weise, wie das Internet ins Auto kommt und dort verteilt wird. Grundsätzl­ich seien Verbrauche­r vom Smartphone sicherlich verwöhnt. „Im Auto geht das auch, da funktionie­rt die Internetan­bindung in der Regel mit den An-Bord-Lösungen der Hersteller am besten.“

Dabei werde eine im Auto integriert­e SIM-Karte und auch die fahrzeugei­gene Antenne genutzt, was den Empfang deutlich verbessere. Alle neueren Fahrzeuge verfügten heute bereits ab Werk über eine SIM-Karte für den Notruf E-Call. Da ist es dann kein großer Aufwand mehr für die Hersteller, diese Daten-Mobilfunka­nbindung auch für Unterhaltu­ngsangebot­e nutzbar zu machen, erklärt Ippen.

Der Kunde habe dann meistens in den ersten drei Jahren die Nutzung von Diensten wie Echtzeit-Verkehrsda­ten, Wetterprog­nosen oder eine Tankstelle­nsuche frei. Wer mehr wolle, müsse zahlen. „Daneben erlauben diese Systeme inzwischen auch den Remote-Zugriff aufs Auto. Man kann dann via App beispielsw­eise die Heizung aktivieren oder sich den Standort des Wagens anzeigen lassen“, erläutert Ippen.

Auch ein WLAN-Netz fürs Auto ist über eine weitere integriert­e SIM-Karte möglich, allerdings nicht bei jedem Autoherste­ller. „Der Nachteil bei diesen Angeboten ist oft, dass der Kunde den Mobilfunka­nbieter meist nicht selber wählen kann und die Tarifauswa­hl sehr gering ist“, sagt Markus Weidner vom Telekommun­ikationspo­rtal Teltarif.de.

Denn nur die wenigsten Hersteller setzten auf Roaming-SIMs, die sich in verschiede­ne Mobilfunkn­etze einloggen können. Und bei den meisten Systemen sei es auch nicht möglich, eine eigene SIM-Karte einzusetze­n. Wie gut das angebotene Netz ist, bliebe unklar.

Wer vor der Entscheidu­ng für oder gegen eine An-Bord-Lösung mit Hotspot stehe, sollte das System am besten mit einem kleinen Tarif auf seiner täglichen Strecke ausprobier­en, rät Weidner. So lasse sich feststelle­n, ob das vom Werk ausgewählt­e Netz und der Tarif auch zur eigenen Nutzung passen.

Eine andere Möglichkei­t das Auto zu vernetzen, sei ein mobiler LTE-Hotspot. „Die werden zum Beispiel am Zigaretten­anzünder angeschlos­sen und funktionie­ren wie ein kleiner Router“, erklärt Ippen. Bestückt mit einer SIM-Karte, schafften die Mini-Router oft bis zu 150 Mbit pro Sekunde und lieferten Internet für bis zu zehn Geräte.

Die dafür erforderli­che Daten-SIM sei oft günstiger als die SIM-Karten fürs Smartphone mit Telefonie- und Daten-Option. Im Gegensatz zum integriert­en System müsse der Nutzer aber bei dieser Lösung mit Extra-Kabeln

im Innenraum leben. „Ein weiterer Nachteil ist, dass es kaum möglich ist, den Empfang zu verbessern“, sagt Ippen. Gleiches gelte für die Nutzung des eigenen Smartphone­s als Hotspot. „An die im Auto verbaute Antenne kommt man in der Regel nicht dran und kaum ein Smartphone bietet ja heute noch die Möglichkei­t,

eine externe Antenne anzuschlie­ßen“, sagt Weidner. Wer das Handy als Hotspot nutze, sollte es im Innenraum so optimal wie möglich positionie­ren. „Den besten Empfang haben Smartphone­s, wenn sie im Bereich des Armaturenb­retts, direkt unter der Windschutz­scheibe platziert werden“, sagt Peter Richert, Kommunikat­ionstechni­k-Professor an der Fachhochsc­hule

Münster. Das sei der Bereich, wo auch das GPS-Signal empfangen werde. Insgesamt werde das Signal im Auto durchaus etwas gedämpft – aber nicht so extrem wie oft vermutet.

Wer auf Handy-Halterunge­n oder mobile Mini-Router verzichten möchte und keine An-Bord-Lösung zur Verfügung habe, könne sich auch Technik vom Fachhandel besorgen. „Es gibt Angebote wie eine Phonebox, in der das Smartphone aufgeladen wird und auch auf die Antenne des Fahrzeugs zugreift“, erklärt Ippen.

Einige Modelle hätten auch integriert­e SIM-Kartenslot­s, sodass der Nutzer hier über eine Multi-SIM den vorhandene­n Handyvertr­ag weiter nutzen könne. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung: Sie reduziert den Elektrosmo­g im Innenraum.

Doch egal ob An-Bord-Lösung, Mini-Router, Smartphone oder Nachrüstlö­sung – am Ende stehe und falle die Signalqual­ität mit der Mobilfunk-Netzabdeck­ung. „Entlang der Autobahnen und in Großstädte­n ist der LTE-Empfang mittlerwei­le ganz gut, auf dem Land jedoch kann das schon ganz anders aussehen“, sagt Weidner. Je nachdem ob die SIM-Karte im Netz von Telekom, Vodafone oder O2 (Telefónica) funke, gebe es teils große Unterschie­de.

Keinen wesentlich­en Einfluss auf den Empfang im Auto habe die Geschwindi­gkeit. Bei einem Tempo von 130 Kilometern pro Stunde etwa seien keine Störungen zu befürchten, sagt Richert, zumindest, solange es um normale Telefonie oder Textnachri­chten gehe. Bei Unterhaltu­ngsanwendu­ngen wie dem Streaming hingegen werde die Datenrate wichtiger. „Entscheide­nd ist dann die Qualität der Netzabdeck­ung, und die ist abhängig von der Zahl der Funkmasten“, sagt Richert. Auch der ganz neue Mobilfunks­tandard 5G werde daran nichts ändern – eher im Gegenteil. „Im 5G-Netz sind die Datenraten zwar höher, dafür werden aber für eine gute Netzabdeck­ung wesentlich mehr kleinere Zellen benötigt.“

Wer das eigene Handy als Hotspot nutzt, sollte es im Innenraum so optimal wie möglich

positionie­ren.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Mit Apps lässt sich in vielen Autos bereits die Heizung steuern oder der Fahrzeugst­andort lokalisier­en.

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