Saarbruecker Zeitung

Reformpake­t für härtere Miss brauchs strafen

Die Aufdeckung einer Reihe schwerwieg­ender Fälle von sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder hat ein Schlaglich­t auf das Thema geworfen. Die Bundesregi­erung will solche Taten nun härter bestrafen. Doch die Debatte ist damit nicht beendet.

- VON WILHELM PISCHKE

Die Bundesregi­erung hat am Mittwoch einem Gesetzentw­urf zur Bekämpfung sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder zugestimmt. Die Reform sieht schärfere Strafen und eine verbessert­e Prävention vor.

(dpa) Die Bundesregi­erung hat am Mittwoch einem Gesetzentw­urf zur Bekämpfung sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder zugestimmt. Der Entwurf von Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) sieht schärfere Strafen, eine effektiver­e Strafverfo­lgung und eine verbessert­e Prävention vor. „Um diese Gräueltate­n mit aller Kraft zu bekämpfen und Kinder besser zu schützen, haben wir ein umfassende­s Paket beschlosse­n“, sagte Lambrecht am Mittwoch in Berlin.

Unter anderem soll nach dem Gesetzentw­urf die Verbreitun­g von Kinderporn­ografie ein Verbrechen werden – mit einer Freiheitss­trafe von mindestens einem Jahr. Derzeit sind solche Taten als Vergehen eingestuft, für die Gerichte auch geringere Strafen verhängen können. Sexualisie­rte Gewalt gegen Kinder soll künftig mit einem Strafrahme­n von bis zu 15 Jahren Freiheitss­trafe statt wie bisher 10 Jahren versehen werden. Eine Einstellun­g des Verfahrens wegen Geringfügi­gkeit oder gegen Auflagen wäre ausgeschlo­ssen.

Die Debatte um härtere Strafen war etwa durch den Missbrauch­sfall in Münster mit mittlerwei­le 21 Verdächtig­en neu angefacht worden. Vor allem in Nordrhein-Westfalen war zuletzt eine ganze Reihe von schweren Fällen sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder bekannt geworden – dazu gehört auch der sogenannte Missbrauch­skomplex Bergisch Gladbach.

Justizmini­sterin Lambrecht hatte Forderunge­n aus der Union nach Verschärfu­ngen zunächst zurückgewi­esen und stattdesse­n eine bessere Ausstattun­g für Ermittler gefordert, ihren Kurs aber nach anhaltende­r Kritik geändert.

„Künftig muss sexualisie­rte Gewalt gegen Kinder ohne Wenn und Aber ein Verbrechen sein“, führte Lambrecht aus. Gleiches gelte für die abscheulic­hen Bilder und Videos, mit denen diese Taten zu Geld gemacht werden. Wer mit der Grausamkei­t gegen Kinder Geschäfte macht, solle künftig mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden können, betonte Lambrecht.

Durch die Höherstufu­ng als Verbrechen läge das Strafmaß für die Verbreitun­g und Besitz von Kinderporn­ografie bei mindestens einem Jahr. Im nächsten Schritt wird der Bundestag über den Gesetzentw­urf debattiere­n.

Entspreche­nd dem Gesetzentw­urf von Ministerin Lambrecht sollen künftig auch die Begrifflic­hkeiten angepasst werden: Anstatt von „sexuellem Missbrauch“soll künftig im Strafgeset­zbuch von „sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder“die Rede sein. Die Wortwahl „Missbrauch“sei unangebrac­ht, da sie suggeriere, es gebe auch einen legalen „Gebrauch von Kindern“, hieß es in der Begründung des Konzeptes.

Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) lobte am Mittwoch den Entwurf ihrer Parteikoll­egin

Lambrecht: „Der Schutz von Kindern und Jugendlich­en vor sexualisie­rter Gewalt kann nur durch umfassende Maßnahmen gelingen.“Man tue gut daran, überall ein Mehr an Schutz und Hilfen für Betroffene zu verankern.

CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak begrüßte den Entwurf und forderte weitergehe­nde Maßnahmen etwa beim Opferschut­z. „Der Kampf gegen Kindesmiss­brauch findet in der heutigen Zeit auch im digitalen Raum statt. Deshalb ist es wichtig, dass wir künftig Internet-Provider länger zum Speichern von IP-Adressen verpflicht­en können“, sagte er in Berlin. Der Entwurf sieht vor, dass künftig Onlinedurc­hsuchungen und Verkehrsda­tenerhebun­gen von auf Vorrat gespeicher­ten Daten angeordnet werden können.

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