Massiver Beton für die kleine Thérèse
Einst Zankapfel zwischen Stadt und Bischof, heute das Sorgenkind der Metzer, und für manchen gar ein Schandfleck. Die Église Sainte-Thérèse-de-l‘Enfant-Jésus auf der Place Philippe-de-Vigneulles ist ein 78 Meter langen Stahlbetonbau, der an ein umgekehrtes Schiff erinnert, neben sich ein dünner, 70 Meter hoher Turm, der als „Pilgerstab“bezeichnet wird. Vorne steht ein riesiger Portalvorbau in gotisch spitzen Dimensionen. Innen streben 16, um neun Grad geneigte Pfeiler nach oben, wo sie paarweise als Spitzbögen zusammenlaufen und ein 27 Meter hohes, schlankes Kirchenschiff schaffen. Farbiges Licht in den nüchtern dunklen Bau bringen die Fenster des Malers Nicolas Untersteller aus Stiring-Wendel. Sie fügen sich in ein geripptes Netz aus Beton und machen insgesamt 1062 Quadratmeter aus. Der Bau ist ein seltenes Beispiel für zeitgenössischen Stahlbeton aus der Zwischenkriegszeit. Geweiht ist er der Unbeschuhten Karmeliterin Thérèse von Lisieux (1873-1897) – der „kleinen heiligen Theresia“und jung verstorbenen Patronin der Weltmission.
Alles beginnt 1929, als der Bischof 42 Ar Land in dem jungen Stadtviertel kaufen lässt. Zuerst entsteht eine provisorische Kapelle, die bald zu klein ist. Das Bauprojekt, zunächst hauptsächlich von den 3500 Gemeindemitgliedern finanziert, nimmt 1932 mit der Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs durch das Bistum Fahrt auf. Die Jury wählt im Sinne des Bischofs Jean-Baptiste Pelt aus 22 Entwürfen den des Metzer Architekten Émile Besch, der einen neo-byzantinischen Historismus-Bau erdacht hat. Doch nach der Intervention des beigeordneten Bürgermeisters, dreier Architekten und von Untersteller teilt der Bürgermeister mit, dass die künstlerische Kommission der Stadt Beschs Entwurf ablehnt. So ergeht es ein Jahr später auch einem zweiten Entwurf Beschs. 1935 setzt sich Roger-Henri Expert durch. Der Rompreisträger ist bereits bekannt für elegante Häuser in seiner Heimatstadt Arcachon und ein Universitätsgebäude aus Stahlbeton in Paris. Bischof Pelt spricht sich weiter für einen Bau mit „Formen der christlichen Tradition“aus. Doch das Ringen geht zugunsten der Stadt aus, die in dem durch die Deutschen urbanisierten Viertel mehr Moderne will und eine nicht geringe Subvention gibt.
1938 wird die Baustelle eröffnet, weiter geht es nach dem Zweiten Weltkrieg erst 1947, dann allerdings mit Zement von schlechterer Qualität. 1963 werden die Turmspitze, die Hauptfassade und der Vorplatz vollendet, die Federführung hat nun André Remondet, ein Schüler Experts und ebenfalls Rompreisträger. Doch bald zeigen sich an dem Gebäude nicht unerhebliche Schäden. In den 80ern müssen Innenwände restauriert werden, weil sich Risse und schwarze Kondensationsspuren abzeichnen, dann leckt das Kupferdach, ein Sturm bläst 1990 einen Teil davon auf einen nahen Schulhof. Umweltbelastungen setzen dem Bau weiter zu, Putz löst sich, die Bewehrung wird stellenweise sichtbar. Das Bürgerkollektiv Sauvons Sainte-Thérèse startet Initiativen, um für die Renovierung der Kirche zu werben und Spenden zu sammeln. Im Juli dieses Jahres hat sich der neugewählte Metzer Bürgermeister François Grosdidier für eine Renovierung ausgesprochen. Geschätzt zehn bis 15 Millionen Euro bräuchte es für die notwendigsten Arbeiten.