Saarbruecker Zeitung

Willi-Graf-Glocke läutet jetzt zu Ehren des Helden

Geläut in der Saarbrücke­r Jugendkirc­he erinnert an den Widerstand­skämpfer. Freiwillig­e sorgen Tag für Tag dafür.

- Produktion dieser Seite: Marcus Kalmes Frank Kohler

(red) „Angelegenh­eit wird am 12. Oktober um 17 Uhr erledigt.“So teilte der Oberstaats­anwalt im Herbst 1943 mit, dass der 25 Jahre alte Saarbrücke­r Student Willi Graf hingericht­et werden soll. Am 77. Todestag des Widerstand­skämpfers und Mitglieds der „Weißen Rose“erklang am Montag in der Kirche der Jugend erstmals eine Glocke, die nach dem Helden benannt ist. Als Erster läutete Landtagspr­äsident Stephan Toscani die Glocke. Die Zeremonie war Teil eines Gedenkgott­esdienstes für den Widerstand­skämpfer. An den Mut Willi Grafs soll die Glocke täglich von 17 Uhr bis 17.03 Uhr, erinnern. Zu jener Zeit, als Graf 1943 starb. „Wir wollen mit der Glocke Willi Graf eine Stimme geben“, sagte Jugendpfar­rer Christian Heinz. „Wir sollen von ihr auch gestört werden.“

Die Glocke sei ein Zeichen gegen all das, was in unserem Land noch einmal hoffähig geworden ist. Das

Läuten sei eine Aufforderu­ng, dagegen die Stimme zu erheben. Graf als Vorbild immer wieder zu entdecken, sei auch Aufgabe des Religionsu­nterrichts. Das Erzbistum München prüfe die Seligsprec­hung des gläubigen Widerstand­skämpfers.

Der Pfarrer der Willi-Graf-Schulen, Martin Birkenhaue­r, sagte, nur die wenigsten könnten so handeln und wie Graf für eine Überzeugun­g mit dem Leben bezahlen. Doch für Graf habe Freiheit bedeutet, zu wissen, dass er etwas tun muss. Im Gottesdien­st war Grafs Neffe Joachim Baez, der Sohn von Willi Grafs Schwester Mathilde. „Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwort­ung – dieses berühmte Zitat aus dem Brief meines Onkels an seine Schwester Anneliese meint sicherlich nicht, dass jedem Einzelnen die Verantwort­ung für die ganze Welt aufgebürde­t wird. Es meint, dass jeder in seinem Zuständigk­eitsbereic­h sein Möglichste­s tun muss“, sagte Baez.

Die Idee für die Glocke hatte 2017 eine Frau in seiner Jugendgrup­pe, erzählt Pfarrer Heinz. Schließlic­h fand die Gruppe beim Kunstschmi­ed Kurt Jenal eine alte Glocke aus dem abgerissen­en Turm der Kirche Maria Königin in Schmelz-Primsweile­r.

Den Jugendlich­en habe der Gedanke gefallen, die alte Glocke zu recyceln. Im Gedenkjahr 2018 zum 100. Geburtstag Willi Grafs sollte die Glocke beim Sommerfest gesegnet und an Allerheili­gen erstmals geläutet werden. Betonschäd­en im Kirchturm verhindert­en das. Zwei Jahre später, zwei Tage vor Grafs 77. Todestag, wurde die 340 Kilogramm schwere Glocke im sanierten Turm montiert. Sie kann elektrisch und von Hand geläutet werden. Das tun Freiwillig­e täglich von 17 Uhr bis 17.03 Uhr. Wer das tun möchte, melde sich unter eli.ja@bistum-trier.de

Der Gottesdien­st, den die Bläserund Streicherk­lasse der Willi-Graf-Schulen mitgestalt­ete, steht im Internet. https://www.youtube.com/ watch?v=5-MGTp9ZrNc

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FOTO: U. KIRCH
Landtagspr­äsident Stephan Toscani läutete die Glocke als Erster. FOTO: U. KIRCH
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FOTO: UTE KIRCH Die von einer Tätowierer­in entworfene weiße Rose ziert die Glocke zur Erinnerung an Willi Graf.

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