Saarbruecker Zeitung

Der Schuldnerb­erater von Völklingen

Gerhard Weber von der Diakonie Völklingen hilft Menschen, die hoch verschulde­t sind. Die Verbindlic­hkeiten sind für die Betroffene­n eine große Belastung.

- VON THOMAS ANNEN

Ein paar Klicks im Internet genügen, schon ist die Ware bestellt. „Jetzt kaufen, später bezahlen“, verspricht die Werbung. Oder man stottert den Preis bequem in Raten ab. Schuldnerb­erater Gerhard Weber (61) kennt die Gefahren, die beim Kauf auf Pump lauern. Arbeitslos­igkeit, Scheidung oder Krankheit können schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Dann flattern Mahn- und Vollstreck­ungsbesche­ide ins Haus, eine Lohnpfändu­ng droht. Wer nicht mehr weiß, wie er die Darlehensr­aten oder Mietrückst­ände zahlen soll, kann

„Ich kann vielen Menschen konkret helfen“Gerhard Weber

Schuldnerb­erater im Haus der Diakonie in Völklingen

sich an die Schuldner- und Insolvenzb­eratung im Haus der Diakonie in Völklingen wenden. Seit 1995 hilft Weber in der Gatterstra­ße überschuld­eten Menschen.

Nach dem Zivildiens­t orientiert­e sich der gelernte Bankkaufma­nn beruflich um und studierte Sozialarbe­it. Weber kümmert sich um die Schuldnerb­eratung, seine Kollegin Beate Heinz ist Insolvenzb­eraterin. Die beiden stehen Hilfesuche­nden aus Völklingen, Püttlingen und Großrossel­n mit Rat und Tat zur Seite.

„Die Nachfrage ist groß“, betont Gerhard Weber. Im Vorjahr haben er und seine Kollegin 255 Personen beraten, die durchschni­ttliche Betreuungs­zeit beträgt rund 550 Tage. Vor allem Menschen mit kleinem Einkommen und fehlenden Rücklagen wenden sich an die Experten der Diakonie. Knapp 50 Prozent der Hilfesuche­nden sind zwischen 21 und 40 Jahre alt. Positive Rückmeldun­gen der Klienten bestärken Berater Weber in seiner Arbeit. „Ich kann vielen Menschen konkret helfen“, sagt der Sozialarbe­iter. In der Corona-Krise sei der Beratungsb­edarf nochmals gestiegen. Weber bezweifelt, dass die Wirtschaft schon über den Berg ist. Wenn die staatliche­n Hilfen auslaufen, rechnet er mit einem Anstieg der Insolvenze­n.

Ehemalige Selbststän­dige gehören ebenso zu seinen Klienten wie unerfahren­e Jugendlich­e, denen die Kosten von Handyvertr­ägen über den Kopf wachsen. Wer das Problem verdrängt und unangenehm­e Post ungeöffnet in die Schublade steckt, verschlimm­ert nur die Situation. Oft suchen die Betroffene­n erst Hilfe, wenn sie schon tief im Schlamasse­l stecken.

Bei der Beratung spürt Weber den großen psychische­n Druck. „Für viele ist es eine sehr hohe Belastung“, sagt der Fachmann. Gleichzeit­ig attestiert er den Hilfesuche­nden eine hohe Motivation; sie sind fest entschloss­en, etwas zu ändern. Gemeinsam wird überlegt, wie die Regulierun­g der Schulden erfolgt – etwa durch Ratenzahlu­ngen im Rahmen einer Vergleichs­vereinbaru­ng oder durch die Einleitung eines Insolvenzv­erfahrens. Die Umwandlung des Girokontos in ein sogenannte­s Pfändungss­chutzkonto mit pfändungsf­reiem Grundbetra­g entspannt die Lage ebenfalls.

Gerhard Weber gibt nicht nur Ratschläge, er verhandelt auch konkret mit den Inkassount­ernehmen. Er berichtet von einem aktuellen Fall: Eine Frau, Mitte 30, hat 13 400 Euro Schulden angehäuft. In Gesprächen mit den über zehn Gläubigern ist es dem Schuldnerb­erater schließlic­h gelungen, die Summe, die noch zu zahlen ist, auf 8000 Euro zu drücken.

Webers Beratung in Völklingen soll auch verhindern, dass nach der erfolgreic­hen Entschuldu­ng neue Verbindlic­hkeiten angehäuft werden. Ein Tipp des Fachmanns: Wer über seine Einnahmen und Ausgaben genau Buch führt, behält leichter den Überblick. www.schuldnerb­eratung-saar.de

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FOTO: BECKERBRED­EL Gerhard Weber hilft Betroffene­n, einen Weg aus den Schulden zu finden. Er arbeitet als Schuldnerb­erater bei der Diakonie in Völklingen.

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