Ordnungsämter auch ohne Corona am Limit
Die Oberbürgermeister drei großer Städte im Saarland fordern Finanzhilfen des Landes, um die wachsende Aufgabenlast künftig noch schultern zu können.
Die Ordnungsämter der Kommunen können ihre Aufgabenlast kaum noch schultern – auch ohne die coronabedingten Kontrollen, für die sie zuständig sind. Die Oberbürgermeister der größeren Städte im Saarland fordern finanzielle Hilfe vom Land.
Corona zwingt die Ordnungsämter im Saarland mit dem Rücken an die Wand. Die Ämter seien mit den pandemiebedingten, zusätzlichen Kontrollen „völlig überfordert, weil sie personell dafür gar nicht ausgestattet sind“, hatte selbst Innenminister Klaus Bouillon (CDU) am Mittwoch festgestellt. Doch schon vor Corona ächzten die Ämter offenbar unter einer stetig wachsenden Aufgabenlast. „Den Kommunen wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich neue Aufgaben zugewiesen. Das erhöht natürlich auch den Finanzbedarf. Corona wirkt in dieser Situation wie ein Brandbeschleuniger“, sagt Neunkirchens Oberbürgermeister
Jörg Aumann (SPD) der SZ. Der schon vor Corona beginnende „Rückzug der Vollzugspolizei aus der Fläche“erfordere eine verstärkte Präsenz der Ordnungsämter, etwa in Form von Streifengängen durch Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdienstes, heißt es bei der Stadt Neunkirchen. Infolgedessen hätten die Arbeitszeiten der Ordnungsamts-Mitarbeiter „auf alle Werktage zwischen 7 Uhr und 22 Uhr ausgedehnt werden“müssen. Das Neunkircher Ordnungsamt listet auf Anfrage über 40 Aufgabengebiete auf – von Hundesteuer über Bestattungswesen bis hin zu Verkehrsüberwachung und Fahrerlaubnisrecht. In anderen Städten ist es nicht anders.
Auch gesellschaftliche Entwicklungen ließen bei den Ordnungsämtern beziehungsweise den so genannten Ortspolizeibehörden die Aufgabenlast steigen. So gibt die Stadt Saarlouis etwa an: „Viele nachbarschaftliche Probleme, die früher unter den Einwohnern geklärt worden sind, werden an die Ämtern herangetragen. Viele Probleme entstehen auch dadurch, dass weniger Rücksicht auf die Belange der Mitmenschen oder öffentlichen Eigentums genommen wird (Lärmstörungen, illegale Abfallentsorgung, Beschwerden über rücksichtslosen Parken, usw.).“
Inzwischen mehren sich denn auch die Stimmen, die unabhängig von Corona mehr finanzielle Unterstützung für die Ordungsämter fordern. „Ein zusätzlicher Finanzbedarf ist systembedingt“, sagt der Saarländische
Städte- und Gemeindetags-Präsident Hermann Josef Schmidt (CDU). Die Aufgabenvielfalt der Ordnungsämter nehme seit Jahren zu. „Es häufen sich Überstunden an, und manche Arbeit bleibt liegen“, sagt Schmidt. „Die Kommunen müssten eigentlich ihr Personal aufstocken, aber dafür fehlt oft das Geld.“Bund oder Land müssten den Kommunen finanziell unter die Arme greifen, fordert Schmidt. Und zwar unabhängig von Corona.
Die Städte erhalten keine direkten Beihilfen für die Erledigung von Aufgaben der Ordnungsämter beziehungsweise der meist gleichbedeutenden Ortspolizeibehörden. Der einzige Zahlungseingang sei die Kostenerstattung für die Verkehrsüberwachung, wenn Vorgänge vom Landesverwaltungsamt
weiterbearbeitet werden müssen, teilt die Stadt Saarlouis mit. Die Kommunen würden zwar über den kommunalen Finanzausgleich (KFA) an den Steuereinnahmen des Landes beteiligt. „Aber auch in den Berechnungsgrundlagen des KFA findet die polizeiliche Aufgabenerledigung keine Berücksichtigung. Insoweit schlägt beispielsweise nicht zu Buche, ob eine Kommune eine ,Stadtpolizei’ unterhält oder nicht“, heißt es in Saarlouis. „Eine finanzielle Unterstützung des Landes wäre dringend erforderlich“, sagt Saarlouis’ Oberbürgermeister Peter Demmer (SPD). Und Neunkirchens Oberbürgermeister Aumann fügt hinzu: „Es bleibt absehbar: Wir werden in den nächsten Jahren noch weitere finanzielle Unterstützung brauchen.“Ähnlich äußert sich auch Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU). Die „kontinuierlich gewachsene Menge an Aufgaben stellt uns vor große Herausforderungen. Insofern wäre eine finanzielle Unterstützung für unser Ordnungsamt sinnvoll und begrüßenswert.“
Innenminister Bouillon hatte am Mittwoch angekündigt, den Kommunen bis Ende des Jahres insgesamt eine Million Euro für die Einbindung privater Sicherheitskräfte bei Corona-Kontrollen zur Verfügung zu stellen (wir berichteten). Auf die unabhängig von Corona geforderte Unterstützung des Landes für die Ordnungsämter werden die Städte im Saarland wohl weiter warten müssen.