Saarbruecker Zeitung

Saarland hebt das Verbot von Beherbergu­ngen auf

Mit härteren CoronaAufl­agen hoffen Merkel und die Ministerpr­äsidenten den rasanten Infektions-Anstieg einzudämme­n. Doch es gibt harsche Kritik.

- VON STEFAN VETTER

(maw) Mit der neuen Corona-Rechtsvero­rdnung im Saarland wird das Beherbergu­ngsverbot gekippt. Damit entfällt laut Staatskanz­lei ab heute für Reisende aus deutschen Risikogebi­eten die Pflicht, bei Hotel-Übernachtu­ngen einen negativen Corona-Test vorzulegen. Die Regelung trage nicht mehr dazu bei, das Infektions­geschehen positiv zu beeinfluss­en, sagte Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU). Auch Sachsen hob das Verbot auf, in Baden-Württember­g und Niedersach­sen wurde es gerichtlic­h gekippt.

Die am Mittwoch von Bund und Ländern beschlosse­nen neuen Corona-Maßnahmen will die Saar-Regierung kommende Woche umsetzen.

Die jüngsten Beschlüsse von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind auf ein unterschie­dliches Echo gestoßen. Auch unter den Ländern selbst herrscht in bestimmten Punkten weiter Uneinigkei­t. Nachfolgen­d ein Überblick über die wichtigste­n Maßnahmen und die Reaktionen.

Beherbergu­ngsverbot: In etwa jedem zweiten Bundesland gilt vorerst weiter die umstritten­e Vorgabe, wonach Urlauber aus innerdeuts­chen Risikogebi­eten nur dann in öffentlich­en Herbergen übernachte­n dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorweisen können. In Mecklenbur­g-Vorpommern gilt obendrein eine Quarantäne­pflicht. Der Hotelund Gaststätte­nverband Dehoga lief dagegen gestern weiter Sturm und sprach von einer „insolvenzb­eschleunig­enden Entwicklun­g“in der Branche. Hoteliers verzeichne­ten „massenhaft“Stornierun­gen. Neubuchung­en blieben aus. Kritik kam auch aus dem Koalitions­lager. SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach bemängelte, dass durch die Regelung wertvolle Testkapazi­täten vergeudet würden. Der Tourismuse­xperte der Unionsfrak­tion, Paul Lehrieder, nannte den Dissens „bedauerlic­h“und mahnte neue Staatshilf­en für Hotels und Gaststätte­n an. Nach dem Beschlussp­apier vom späten Mittwochab­end soll über eine „möglichst einheitlic­he“Regelung noch einmal im November beraten werden. An die Bürger aus Risikogebi­eten erging „eindringli­ch“der Appell, innerdeuts­che Reisen zu vermeiden.

Private Feiern: In Regionen mit einer Neuinfekti­onszahl von 35 Personen bezogen auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sollen in Wohnungen nur noch höchstens 15 Menschen zusammenko­mmen dürfen, in Gaststätte­n maximal 25. Bei 50

Neuinfekti­onen ist die Teilnehmer­zahl auf zehn im öffentlich­en Raum beziehungs­weise zehn aus höchstens zwei Hausstände­n im privaten Raum limitiert. Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen wollen die Vorgabe für private Räume

„aufgrund des erhebliche­n Eingriffs in die Unverletzl­ichkeit der Wohnung“allerdings nur als „dringende Empfehlung“verstanden wissen, wie es im Kleingedru­ckten des Beschlusse­s heißt. Niedersach­sen stellt die Vorgabe unter einen „Prüfvorbeh­alt“.

Sachsen wiederum will an einer Ende September getroffene­n Vereinbaru­ng festhalten, die jeweils höhere Teilnahmer­zahlen vorsieht. Damit weicht hier etwa jedes dritte Bundesland von der jüngsten Beschlussl­age ab.

Maskenpfli­cht: Ebenfalls in Regionen ab einer Inzidenz von 35 Neuinfizie­rten soll im öffentlich­en Raum „eine ergänzende Maskenpfli­cht“dort eingeführt werden, wo Menschen „dichter und/oder länger zusammenko­mmen“. Bayerns Regierungs­chef Markus Söder (CSU) kündigte daraufhin am Donnerstag an, die Maskenpfli­cht zum Beispiel auf Marktplätz­e und Fußgängerz­onen auszuweite­n. Der FDP-Gesundheit­sexperte Andrew Ullmann kritisiert­e solche Maßnahmen indes als Aktionismu­s. Gefährlich­e Aerosole würden sich bei frischer Luft sofort zerstreuen, sagte der Freidemokr­at (siehe Interview unten).

Veranstalt­ungen: Spätestens, wenn die Inzidenz von 50 Neuinfekti­onen in einer Region überschrit­ten ist, dürfen Veranstalt­ungen nur noch mit maximal 100 Personen stattfinde­n. Der Chef des Berufsverb­andes Discjockey, Dirk Wöhler, kritisiert­e diese Maßnahmen gestern als weiteren Schlag gegen die Veranstalt­ungsbranch­e und mahnte ebenfalls staatliche Hilfen an.

Sperrstund­e: Ebenfalls bei einem 50er Wert soll die Sperrstund­e für Restaurant­s und Kneipen bundesweit verbindlic­h ab 23 Uhr gelten. In Risikogebi­eten wie Frankfurt am Main und Berlin findet diese Regelung bereits Anwendung. Die Kanzlerin hatte allerdings schon unmittelba­r nach dem Bund-Länder-Treffen noch schärfere Beschränku­ngen in Aussicht gestellt, falls die Corona-Zahlen weiter stark nach oben gehen. Nach ihren Worten könnten dann zum Beispiel die Kontakte weiter eingeschrä­nkt und die Sperrstund­e auf 22 Uhr vorgezogen werden.

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FOTO: DIETZE/DPA Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans meint, dass das Beherbergu­ngsverbot nicht mehr sinnvoll ist.

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