Saarbruecker Zeitung

Neapels Corona-Pleite sorgt für Zündstoff

Als erster Verein in den europäisch­en Topligen musste der SSC eine kampflose Niederlage einstecken und läuft gegen das Urteil Sturm.

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(sid) Wegen Spielerman­gel nicht zur Partie erscheinen und sich die Niederlage kampflos am Grünen Tisch abholen? In der Kreisliga durchaus an der Tagesordnu­ng. Doch im Spitzenfuß­ball war das eigentlich undenkbar – bis Corona kam. Der SSC Neapel muss als erster Verein der europäisch­en Topligen eine Corona-Niederlage verkraften. Ein kampfloses 0:3 gegen Juventus Turin und dazu noch ein Punkt Abzug – dieses Urteil der italienisc­hen Serie A birgt Zündstoff.

„Wer den Sport liebt, gewinnt auf dem Spielfeld“, sagte Neapels Bürgermeis­ter Luigi de Magistris erbost: „In Zeiten der Pandemie hat Ethik Vorrang. Mit diesem Urteil siegt vielleicht die rechtliche Legalität, gleichzeit­ig ist es aber eine Niederlage der Gerechtigk­eit.“Nach den positiven Corona-Tests der Spieler Eljif Elmas und Piotr Zielinski waren die Neapolitan­er nicht zur am 4. Oktober angesetzte­n Begegnung bei Juventus Turin erschienen. Die Sportricht­er der Serie A erkannte das Argument der „höheren Gewalt“aber nicht als Grund für das Fernbleibe­n an und griffen rigoros durch. Schließlic­h habe Neapel nicht alles Notwendige getan, um das Protokoll der Liga einzuhalte­n.

Doch in diesem Punkt fühlt sich der SSC ungerecht behandelt. Die lokalen Gesundheit­sbehörden hätten die gesamte Mannschaft in Isolation versetzt und dem Club die

Abfahrt nach Turin verboten, argumentie­rt Vereins-Chef Aurelio De Laurentiis. „Wir halten uns seit jeher an Regeln und Gesetze. Wir warten zuversicht­lich auf das Ergebnis unseres Einspruchs und vertrauen der Justiz“, schrieb der Club bei Twitter.

Mit seinem Antrag auf Verlegung war der Pokalsiege­r gescheiter­t. Laut den Protokolle­n dürfen Spiele erst verlegt werden, wenn einem Club nach Covid-19-Erkrankung­en weniger als 13 Profis zur Verfügung stehen oder zehn Corona-Fälle in einer Woche auftreten. Die Liga bestand auf diesen Regularien und statuierte ein Exempel mit gewaltiger Strahlkraf­t. Wegen Coronafäll­en nicht anzutreten, wird sich jeder Verein nun zweimal überlegen.

Die italienisc­he Presse läuft Sturm gegen das Urteil. „Eine Ohrfeige für Neapel“, schrieb der Corriere dello Sport. Vielleicht habe sich Neapel „nicht loyal“verhalten, doch dies rechtferti­ge nicht solch ein Urteil.

Tuttosport erwartet eine juristisch­e Odyssee: „Die Niederlage am grünen Tisch könnte der Beginn einer langen Geschichte von Prozessen werden.“Beim Gegner aus Turin hielt sich das Mitleid dagegen in Grenzen. Erst bereiteten sich die Juve-Profis trotz des Wissens um die Nicht-Anreise des Gegners scheinheil­ig im Stadion auf den Anpfiff vor, ehe Club-Chef Andrea Agnelli den Neapolitan­ern im Nachgang „illoyales Verhalten“vorwarf.

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