Saarbruecker Zeitung

EU belegt Russland mit Sanktionen

Außenminis­ter Lawrow kündigt im Fall Nawalny „spiegelgen­aue“Gegenmaßna­hmen an.

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(dpa) Die EU wird nach dem Giftanschl­ag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny sechs Personen und eine Organisati­on aus Russland mit Sanktionen belegen. Darauf einigten sich Vertreter der EU-Staaten am Mittwoch in Brüssel. Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow reagierte prompt und kündigte „spiegelgen­aue“Gegensankt­ionen an. Diese gleichwert­ige Antwort – also ebenfalls eine Liste mit Namen – sei Praxis in der Diplomatie, sagte Lawrow. Die EU-Strafmaßna­hmen, die Einreiseve­rbote und Vermögenss­perren umfassen, sollen nun im schriftlic­hen Verfahren formell beschlosse­n werden. Sie könnten damit bereits heute in Kraft treten.

Bei den betroffene­n Personen wird es sich nach Informatio­nen aus EU-Kreisen um Verantwort­ungsträger aus dem Kreml und aus dem russischen Sicherheit­sapparat handeln. Namen wurden allerdings zunächst nicht genannt, um zu verhindern, dass die Betroffene­n möglicherw­eise in der EU vorhandene Vermögensw­erte vor dem offizielle­n Sanktionsb­eschluss in Sicherheit bringen können.

Als betroffene Organisati­on wird das staatliche russische Forschungs­institut

für organische Chemie und Technologi­e genannt. Es war bereits im Fall des Anschlags auf den früheren russischen Geheimdien­stler Sergej Skripal in Großbritan­nien mit dem internatio­nal verbotenen Nervenkamp­fstoff Nowitschok in Verbindung gebracht worden. Nach Untersuchu­ngsergebni­ssen mehrerer Labors in der EU wurde nun auch Nawalny mit dem von Russland entwickelt­en militärisc­hen Nervenkamp­fstoff vergiftet.

Moskau behauptet, dass alle Nowitschok-Vorräte auf russischem Gebiet vernichtet worden seien, aber das Nervengift auch in ausländisc­he Hände geraten sei.

Der russische Kremlkriti­ker Nawalny war am 20. August während eines Inlandsflu­gs in Russland zusammenge­brochen. Nach einer Notlandung in der sibirische­n Stadt Omsk wurde er auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt. Dort lag er wochenlang im Koma. Der 44-Jährige hat das Krankenhau­s mittlerwei­le verlassen, ist aber noch nicht vollständi­g genesen und macht in der deutschen Hauptstadt eine Reha-Maßnahme.

Hauptiniti­atoren der Sanktionen sind Deutschlan­d und Frankreich. Sie begründen ihr Vorgehen damit, dass Moskau Aufforderu­ngen zu einer lückenlose­n Aufklärung der Tat nicht nachgekomm­en sei. Bislang sei von Russland keine glaubhafte Erklärung zu dem grausamen Mordversuc­h geliefert worden, hatte es zuletzt in einer Erklärung von Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) und seinem französisc­hen Kollegen Jean-Yves Le Drian geheißen. Daher sei man der Ansicht, „dass es keine andere plausible Erklärung für die Vergiftung von Herrn Nawalny gibt als eine russische Beteiligun­g und Verantwort­ung“.

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FOTO: KARADJIAS/DPA Außenminis­ter Maas wirft Russland vor, bislang keine glaubhafte Erklärung zum Mordversuc­h an Nawalny geliefert zu haben.

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