Saarbruecker Zeitung

Er hilft Flüchtling­en dabei, Fuß zu fassen

Bernd Eckert (71) stand als Hospizhelf­er 20 Jahre Sterbenden zur Seite, 2016 gründete er einen Flüchtling­shilfe-Verein.

- VON THOMAS ANNEN

Wenn Bernd Eckert (71) zu Fuß in Völklingen unterwegs ist, trifft er fast immer einen seiner Schützling­e. Schnell kommt er mit den Flüchtling­en ins Gespräch: Wie geht‘s? Was gibt es Neues?

Seine Ehefrau kaufe inzwischen lieber alleine ein, verrät der Rentner schmunzeln­d. Dann dauere es nicht so lange. Schon vor rund 20 Jahren kümmerte sich Eckert um Asylbewerb­er. Damals waren Kurden aus der Türkei, Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawie­n und Schwarzafr­ikaner in Völklingen gestrandet. Offizielle Hilfsangeb­ote gab es kaum.

Das soziale Engagement des gelernten

Bernd Eckert

Verwaltung­sangestell­ten, der bei der Deutschen Rentenvers­icherung gearbeitet hat, ist vielfältig. 20 Jahre stand er Schwerstkr­anken als ehrenamtli­cher Hospizhelf­er zur Seite. Als Bernd Eckert 2015 die Flüchtling­sströme im Fernsehen sah, wollte er erneut helfen.

Gerne folgte er einem Aufruf der städtische­n Integratio­nsbeauftra­gten. Etwa 60 bis 65 Mitstreite­r erklärten sich beim ersten Treffen dazu bereit, mit anzupacken. Davon sei weniger als eine Handvoll übrig geblieben, stellt Eckert enttäuscht fest.

Er selbst ist am Ball geblieben. 2016 gründete er den Fördervere­in Flüchtling­shilfe „Miteinande­r in Völklingen“. Die aktuell rund 80 Mitglieder haben fast alle Migrations­hintergrun­d.

Im Vereinsleb­en, so Eckerts Überlegung, könnten die Zuwanderer viel über ihr Gastland lernen. Und so wüssten die Syrer inzwischen, dass man in Deutschlan­d pünktlich sein sollte und dass bei wichtigen Entscheidu­ngen abgestimmt wird.

Möglichst oft versucht der stellvertr­etende Vorsitzend­e, Zuwanderer und Einheimisc­he miteinande­r ins Gespräch zu bringen. Die Aktivitäte­n seines Vereines reichen vom Frühlingsf­est über den Trommelwor­kshop für den Nachwuchs bis zur Putzaktion im Bürgerpark.

Eckerts Rat ist bei den Flüchtling­en geschätzt: Sie melden sich, wenn der Nachwuchs in der Schule Probleme hat oder wenn es Fragen zum Kindergeld gibt. „Wenn ich helfen kann, mache ich das gerne“, betont der Völklinger. Er würde sich wünschen, dass ihn auch Verantwort­liche aus Politik und Verwaltung nach seiner Meinung fragen.

Der Verein ist dicht dran an der Flüchtling­sthematik, er kennt die Sorgen der Zuwanderer. Bei wichtigen Entscheidu­ngen zur Integratio­nspolitik war Eckerts Rat aber bisher nicht gefragt. Bei der Wohnungssu­che winken die Vermieter regelmäßig ab, wenn Eckert sagt, dass er nach Zimmern für Flüchtling­e Ausschau hält. Der Verein selbst wünscht sich eine eigene Räumlichke­it, in der er eine Sprechstun­de

„Es vergeht kein Tag, ohne dass jemand anruft.“

anbieten kann. Das scheitert allerdings an den Finanzen. „So viel Geld haben wir nicht“, sagt Eckert bedauernd.

Rückschläg­e entmutigen ihn nicht. „Eine Tür geht zu, eine andere geht auf“, sagt der engagierte Integratio­nshelfer. Mit offenen Armen wurde der Verein in der Seniorenre­sidenz der Arbeiterwo­hlfahrt in

Püttlingen empfangen. Bei den Bewohnern sind die Flüchtling­e gern gesehene Gäste.

Drei Migranten begannen dort ein Freiwillig­es Soziales Jahr. „Sie haben aber nicht durchgehal­ten“, erzählt Eckert: „Damit muss man leben.“Und auch mit der Corona-Krise muss der Verein leben. Die Besuche bei den Senioren wurden eingestell­t, zurzeit ruht das Vereinsleb­en.

Bernd Eckerts Telefon klingelt aber auch während der Pandemie. „Es vergeht kein Tag, ohne dass jemand anruft“, sagt er. Am Vortag meldete sich eine Flüchtling­sfamilie, die von Völklingen ins Ruhrgebiet gezogen ist. Sie hat Probleme mit der Anmeldung am neuen Wohnsitz.

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FOTO: BECKERBRED­EL Der Helfer traf sich mit einer Gruppe von Flüchtling­en im Völklinger Bürgerpark (von links) Naser Jendo, Yaser Taalo, Bernd Eckert, Azimeh Yousef und Rania Khani.

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