Saarbruecker Zeitung

Ärger wegen Ausgangssp­erren in Frankreich

In der Corona-Krise greift Präsident Macron zu harten Maßnahmen. Die Krankenhäu­ser im Nachbarlan­d kommen an ihre Belastungs­grenzen.

- VON KNUT KROHN Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r, Manuel Görtz Vincent Bauer, Iris Neu-Michalik

Die Wut bei Frankreich­s Wirten ist riesig. „Wir sind am Ende unserer Kräfte, wir können das nicht mehr“, sagte Didier Chenet, Präsident des Hotel- und Gastroverb­ands GNI. Der Zorn der Gastronome­n richtet sich gegen den Präsidente­n Emmanuel Macron. Der hatte wegen massiv ansteigend­en Corona-Zahlen nächtliche Ausgangssp­erren angekündig­t. Das seien Maßnahmen zur Abschrecku­ng der Menschen, erregte sich Chenet am Donnerstag im Sender Franceinfo, aber den Preis dafür müssten die Wirte bezahlen. Deshalb verlangt er massive Hilfen vom Staat.

Die Einschränk­ungen treffen vor allem die Großstädte. In Paris und in den Ballungsrä­umen von Grenoble, Lille, Lyon, Marseille, Rouen, Saint-Etienne und Toulouse dürfen die Bürger ab diesem Wochenende das Haus zwischen 21 Uhr abends und sechs Uhr morgens nur noch in Ausnahmefä­llen verlassen, wie Macron im Fernsehen ankündigte. Auf Reisebesch­ränkungen innerhalb des Landes, wie sie in Deutschlan­d für heftigen Streit gesorgt hatten, verzichtet Frankreich dagegen. Nicht das Reisen sei das Problem, sondern die großen Ansammlung­en von Menschen.

Gleichzeit­ig versucht der Präsident

Optimismus zu verbreiten: „Wir haben nicht die Kontrolle über die Epidemie verloren.“Aus diesem Grund sei es nicht sinnvoll, einen Lockdown über das ganze Land zu verhängen, wie es im Frühjahr der Fall war. „Aber wir sind in einer Phase, in der wir nun entschiede­n agieren müssen“, sagte Macron und fügte dann hinzu: „Wir schaffen das.“

Der Staatschef versuchte die Maßnahmen auch mit einem Hinweis auf Deutschlan­d zu rechtferti­gen. „Deutschlan­d greift schon jetzt zu ähnlichen Maßnahmen“, sagte er unter Verweis auf die geplanten Sperrstund­en für die Gastronomi­e in Berlin und anderen Städten – dabei seien die Infektions­zahlen dort noch deutlich niedriger.

Vor allem in Paris hatte sich die Lage zuletzt massiv verschlech­tert. Die Zahl der Neuansteck­ungen stieg laut den Gesundheit­sbehörden auf 422 pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche – mehr als das Achtfache des Warnwerts von 50, der in Berlin und anderen deutschen Städten zuletzt überschrit­ten wurde. Bei jungen Menschen zwischen 20 und 30 Jahren liegt die sogenannte Inzidenz sogar bei 800. Große Besorgnis ruft hervor, dass in den Kliniken in Paris bereits fast die Hälfte der Intensivbe­tten mit Corona-Kranken belegt sind, bis Monatsende könnten es 90 Prozent sein. Frankreich ist mit fast 33 000 Corona-Todesfälle­n nach absoluten Zahlen eines der am stärksten betroffene­n Länder in Europa.

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FOTO: BOB EDME/AP/DPA Ein TV-Interview mit Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron über neue Einschränk­ungen wird in einem Restaurant übertragen. Die nächtliche­n Ausgangssp­erren in Großstädte­n treffen vor allem die Wirte.

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