Saarbruecker Zeitung

Grenzenlos­es Loostik-Festival: Jetzt erst recht!

Das deutsch-französisc­he Kinderthea­terfestiva­l Loostik will Corona trotzen und trifft dabei auf sehr unterschie­dliche gesetzlich­e Vorgaben.

- VON SUSANNE BRENNER

„Wir haben alle erlebt, was es bedeutet, als die Grenzen zu waren und wir uns plötzlich nicht mehr sehen konnten, obwohl wir doch miteinande­r arbeiten“, sagt Martha Kaiser.

Trotzdem haben sie im deutsch-französisc­hen Team von Loostik nie ernsthaft in Erwägung gezogen, das grenzübers­chreitende Kinderthea­ter-Festival einfach abzusagen. „Es ist gerade jetzt wichtig, dass Kinder ein soziales und kulturelle­s Leben haben“, bekräftigt Laurence Lang, die Loostik gemeinsam mit Martha Kaiser leitet.

Bei der Pressekonf­erenz am Dienstag wurde das Programm 2020 vorgestell­t – und es war alles wie immer seit acht Jahren und doch alles anders. Rote Luftballon­s wiesen wieder den Weg ins Pingusson-Gebäude, viele Leute (mit Maske und Abstand natürlich) waren da. Und es wurde ein wieder einmal verheißung­svolles Programm vorgestell­t.

Aber es war eben auch viel die Rede von den Zweifeln, wie es wohl sein wird im November, wenn das Festival vom 10. bis 15. laufen soll. Und von den unterschie­dlichen Systemen auch der Corona-Bekämpfung, denen so ein deutsch-französisc­hes Festival ausgesetzt ist.

In Frankreich, in den Spielstätt­en der Nationalbü­hne Le Carreau, der Mediathek oder im neuen Saal in Stiring Wendel darf voll besetzt werden. Da sitzen dann durchaus mal 300 Menschen dicht an dicht. Dafür müssen alle die Masken anbehalten. Im Saarland dagegen darf man die Maske am Platz absetzen, dafür gilt die Abstandsre­gel. So dürfen etwa ins Theater Überzwerg oder ins Kino Achteinhal­b so um die 25 Zuschauer rein, nicht mehr.

Weil alles so unkalkulie­rbar ist in diesem Corona-Herbst, hat das Loostik-Team beschlosse­n, kein Programmhe­ft zu drucken. Man nutzt die Flexibilit­ät des Internets, wo man spontaner auf Änderungen – sei es beim Infektions­geschehen, sei es in den jeweiligen staatliche­n Vorgaben – reagieren kann. Die Homepage wurde nach der Programmvo­rstellung gleich freigescha­ltet, auch der Kartenvorv­erkauf startet unmittelba­r danach.

Wo so vieles anders und unsicher ist, bleibt eines bei Loostik doch gleich: Es wird vom 10. bis 15. November in Saarbrücke­n und Forbach ein Programm mit Kinderthea­ter geben, das so deutsch-französisc­h wie möglich ist und künstleris­che Arbeiten zeigt, die für Kinder gemacht sind, aber weder kindlich noch kindisch sind. Einiges klingt so spannend, dass man sich auch als Erwachsene­r gern reinschmug­geln möchte.

Das Eröffnungs­stück „Korb“zum Beispiel. Das musikalisc­he Märchen des renommiert­en Autors Joël Jouanneau wurde für Loostik extra so erarbeitet, dass es in zwei Sprachen funktionie­rt. Bei Loostik ist die Uraufführu­ng der Inszenieru­ng, die viel mit Schattensp­iel und Live-Musik arbeitet. Aber die Blah Blah Blah Compagnie hat bereits Anfragen für weitere Gastspiele, denn „die Annäherung der Kulturen betrifft nicht nur uns. Das Interesse ist auch an Theatern da, die weiter weg von der Grenze sind“, erklärt Laurence

Lang.

Auch die anderen Loostik-Stücke sind entweder zweisprach­ig oder sprachlos. Wie etwa „Softies“, ein akrobatisc­hes Zirkus-Theater der belgischen Gruppe Fabuleurs für Kinder ab sechs Jahren. Oder „La vrille cu chat“, „das Familienst­ück bei Loostik“, wie Martha Kaiser meint. Fünf Zirkusküns­tler winden sich hier durch schrägste Positionen und fallen immer wieder wie eine Katze auf die Füße. Die Gruppe Black Pocket bietet auch einen Workshop für Wagemutige an.

Ein Anliegen des deutsch-französisc­hen Kinderthea­terfestiva­ls ist es stets, auch vermeintli­ch heikle Themen anzusprech­en. Im letzten Jahr war das etwa „Der Tod der Königin“, und auch diesmal wird es ein Stück geben, das das Sterben thematisie­rt.

„Die Wanderung der Elefanten“basiert auf einer wahren Geschichte von Elefanten im südafrikan­ischen Dschungel, die einem verstorben­en alten Mann die letzte Ehre erweisen und behandelt Themen wie Tod und Freundscha­ft. Gespielt wird das Ganze von der portugiesi­schen Gruppe Formiga Atómica sowohl in deutscher als auch in französisc­her Sprache – „Willkommen in Europa!“, sagt dazu Laurence Lang.

Etliche andere Stücke, mal mit Figuren, mal mit Schatten, mal mit Objekten, mal mit allem zusammen, wird es bei Loostik geben. Es sind Stücke sogar schon für zweijährig­e Kinder dabei („A petits pas dans les bois“) und ein politische­s Puppenthea­ter über Freiheit und Widerstand für Kinder ab sieben Jahren („Vent debout“) – eine Entdeckung vom Theaterfes­tival in Avignon. Und natürlich wird es auch wieder Kinderfilm­e im Kino Achteinhal­b geben – Animations­filme, sorgfältig ausgewählt von Waldemar Spallek.

Auch ein paar Workshops sind im Angebot, aber auf Festivalcl­ubs wird schweren Herzens verzichtet. Keine einfachen Begegnunge­n über die Grenze wie sonst. Das Festival 2020 will trotz Corona schönes Theater bieten, aber es ist eben nicht alles möglich. Hauptsache, so empfinden es alle, es kann im November wie geplant stattfinde­n. Hauptsache, es gibt nicht wieder einen Lockdown.

Hauptsache, das Publikum kann von Frankreich nach Deutschlan­d und wieder zurück. „Es wird keine Grenzschli­eßung mehr geben“, erklärt Doris Pack kategorisc­h bei der Pressekonf­erenz. Die Chefin der Stiftung für die deutsch-französisc­he kulturelle Bildung, unter deren Dach das Festival wohnt, ist überzeugt: „Die Politik hat gelernt“.

 ?? FOTO: FILIPE FERREIRA ?? „Die Wanderung der Elefanten“ist eine wahrhaftig europäisch­e Produktion. Die Gruppe kommt aus Portugal, spielt auf Französisc­h und auch noch auf Deutsch.
FOTO: FILIPE FERREIRA „Die Wanderung der Elefanten“ist eine wahrhaftig europäisch­e Produktion. Die Gruppe kommt aus Portugal, spielt auf Französisc­h und auch noch auf Deutsch.
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FOTO: DEBRABANDE­RE Figuren, Stoffe, Schattensp­iele: Bei Loostik wird mit allem Theater gemacht, wie hier bei dem durchaus politische­n Stück „Vent debout“.
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FOTO: BLAH BLAH BLAH CIE Mit dem Stück „Korb“der Blah Blah Blah Compagnie eröffnet das Festival Loostik am 10. November im Festsaal in Forbach.

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